Während heute (1.6.09) mit dem Konkursantrag von General Motors eine lange Ära (vorläufig) zu Ende geht und Fiat sich vor ein paar Tagen in die Konkursmasse von Chrysler eingekauft hat, war in den heimischen sowie den deutschen Medien viel mehr von Magna und Opel zu lesen.
Nun ja - die Interessen sind schon ob der vorhandenen Arbeitsplätze politisch etwas größer bei Opel - und einen Opel fahren wohl auch mehr Menschen als z.B. einen Hummer.
Sieht man sich aber nun die vorläufige Beteiligungsstruktur bei "Opel-Neu" an, wird man sich etwas wundern:
35% verbleiben nämlich bei General Motors (wie die auch immer nun über die Runden kommen), 35% gehören GAZ (Autoproduzent aus Russland) und der russischen Sberbank, nur 20% landen bei Magna und 10% von Opel gehören Händlern sowie Mitarbeitern.
Eine bunte Aktionärsstruktur, bei der Onkel Frank (wie er in Österreich teilweise genannt wird) die Amis und/oder die Russen zur Mehrheitsfindung braucht. Dass General Motors und GAZ/Sberbank gegen Magna stimmen, befürchtet derzeit wohl noch niemand.
Besonders viel Geld musste aber von den oben genannten noch keiner in die Hand nehmen - es geht primär um die Schuldentilgung. Vorhandene Schulden und auch für heuer sowie die nächsten Jahre (Autoindustrie in schweren Nöten!) zu erwartende Fehlbeträge lassen einiges an Spannung erwarten.
Voll auf Risiko "Go East" hat man da gesetzt - einerseits wird die Sberbank eine wesentliche Finanzierungsrolle spielen, andererseits möchte man auch den russischen Markt bald mit der Marke Opel kräftig beglücken.
Zwar war bei den Verhandlungen zumeist von Magna die Rede - doch darf man in Sachen Arbeitsplätze bei Opel Europa nicht auf GAZ vergessen. In Russland wird wohl in den nächsten Jahren wesentlich mehr produziert (und gebraucht) als in good old Europe.
Während in Europa 11.000 Arbeitsplätze an verschiedenen Standorten (die 4 in Deutschland bzw. Wien-Aspern und Magna-Graz bleiben) abgebaut werden (man könnte hier ganz stark auf England, Spanien, Belgien oder auch Frankreich tippen), so könnten a la longue (Spekulation der Geldmarie!) in Russland einige hinzukommen.
Der 1932 in der Steiermark als Franz Strohsack geborene und 1954 nach Kanada ausgewanderte Frank Stronach hat Wirtschaftsgeschichte geschrieben: In wenigen Jahrzehnten baute er mit Magna International einer der führenden Autozulieferern auf. Alle Achtung!
Dass Stronach aber Eitelkeiten nicht fremd sind, konnte man schon bald nach dessen teilweiser Rückkehr nach Österreich gut erkennen. Stronach präsentierte sich als "Reicher Onkel aus Amerika" (auch wenn er seinen Erfolgszug via Kanada startete) und wollte in Österreich eine Unzahl an (für heimische Verhältnisse) umstrittenen Projekten durchführen. Die Weltkugel in Ebreichsdorf und das Stadion Rothneusiedel wurden z.b. nie realisiert. Kontakte zu Politikern waren aber immer vorhanden - Stronach engagierte auch jede Menge Politiker für seine Betrieb bzw. Vereine (z.b.:Grasser, Rudas).
Frank Stronach wurde jedoch auch von Politik und Sport als "Big-Spender" entdeckt: Im Fussball verbrannte Stronach in Österreich mit der Wiener Austria einige Millionen und wurde dafür dann sogar noch geschimpft. 2008/2009 konnte er aber mit dem FC Magna Wiener Neustadt einen "eigenen" Verein in die höchste Spielklasse "kaufen". Hire und fire war und ist bei Stronach ganz normal - das hat er zweifelsohne in Amerika gelernt. Im Pferdesport (der in Nordamerika - wo Stronach auch fest mitmischt- noch mehr verankert ist) lief das Magna Racino in Ebreichsdorf äußerst schlecht.
Es darf aber angenommen werden, dass die Fehlschläge in Österreich eher in den Bereich "Portokasse" des Frank Stronach (und von Magna) fallen - und ein wenig Eitelkeit hier auf die kaufmännischen Fähigkeiten dieses Mannes negativ einwirkte.
Nachdem der Übernahmeversuch von Chrysler scheiterte, war GM wohl eine Nummer zu groß für Magna - da bot sich Opel ideal an. Magna (und Hauptaktionär Stronach) müssen jedoch sehr vorsichtig werden, dass hier nicht ein Lebenswerk zerstört wird.
Denn die Autoindustrie liegt am Boden - auch der Zulieferer Magna kämpft derzeit mit Verlusten. Und mit der Eigenproduktion von Autos war Magna bisweilen sehr bescheiden - ein Autozulieferer als Konkurrent ist für viel Marken sicher nicht mehr tragbar.
Stronach hat nun wohl voll auf die Karte "Rot" (Russland) gesetzt - die Geldmarie würde es nicht wundern, wenn dieser Deal aufgeht.
Für die heimischen Politiker noch eine Information: Frank Stronach wir im September 77 Jahre alt. Magna hat zwar derzeit seinen Europasitz in Österreich - das könnten aber Nachfolger (Tocher Belinda Stronach?) schnell ändern - der sentimentale Bezug zu Österreich ist nach dem Ableben Stronachs wohl nicht mehr so gegeben. Arbeitsplatzgarantien für die heimischen Stronach-Betriebe wird es also nicht bzw. nicht ewig geben.
Aber der Franz Strohsack aus Kleinsemmering wirkt noch immer sehr munter. Good luck beim Opel-Game, Frank!
Ad hoc-Meldung - Juni 2009