Das Projekt, wahlwerbende WKO-Fraktionen zum Thema E-Zigaretten in die Trafiken? Händler wehren sich zu befragen, war eigentlich nur ein kleiner Versuch der Geldmarie, Reaktionen unserer Vertretung (der Wirtschaftskammer) zu einem brennenden Thema einzuholen, anhand deren Stellungsnahmen man sich ein Bild für die bevorstehende Wahl machen kann:
Gehen die einzelnen Fraktionen auf eine Anfrage eines Onlinemediums überhaupt ein? Wie vertritt wirklich die Interessen der Wirtschaftstreibenden und wer bedient das Tabakmonopol? Die Antworten hätten unterschiedlicher nicht sein können - aber immerhin, sie kamen alle! Und haben zu einem Randthema durchaus starke Reaktionen geliefert - in den Sozialen Medien "dampft" nun eine ordentliche Diskussion. Gut so.
Vorab vielen Dank an alle 5 befragten Fraktionen, die es geschafft haben, in Wahlkampfzeiten mehr oder minder rasch eine Stellungnahme abzugeben.
Die erste Kritik richtet sich gleich an die Fraktion, die am längsten mit der Antwort gebraucht hat - der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband.
Der SVW steht auf dem Standpunkt, dass ein kontrollierter Vertrieb von E-Zigaretten nur via Tabakmonopolgesetzt möglich ist und stellt dabei das seitens Geldmarie schon mehrfach erhobene Faktum, dass die meisten Trafikanten an einem E-Zigaretten-Vertrieb wenig bis Null interessiert sind, in Abrede.
Nachlesen kann man die SVW-Ansicht hier: Sozialdemokratischer Wirtschaftsverband zum Thema E-Zigaretten in Trafiken
Kontrolle und Jugendschutz werden argumentativ hervorgehoben (als würden nur Trafikanten dies gewährleisten!) und als Hauptgrund für die Abschiebung ins Tabakmonopolgesetz angegeben. Dabei ignoriert man gänzlich, wer eigentlich die Hauptzielgruppe der E-Zigaretten (mit Nikotin) sind: Ehemalige Raucher (von normalen, so richtig ungesunden, Zigaretten) - siehe Link bei der Wirtschaftsbund-Kritik....
Die Verlängerung der Übergangsfrist von April 2015 auf Oktober 2015 möchte die SVP gar als eigenen Erfolg verkaufen; dass man nikotinfreies Zubehör auch außerhalb der Trafik anbieten kann, interessiert die Händler mangels ausreichender Umsatzaussichten wohl genau Null. Und deren Angestellte haben vielleicht 4 Monate länger Zeit, beim AMS vorbeizusehen...
Abschließend verweist man noch auf auf die notwendige Standortsicherung der Tabaktrafiken (die durch die Aufnahme der E-Zigaretten ins Sortiment wohl kaum gewährleistet sein wird...) - kein Wort in Sachen "kalte Enteignung" der aktuellen Händler bzw. keine Sorge um die ca. 250 Arbeitsplätze in der neuen Branche. Die Trafiken werden wohl kaum 250 Leute neu einstellen...
Aber sehen Sie selbst, wie sich eine SVW-Meldung zum Thema aus dem November 2014 liest: APA-Aussendung von SVW-Chef Matznetter vom 18.11.2014
Wirklich zynisch ist dabei folgende Aussage Matznetter's: "..dass ihnen (Anmerkung: den Unternehmen) damit die Möglichkeit gegeben wird, rechtzeitig auf ein anderes Gewerbe umzusteigen, weil viele der Betriebe bereits in der rechtlichen Grauzone E-Zigaretten verkauft haben".
Bei dieser Formulierung kriegt wohl jeder Gewerbetreibender fast Angst vor seiner Standesvertretung - oder möchte Herr Matznetter den Umsteigern vielleicht gar ein paar seiner Aufsichtsratsposten zur Verfügung stellen...?
Die SVW ist für die Geldmarie schon ob dieser Aussagen absolut unwählbar. Eigentlich unglaublich...
Der Wirtschaftsbund konnte mit seinem Beitrag zum Thema (Wirtschaftsbund zum Thema E-Zigaretten in Trafiken) auch nicht wirklich punkten. Im Gegenteil.
Schon der erste Absatz wurde rasch in E-Zigaretten-Foren zerrissen: Die Diskussion in Europa dreht sich keinesfalls um Trafiken - und die gibt es in dieser Monopolform nämlich nur in Österreich. Primär wird in Europa über Regeln für Händler nachgedacht - Monopole widersprechen eigentlich dem EU-Wirtschaftsgeist (wiewohl man in Österreich das Tabakmonopol als Ausnahme in die EU-Verträge reinverhandelt hat). Deutschland lacht schon über uns.
Auch Satz 2 ist halbfalsch: Nikotinhältige Produkte dürfen lt. aktueller Gesetzeslage ab 1.10.2015 nicht mehr im Fachhandel verkauft werden - diese Fehleinschätzung macht somit auch den 3 Absatz des Wirtschaftsbundes unrichtig: Es handelt sich um eine kalte Enteignung der Fachhändler - mit dem ausschließlichen Verkauf von Zubehör für nikotinhältige E-Zigaretten kann sich nämlich mit Sicherheit kein einziger Händler über Wasser halten!
Das Argument "Jugendschutz in den Trafiken" ist sehr relativ zu sehen: Erstens ist der Jugendschutz auch beim Trafikenverkauf nicht wirklich gewährleistet (sonst gäbe es ja keine jugendlichen Raucher) und bei den E-Zigaretten-Konsumenten handelt es sich zumeist um "aufhörwillige" Raucher, die mit dem "Nikotin-Liquids-Verdampfen" zumindest der Lunge, der Geldbörse und dem Umfeld deutlich weniger Schäden antun, als mit der klassischen "Tschik".
An dieser Stelle könnte man Wirtschaftsbund & Co. ein wenig Basisinfos über die tatsächliche Verwendung von E-Zigaretten geben: Trafikantenzeitung - E-Zigaretten Die übliche "Jugendschutzkeule" kann man hier wohl getrost vernachlässigen...
Ein klein wenig positiv seitens Wirtschaftsbund ist einzig die Ankündigung weiterer Gespräche - wiewohl es natürlich nicht unmöglich ist, dass das Thema ohnehin früher oder später auf EU-Ebene entschieden wird und der (seltsame) voreilende Gehorsam Österreichs (normalerweise hat man es in Österreich mit dem Umsetzen von EU-Richtlinien nicht so eilig...) in Richtung Tabakmonopol revidiert wird.
Positiv sei an dieser Stelle primär die rasche Reaktion des RfW erwähnt - ein Prachtbeispiel für Medienarbeit. Ruckzuck. Hier der Artikel: RfW zum Thema E-Zigaretten in Trafiken
Dass sich der RfW für Monopole ausspricht, darf allerdings schon schwer verwundern - aber vielleicht sind die liberalen bzw. wirtschaftsaffinen Zugänge zu Wirtschaftsthemen im RfW schon ausgestorben.
Auch das Totschlagargument "Jugendschutz" wurde weiter oben schon mehrfach entkräftet, der RfW tritt für eine ausschließliche Listung der nikotinhältigen Liquids und E-Zigaretten in den Trafiken ein. Tipp an den RfW: Gehen Sie (wie die Geldmarie) einmal in die Trafiken und sprechen Sie mit den Besitzern: Die meisten Trafikanten wollen die E-Zigaretten gar nicht verkaufen!
Punkt 4 in der Aufzählung ist ebenso (wie beim Wirtschaftsbund) eine Fehleinschätzung - der Verkauf von nicht-nikotinhaltigen E-Zigaretten ist für das Gros der Händler absolut uninteressant. Das ist wohl so ähnlich, als würde man Weinflaschen ohne Wein verkaufen dürfen...
Naiv auch die Forderung nach einem Verbot des Internethandels mit nikotinhältigen E-Zigaretten: Der Zoll wird ab Oktober 2015 wohl alle Packerln aus Deutschland und der EU kontrollieren. Schon vor Jahren wurden E-Zigaretten mit Nikotinliquids (primär aus Spanien) massenhaft nach Österreich gesendet - ist es da nicht in Sachen Gesundheitsschutz erfolgsversprechender, wenn heimische Behörden kontrollieren? In Sachen Steueraufkommen und Gesundheit sowieso - mit dem Wegfall der E-Zigaretten-Händler werden wieder Millionen Umsatz ins Ausland verschoben.
Interessant bzw. positiv ist immerhin eine Anregung des RfW zu sehen: Prüfung eines rechtliches Zugangsverfahren im Sinne von eigenen E-Zigaretten-Trafiken.
Erstmals ein gutes Gefühl in Sachen wirtschaftlicher und fachlicher Kompetenz vermittelte die Antwort der UNOS (der WKO-Ableger der NEOS). Der Artikel (hier zu finden: UNOS zum Thema E-Zigaretten in Trafiken) war nicht nur sehr flockig zu lesen, es scheint sich auch jemand eigene bzw. unabhängige Gedanken zum Thema gemacht zu haben.
Der realistische Zugang zum Thema: Ein neues Produkt braucht neue Regeln - aber sicher kein unwilliges Tabakmonopol (in dem die E-Tschik dann in den Regalen verstauben). Die fachliche Kompetenz von NEOS-Nationalrat Loacker ist mit feiner Ironie gepaart - so etwas liest die Geldmarie immer gerne.
Endlich kommt auch (berechtigte) Kritik an der Arbeitsplatzvernichtung sowie der Enteignung der Unternehmer ("Existenzgrundlage entzogen"), bei Gerald Loacker kriegen Matznetter und auch WK-Chef Leitl kräftige Ohrfeigen verpasst.
Und der Abschlußsatz scheint auch nicht ganz an den Haaren herbeigezogen: "Die Wahrheit lautet vielmehr: Hier hat eine Gruppe erfolgreich zu Lasten einer anderen lobbyiert. Und SPÖ/ÖVP setzen pflichtbewusst um, was die Lobbyisten wünschen."
Wiewohl der Artikel die volle Zustimmung der Geldmarie findet: Leider wird hier seitens UNOS keine Alternative aufgezeigt. Lösungen für schwierige Themen zu finden, sollte der Grundanspruch von Wirtschaftsvertretern sein. Das gibt leichte Punkteabzüge.
Den Grünen kann man wohl wirklich nicht nachsagen, dass Zigaretten bzw. Rauchen und Rauchverbote ein Lieblingsthema sind. Zu kontroversiell sind hier viele Diskussionen zwischen Nichtrauchergeschwader und liberalen Grünen. Beim Thema E-Zigarette ist eine derartige Scheu zumindest bei der Grünen Wirtschaft nicht auszumachen - wiewohl die Antwort von Bundessprecher Volker Plass fast eine Woche brauchte.
Die Kernaussage der Grünen (hier der Artikel: Grüne Wirtschaft zum Thema E-Zigaretten in Trafiken): Klare gesetzliche Regeln und Kontrollen für E-Zigaretten - jedoch getrennte Betrachtung von Marktzugangsregeln!
Im Klartext spricht sich die Grüne Wirtschaft dafür aus, dass legale Produkte für alle handelbar sein sollten und regen an, E-Zigaretten in die Liste der regelmentierten Gewerbe aufzunehmen. Die seitens Grüner Wirtschaft angedachte Prüfung am WIFI kann man sich wohl ersparen - selbst die lernfaule Geldmarie würde wohl das überschaubare Wissen rund um das Thema E-Zigarette (das man schon fast erhält, wenn man sich beraten lässt und selbst ein wenig recherchiert) rasch aufbringen. Und Trafikanten müssen ja in Sachen Tschik (=deutlich schädlicher) auch nicht ans WIFO...
Auch die Grüne Wirtschaft tritt (wie die UNOS) gegen eine ausschließliche Listung in den Trafiken (gegen Monopolisierungsversuche) auf und sieht für die aktuellen Händler einen akuten Entzug der Geschäftsgrundlage.
Einzig UNOS und Grüne Wirtschaft sind in der Causa E-Zigaretten für die Geldmarie (ob der qualitativen Stellungnahme und ähnlicher Ansicht) wählbar.
Die anderen Fraktionen sollten sich vielleicht Gedanken machen, wem sie hier auf den Leim gegangen sind - die Argumente rund um Gesundheit und Jugendschutz sind sehr leicht zu entkräften und eigentlich sollte man ja als Wirtschaftskammer eine wirtschaftsfreundliche Politik vertreten. Sollte man jedenfalls meinen - die Enttäuschung über die "Großfraktionen" seitens Geldmarie ist riesengroß und ging teilweise in ziemlichen Ärger über.
Man darf sich die Frage stellen, warum man hier EU-Vorzeigeland sein möchte - ist man gar der Tabaklobby (und deren Existenz ist bei dem Milliardenmarkt Zigaretten wohl evident) entgegengekommen?
Für die Geldmarie ist die neue Gesetzeslage (per 1.10.2015) in Österreich tatsächlich pure Enteignung.
Als Alternativedazu wären wohl streng kontrollierte (AGES, Zollkontrollen bei Importen etc.) Fachgeschäfte durchaus angebracht - überlässt man die E-Zigarette alleinig den unmotivierten Trafiken (die für qualitiative Beratung sicher keine Zeit haben), ist die Alternative E-Zigarette in Österreich bald wieder ziemlich verschwunden bzw. in die Illegalität gedrängt.
Und das Geschäft wird dann wieder im Ausland gemacht...Bravo...!
Schon in den nächsten Tagen werden wir Ihnen auf der Geldmarie die Analyse von Franz Seba (Nikoblue, österreichischer Marktführer) präsentieren.
So die Vertreter der Fraktionen noch Anmerkungen zur Kritik haben, werden wir diese gerne unter den jeweiligen Beurteilungen veröffentlichen!
Ad hoc-Meldung - Februar 2015