Es sollte eigentlich heuer recht leicht werden: Die aktuelle Inflationsrate ist auf dem Nullpunkt - vorsichtig geschätzt gibt es in absehbarer Zeit eine Inflationsrate von ca. 1% und auch die letzten 12 Monate zurückgeblickt, wird man kaum von hoher Inflation sprechen können.
Das bringt die (ohnehin unter Mitgliederschwund leidenden) Gewerkschaften in schwere Argumentationsnotstände. Wenn da schon die Pensionisten 1,5% erhalten sollen und 1,9% fordern - wie soll man sich da positionieren? Niedrige Kollektivvertragsverhandlungen sehen nämlich trotz Wirtschaftsflaute und geringer Inflation schlecht aus...
Auf der anderen Seite die Arbeitnehmer. Personalabbau da wie dort, extrem hohes Niveau von Lohn- und Lohnnebenkosten (Steuern, Abgaben!) und dann noch eine lästige Gewerkschaft. Die da und dort auch schon mit Warnstreiks oder Streiks droht - was dem Geschäftsgang sicher nicht förderlich ist.
Die Geldmarie hatte vor einigen Tagen ein interessantes Gespräch mit einer heimischen Personalchefin (sehr großes Unternehmen). Bei Zahlen wie 2% Lohnerhöhung stöhnte diese auf: Das würde mit absoluter Sicherheit einigen Leuten zusätzlich den Job kosten. Und auch Personalchefs haben großes Interesse (ähnlich den Gewerkschaften), dass keine Mitarbeiter abgebaut werden müssen. Würde ja auch den eigenen Job entwerten...
Aber so funktioniert das: Bei lohnintensiven Branchen machen 2% gleich ein paar Arbeitsplätze aus. Noch dazu in Branchen, die derzeit ohnehin massiv Personalabbau betreiben und lobenswerterweise dies oft nur über natürliche Abgänge machen.
Ob das die Gewerkschaften auch wissen? Wohl schon (darf jetzt unterstellt werden) - sie sind eben auf der anderen Seite des Tisches positioniert und müssen die Arbeitnehmer gut vertreten.
Überzogene Forderungen und Streikdrohungen sollte man aber heuer vermeiden - schon aus oben genannten Grund. Man tut nämlich dem Unternehmen a la longue nichts Gutes, wenn man seine Substanz (=ArbeitnehmerInnen) dezimiert.
Darüber hinaus sollte man differenzieren: Viele Sparten sind von der Krise massiv betroffen. Banken, Metallbranche, Druck etc. sind hier besonders gefährdet.
Zugegeben: Die Geldmarie ist aus solchen Verhandlungen (zum Glück - mich würde das sehr zermürben) raus. Weder gibt es Angestellte - noch einen Kollektivvertrag für Selbständige.
Trotzdem würde ich alle Verhandler heuer zu besonderer Umsicht und Ehrlichkeit (Fakten auf den Tisch!) aufrufen: Auch die betroffenen Angestellten könnten durchaus verstehen, dass es in schwierigen Zeiten wenig bis nichts zu holen gibt.
Vielleicht auch als Vorbild für unsere größte Berufsgruppe: Die Pensionisten. Auch dort wäre (bei hohen Pensionen) eine "Nulllohnrunde" angesagt.
Der Vorschlag der Geldmarie: 0,5% für Krisenbranchen, 1% normal plus Einmalzahlungen für geringere Gehälter.
Das Gefühl der Geldmarie: Es wird mehr werden, Kündigungen werden folgen und ein paar Streiks sind demnächst nicht auszuschließen. Leider.
Ad hoc-Meldung - Oktober 2009