Es war wohl der interessanteste Börsegang Wiens des Jahres 2000 - das damals noch Bet and Win genannte Unternehmen war hoch überzeichnet und konnte gleich einen soliden Börsenstart hinlegen. Während andere Internet-Start-Ups bereits lange Geschichte sind, konnte sich das auf Sportwetten im Internet spezialisierte Unternehmen mehr und mehr etablieren und zu einer international bekannten Marke entwickeln.
Aufgrund des Unternehmensgegenstandes "Wetten" und "Cashgames" war die bisherige Unternehmensgeschichte schon von einigen Höhenflügen aber auch von schweren Einbrüchen gekennzeichnet. Bwin ist dieser Tage jedoch absolut etabliert und zahlte zuletzt sogar Dividende an die (oft leidgeplagten) Aktionäre. Besonders als Dressensponsor von europäischen Topklubs ist der Schriftzug des Unternehmens in ganz Europa bekannt.
Heute (Freitag, 28.01.2011) schlägt aber das Unternehmen einen neuen Weg ein: Die Aktionäre von bwin und der britischen PartyGaming beschließen die Fusion beider Unternehmen - die dafür notwendige 75-Prozent-Zustimmung dürfte bei beiden Hauptversammlungen locker geschafft werden. Nachtrag Abend 28.01: Die Fusion wurde seitens bwin-Aktionäre fast zu 100% angenommen - auch die PartyGaming-Shareholder haben bereits zugestimmt - die Fusion steht.
Für eine Aktie von bwin soll es hinkünftig 12,23 neue bwin.party-Aktien geben. Wer keine Aktien des neuen Unternehmens möchte, bekommt eine Barabfindung von 23,52 Euro angeboten - angesichts des letzten Börsenkurses von 26,44 Euro wird dieses Angebot wohl kaum angenommen werden: Man kann die Aktien ja deutlich teurer an der Börse abstoßen.
Am neuen Unternehmen halten die Altaktionäre von bwin dann 51,7 Prozent, die Aktionäre der britischen PartyGaming die restlichen 48,3 Prozent.
Aufgrund der unterschiedlichen Ausrichtung der beiden Unternehmen könnte es durchaus Synergieeffekte geben (insbesondere im wichtigen IT-Bereich). Auch im Tätigkeitsbereich stört man sich gegenseitig kaum: bwin war primär auf Sportwetten fokusiert, PartyGaming eher auf Games wie Casiono oder Bingo.
Für die zuletzt mit jungen Aktien nicht gerade verwöhnte Wiener Börse gibt es schlechte Nachrichten: bwin wird nämlich schon sehr bald vom Wiener Kurszettel (und damit auch aus dem Leitindex ATX) verschwinden. Nur noch bis ca. 25.3 ist eine Wien-Notiz geplant, ab 1.4.2011 sollen die neuen bwin.party-Aktien dann nur noch in London notiert sein - und ab Juni dann im Londoner FTSE 250-Index aufgenommen werden.
Der Unternehmenssitz des neuen Unternehmens soll sich wieder auf Gibraltar befinden - steuerliche und rechtliche Vorteile sind hier sicher nicht wegzuleugnen. Apropos Steuer: Hier droht den Aktionären des Unternehmens (egal ob alt oder neu) Ungemach: Bis zu 130 Mio. Euro Steuernachzahlung in Österreich werden in den Medien kolportiert. Die Feststellung, wo bwin steuerpflichtig ist bzw. war könnte aber noch einige Zeit benötigen.
Für die Aktionäre ist dies jedoch ein Unsicherheitsfaktor - wie auch die Fusion mit PartyGaming nur kurz für Begeistung an der Börse gesorgt hat. Bwin zählte im Vorjahr zu den wenigen Verlierern an der Wiener Börse - fast 30 Prozent Kurseinbruch mussten 2010 hingenommen werden.
Höchstkurse von über 100 Euro (wie 2006 kurz erreicht) sind für die nächste Zeit ohnehin illusorisch - nach der Fusion wird auch der Kurs (durch den Aktientausch) verwässert sein.
Nachdem die Aktie aber zuletzt stark nachgegeben hat, die Unternehmen aber substantiell gesund sind, könnte es in den nächsten Monaten (bei guter Nachrichtenlage, welche bei bwin immer sehr spannend war) auch wieder zu positiven Überraschungen in der Kursentwicklung kommen. Vorab müssen aber auch die Fusionskosten (ca. 25 Mio. Euro) wieder eingespielt werden - 2011 darf man daher noch keine fetten Gewinne erwarten.
Auch Personalsynergien sind sehr wahrscheinlich - bwin in Wien wird auf Dauer aber wohl einige Arbeitsplätze verlieren - was andererseits aber zu mittelfristiger Reduktion der Personalkosten (und Erhöhung der Gewinne) führen wird.
Ein Kauf von bwin (bzw. bwin.party) könnte aber derzeit durchaus reizvoll sein - wobei es sich bei solchen Aktien oft fast wie bei Sportwetten verhält: Hopp oder Drop - alles ist möglich...
Ad hoc-Meldung - Jänner 2011