Die Geldmarie hat Ihren Urlaub beendet und schon werden erste Meldungen (nicht kausal mit dem Urlaubsende der Geldmarie)über das Ende der Finanzkrise lanciert. Katastrophale Bilanzen bzw. Quartalsergebnisse werden dieser Tage schon als Erfolge gefeiert. Wer im ersten Quartal 30% Einbruch hatte, freut sich nun schon über "nur" Minus 15%.
Ja, so funktioniert die Wirtschaft unserer Tage - und wohl trägt die Medienlandschaft auch das eine oder andere zum Gesamtbild der Stimmungslage bei.
Auch die Geldmarie hat die letzten 3-4 Monate heftig gegen die Finanzkrise angeschrieben und einen "Ergebniseinbruch" oft auch als Erfolg dargestellt. Ist ja auch einer, wenn z.B. die Raiffeisen International dieser Tage immerhin einen Halbjahresgewinn bekanntgibt: Immerhin ein Gewinn. Vor 6-8 Monaten schrieb man die heimischen Banken (sowie weitere Unternehmen) mit viel Ostrisiko ja schon fast in den Konkurs.
Dass sämtliche Banken derzeit Milliarden an unsicheren (faulen) Krediten abschreiben müssen und hier auch noch einiges im Keller lagert ist gewiss. Trotzdem sehr erfreulich, wenn die Banken dies zum größeren Teil aus eigener Kraft schaffen. Weniger erfreulich, dass viele Kreditnehmer derzeit davon nichts spüren - die Kreditzinsen sind nur unwesentlich gesunken, die Neuvergabe von Krediten läuft sehr selektiv und schleppend.
Doch Österreich ist nicht die Welt und auch nur ein kleiner Teil Europas: Und da gibt es dieser Tage tatsächlich interessante und hoffnungsweckende Meldungen:
Für das 2. Quartal 2009 meldete Deutschland ein (unerwartetes) Wirtschaftswachstum von +0,3%. Die Eurozone gab nur noch um 0,1% nach - das Minus von Österreich von 0,4% (nach -2,7% im 1. Quartal) fällt hier kaum in die Waagschale. Die Slowakei konnte sogar ein Plus von 2,2% vermelden - dieser Zahl ging allerdings ein Minus von 11% im ersten Quartal voran. Von weiter unten lässt es sich ja bekanntlich besser aufbauen...
Trotzdem Zahlen, die man eher erst im letzten Quartal bzw. auch 2010 erwartet hätte und denen man so recht noch nicht trauen will.
Wer heuer im Feber oder März Aktien an der Wiener Börse Aktien erwarb (ATX bei ca. 1.400 Punkten), kann sich in vielen Fällen dieser Tage (ATX schon über 2.400 Punkten) schon über fette Gewinne freuen - diese müssen jedoch erst einmal realisiert werden.
Vielfach sind die meisten Anleger (besonders die kleinen Privatanleger und Fondsbesitzer) aber noch immer kräftig im Minus - ein Minus, welches wohl in den nächsten paar Jahren nur in Einzelfällen wieder aufzuholen ist.
Auch am internationalen Börsenparkett gibt es in den letzten Monaten fast durchwegs nur solide Gewinne.
Eine Korrektur nach unten scheint aber schön langsam wieder fällig - zu sehr wird schon wieder Optimismus versprüht und die alten Wege des Turbokapitalismus wurden kaum verlassen.
Während sich die Bankenlandschaft (sehr häufig mit staatlicher Hilfe) schön langsam aus der Intensivstation verabschieden kann (gilt natürlich nicht für alle Banken), scheint die Industrie noch länger durch das Jammertal wandern zu müssen.
Noch schlimmer wird es in den nächsten Jahren am Arbeitsmarkt zugehen: Nahezu jedes Unternehmen reduziert derzeit Mitarbeiter. "Natürliche Abgänge" bei Unternehmen, die sich keine Kündigungen leisten wollen (oft staatsnahe) - Massenkündigung und Kurzarbeit (die auch sehr oft die die Arbeitslosigkeit führen wird) beim Rest.
Dass sich diese Menschen aber dann auch weniger leisten werden können, wird auch weitere Branchen (Lebensmittelindustrie, Autobranche, Versicherungen, Tourismus etc.) noch viele Jahre schmerzen.
Darüber sind weltweit fast alle Staatshaushalte durch die Finanzkrise massiv belastet - Einsparungen über viele Jahre oder Jahrzehnte werden auch im Wirtschaftswachstum der Folgejahre (Jahrzehnte) deutliche Spuren hinterlassen. Ein Wirtschaftswachstum von 3,4,5 oder gar mehr Prozenten wird es in Mitteleuropa (bzw. in der Eurozone) wohl so schnell nicht mehr geben. Wäre schon ein Riesenerfolg, wenn in Europa bzw. den angrenzenden Staaten (z.B. in der Ukraine) kein Land den Staatsbankrott erklären muss.
Wer also glaubt, dass war nur eine kleines Finanzkriserl und es ist alles schon wieder gegessen, wird sich wohl leider irren. Eine ausgesprochen lange Wirtschaftsflaute und jede Menge sozialer Probleme (Arbeitslosigkeit, Pensionen, Krankenkassen, Pflege etc.) harren weiter einer Lösung und drohen zu explodieren.
Warum der Ölpreis derzeit schon wieder über 70 Dollar notiert (trotz geringer Nachfrage) ist eine andere Sache: Das Niveau zum Höhepunkt der Finanzkrise wird wohl kaum mehr erreicht werden - und bald macht sicht der Ölpreis wieder in Sachen Inflation bemerkbar. Denn die Finanzkrise begann ja weltweit vor ca. einem Jahr - und vor der Finanzkrise lag der Ölpreis wesentlich höher. Daher resultiert auch (zumeist) die derzeitige Deflation. Verbleibt der Ölpreis in der gegenwärtigen Höhe, ist zum Jahresende wieder mit einer Inflation zu rechnen.
Der Vorteil eines relativ hohen Ölpreises: Der für Österreich wichtige Handelspartner Russland erfängt sich durch die Öl- und Gaseinnahmen rascher.
Ab September/Oktober 2009 lassen sich dann wieder viele Wirtschaftsdaten im Jahresvergleich "Finanzkrise-Finanzkrise" messen - auf bedeutend niedrigerem Niveau.
Die vermeintliche Jubelmeldung des August 2009: Die (derzeit selbst trudelnde) Lufthansa hat die sich im Sinkflug befindliche AUA nun fast sicher in der Tasche. Das Ping-Pong-Spiel dürfte nun bald beendet sein - der Griff ins Steuerbörserl der Österreich damit wohl auch.
Auch wenn die Lufthansa diesen Kauf sicher gut überlegt (und verhandelt) hat - in den nächsten Jahren schaut da wohl nicht viel raus. Zuerst wird es wohl für die Belegschaft schmerzliche (aber überfällige) Einbussen bzw. Kündigungen setzen. Man möge sich diesbezüglich bei ÖIAG, vielen Managern mehrerer Generationen sowie dem Betriebsrat bedanken. Ein Negativ-Paradebeispiel!
Ad hoc-Meldung - August 2009