Die Vorgeschichte ist bekannt: Vor einigen Jahren vertrieb der AWD Österreich massenhaft Aktien der Immofinanz. Oft (oder vielleicht sogar: zumeist) auch an Kunden, die nicht so recht wussten, was Sie hier kaufen. Und oft (vielleicht sogar: zumeist) auch von AWD-Beratern, die die Risken der Produkte nicht bzw. nicht ausreichend erklärten.
Nach dubiosen Vorgängen in der Immofinanz (welche wohl auch noch vor Gericht landen) fuhr das Unternehmen Immofinanz gewaltige Verluste ein - schon im Vorjahr waren die Aktien massiv in den Keller gerasselt. Aus 12 Euro pro Anteil wurden plötzlich ein paar Cent. Mittlerweile dürfte die Immofinanz (mit neuem Vorstand) aus dem Gröbsten heraus sein und hat sich derzeit wieder bei ca. 3 Euro eingependelt.
Nicht die massiven Verluste (welche man bei Aktien ja einkalkulieren muss) sondern die Beratung des AWD steht jedoch im Vordergrund dieser Sammelklage des Konsumentenschützers VKI gegen den AWD. Der VKI spricht (wohl nicht gänzlich zu Unrecht) von massenhafter Fehlberatung und schweren Beratungsfehlern.
Primär wird aber nur geklärt, ob die Form der Sammelklage hier zutreffend ist: Der AWD ist der Ansicht, dass eine Sammelklage hier nicht rechtsmäßig ist und würde die Klagen lieber einzeln abgehandelt wissen. Was man auch durchaus verstehen kann: Bei insgesamt bald 3.000 Klagen in dieser Sache werden wohl auch sehr unterschiedliche Beratungen vorgenommen worden sein. Der VKI ist aus prozessökonomischen Gründen (Zeit, Kosten...) für Sammelklagen. Auch verständlich.
(Nachtrag 18.11.2009: Die Form der Sammelklage wurde vom Handelsgericht Wien zugelassen)
Einerseits gibt es unterschiedliche Berater (in Sachen fachliche Qualifikation) und andererseits auch unterschiedliche Kunden (in Sachen Risikobewusstsein).
Die Geldmarie ist der Ansicht, dass man hier alle Fälle einzeln betrachten sollte - auch wenn das wesentlich teurer ist und sehr lange dauern wird. Doch in einem Rechtsstaat sollte das möglich sein.
Darüber hinaus würde man wohl bei direkten Verhandlungen so manchen Sammelkläger und so einige (meistens ehemalige) AWD-"Berater" einen Spiegel vor die Nase halten: Denn Profitgier war auf beiden Seiten vorhanden - und in solchen Fällen trifft man sich dann halt gerne vor Gericht.
Egal ob "Rieger-Bank", "Meinl-European-Land" oder auch Causa-Immofinanz: Die Gier der unwissenden Anleger und die fehlende Beraterqualität werden immer wieder zu solchen Prozessen führen.
Auch wenn der AWD nunmehr verstärkt auf Schulungen seiner Mitarbeiter setzt: Solange das Risikoprofil des Kunden und die transparente Information über die Produkte nicht im Mittelpunkt von Beratungen stehen (und diesen Eindruck hatte ich im Umgang mit AWD-Mitarbeitern im Laufe meiner Beratungstätigkeiten im Finanzbereich selten), bleibt die (an und für sich) gute Idee des Finanzdienstleisters AWD mit dunklen Schatten behaftet.
Der Imageschaden für den AWD ist gewaltig - es wird wohl (ungeachtet der Prozesse, die wohl in einem Vergleich - bzw. vielen Vergleichen - enden werden) jahrelang dauern, bis man wieder einen halbwegs soliden Ruf aufgebaut hat.
Die Hoffnung stirbt zuletzt: Auch gierige Privatanleger sollten sich genau erkundigen, was man ihnen da verkaufen möchte. Denn Aktien sind keine Sparbücher...
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Oktober 2009