Stellen Sie sich vor, Sie haben ein florierendes Unternehmen. Die Umsätze ver-x-fachen sich jedes Jahr, die Gewinne gleichfalls. Vieles richtig gemacht. Nun kommt aber eine Finanzkrise daher und treibt Ihr Unternehmen massiv in die Verlustzone. Was vorher gut war, ist heute eine Katastrophe. Sie verkaufen das Unternehmen daher um einen symbolischen Euro an den Staat und sind fein raus. Eher unwahrscheinlich.
So geschehen in den letzten Monaten bei der heimischen Kommunalkredit.
Diese heimische Spezialbank war ursprünglich auf Finanzierung und Förderung von kommunalen Investitionen (Länder, Gemeinden etc.) spezialisiert - ein relativ langweiliges Geschäft mit wenig Ertrag. Aber mit Ertrag. Als "Österreichs Bank für Infrastruktur" bezeichnet sich diese Bank, die im Eigentum der heimischen Volksbanken AG sowie des französischen Kommunalfinanzierers Dexia stand. Stand...
Denn Ende 2008 musste man eingestehen, dass da einiges falsch gelaufen ist und schwere Verluste ins Haus stehen. Was war geschehen? "Findige" Vorstände setzten seit einigen Jahren auf hochspekulative Beiteiligungen (Lehman Brothers, isländische Bankpapiere etc.) sowie auf Kreditwetten (Credit Default Swaps). Also "Zocken wie nur geht". In guten Zeiten ein toller Erfolg für die einst eher langweilige Bank und deren Besitzer (ÖVAG und Dexia) - in schlechten Zeiten offensichtlich eine Katastrophe.
Die österreichische Lösung: Man nimmt der ohnehin schon geprügelten ÖVAG den schweren Klotz Ende 2008 vom Bein und verstaatlicht die Kommunalkredit. Dass der Preis gerade einmal 2 Euro (für 99,78% der Anteile, den Rest hält der Gemeindebund) ausgemacht hat, darf angesichts der zu erwartenden Risken und Kosten nicht unbedingt verwundern... Die ÖVAG ist aber zumindest diesbezüglich einmal fein raus.
Auch wenn anlässlich der Verstaatlichung wohl noch nicht das gesamte Ausmaß der Verluste bekannt war - abzusehen war dies natürlich schon. Wenn man nun weiß, wem die ÖVAG politisch zuzurechnen ist, der wird über die Großzügigkeit der Transaktion nicht erstaunlich sein. Wer auch weiß, das Bundesministerin Claudia Schmid (SPÖ) von wenigen Jahren als "erfolgreiche Bankerin" von der Kommunalkredit in die Politik wechselte, der sieht dieses Attribut nun wohl auch mit anderen Augen...
Positiv betrachtet könnte man aber auch sagen, dass mit dieser Entscheidung der ÖVAG gröbere Probleme abgenommen wurde und sich diese nun auf das Kerngeschäft konzentrieren kann bzw. schneller wieder zu Liquidität kommt, als das mit Kommunalkredit-Verlusten der Fall gewesen wäre. Der politisch angeschlagene Ruf (Stichwort: Lehrer) von Claudia Schmid wird sich wohl ob dieser Causa nicht massiv verbessern...
Nunmehr ist der einstige BAWAG-Sanierer Alois Steinbichler Vorstandsvorsitzender der Kommunalkredit. Wohl eine passende Wahl. Am 28.4. gab es dann die Zahlen der Bilanz für 2008:
Ein Verlust von 2,662 Milliarden Euro wurde eingefahren - von welchen 1,208 Mrd. Euro vorerst vom Staaat vorfinanziert werden (zu 10% Zinsen, auf die man wohl noch eine Weile warten wird müssen). Somit verbleibt vorerst ein Minus von 1,454 Mrd. Euro für 2008. Auch wenn hier schon einige Abwertungen und Risikovorsorgen gemacht wurden (ca. 600 Millionen Euro sind jedenfalls schon sicher verloren) - insgesamt liegen noch ca. 12 Milliarden Euro an Credit Default Swaps (Kreditwetten) in der Bilanz herum. Welche natürlich nicht gänzlich zum Ausfall werden, jedoch noch ein beträchtliches Risiko darstellen.
Vorstand Steinbichler meint zwar nicht zu unrecht, dass die Kommunalkredit der Republik Österreich noch nichts gekostet hat - dieses "noch" ist aber sehr vorsichtig formuliert. Denn derartige Löcher zu stopfen ist mit dem Kerngeschäft der Kommunalkredit nicht so rasch möglich. Steinhofer fügte auch noch hinzu, dass die Kommunalkredit ohne Staatshilfe wohl pleite wäre. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Sieht man sich hier die Zahlen und die Vorgangsweise des alten Vorstands an, wird man unweigerlich an den BAWAG-Skandal erinnert. Der ehemalige BAWAG Chef Helmut Elsner (derzeit noch in U-Haft - noch keine rechtskräftige Verurteilung) wird wohl wieder in der Zelle rotieren und sich (zu recht?) als "Polit-Opfer" bezeichnen. Es darf nämlich angenommen werden, dass in der gegenständlichen Causa niemand vor Gericht erscheinen wird.
Wieweit die Justiz nun zu bemühen ist, wenn Milliarden verzockt werden und der Staat dann aushelfen muss, bleibt dahingestellt. Es wird jedenfalls Zeit, Vorstände für massive Verfehlungen zumindest finanziell zu belangen. Denn mit einiger Sicherheit wurden durch die gutgehenden (riskanten) Geschäfte auch einige Bonifikationen ausbezahlt. Nicht jede kaufmännische Entscheidung darf ins Kriminal führen - aber ein ordentlicher Kaufmann ohne Staatshilfe im Rücken muss auch für seine Schulden aufkommen.
Auch eine spätere Refinanzierung beim ursprünglichen Eigentümer sollte hinkünftig bei der Übernahme von solchen "Crash-Firmen" angedacht werden. Denn wer hat denn die einst tollen Gewinne eingesackt? Der Staat jedenfalls nicht! (oder nur teilweise, über Steuern). Und Frau und Herr Steuerzahler kommen hier möglicherweise noch kräftig zum Handkuss...
Wie dem auch sei: Alois Steinbichler & die verbleibende Kommunalkredit haben wohl ein aufregendes Arbeitsjahr vor sich.
Ad hoc-Meldung - April 2009