Man kann sich noch sehr gut an den letzten Winter erinnern: Im Jänner 2009 floss ca. 17 Tagen kein Gas aus Russland nach Österreich. Hauptursache war der Streit um Preis bzw. Transportgebühren zwischen Produzenten Russland und Transit- und Abnehmerland Ukraine.
Dieser Tage kündigt sich der nächste Streit an: Die finanzschwache Ukraine möchte die Transitgebühr verdoppeln (auf ca. 2,30 Euro pro Kubikmeter Gas und 100 km Pipeline) - und ist als Zahler des Eigenverbrauches an Gas nicht sehr verlässlich. Darüber hinaus sind sich Russland und die Ukraine derzeit in Sachen Politik nicht sehr zugeneigt. Ein Gaslieferstop ist demnach nicht unwahrscheinlich.
Nachdem russisches Gas derzeit aber nur via Ukraine nach Österreich kommen kann und auf mehr als die Hälfte des heimischen Jahresverbrauches kommt (welcher hauptsächlich im Winter stattfindet) könnte es auch heuer wieder besorgte Gaskunden geben.
Denn aus Österreich kommen nur 14% des Eigenverbrauches. Die weiteren Gaslieferanten Österreichs: 20% Deutschland, 12% Norwegen.
Doch Österreich hat seine Hausaufgaben gemacht: Die heimischen Gaslager sind zu 90% befüllt und reichen für ca. 3 Wintermonate. Der Jahresverbrauch in Österreich lag zuletzt bei ca. 8,4 Mrd. Kubikmeter Gas - ca. die Hälfte davon ist schon auf Lager.
Wenn man nun seine Wohnung oder sein Haus mit Gas beheizt, sind also in Österreich wenig Ängste angebracht. Ein Gasstreit steht zwar ziemlich sicher an - viellicht werden sogar wieder ein paar Tage oder Wochen die Gashähne abgedreht. Bis aber Österreich hier einen Versorgungsengpass hat, haben diese andere europäische Länder schon lange.
Ein diplomatisches Einschreiten der EU (wie im Vorwinter) ist also sehr früh wahrscheinlich. Ein baldiges Einlenken seitens Russland auch - denn immerhin ist der Gasexport einer der wesentlichen Grundlagen der russischen Wirtschaft. Und mit der sah es ja zuletzt auch nicht sehr gut aus. Russland kann sich also einen sehr langen Gaslieferstop über die Ukraine gar nicht leisten - dass weiß wohl auch die Ukraine.
Europäische Länder (Österreich federführend mit der OMV und dem Gasleitungsprojekt Nabucco) sowie Russland (mit dem Projekt South Stream) basteln schon an neuen Gasnetzen - welche an den "Problemländern" Ukraine und Weissrussland vorbeiführen.
Die Erpressbarkeit in Sachen Gastransit wird dadurch stark verringert - allerdings dauert es noch ein paar Jahre, bis diese Leitungen in Betrieb gehen werden. Bis dahin werden dauernde Streitigkeiten um Gaspreis und Transitpreis wohl dazu führen, dass Gas als Energieform bestenfalls stagniert.
Große Sorgen um eine kalte Wohnung (bzw. mangelnde Versorgung der Industrie) muss man sich aber wohl auch derzeit nicht machen - einerseits war der aktuelle Gasstreit schon absehbar und Österreich scheint seine Hausaufgaben gemacht zu haben (Lager voll). Andererseits ist Russland vom Export sowie die Ukraine vom Import sehr abhängig.
Bei total verhärteten Fronten wird die EU das klären!
Ad hoc-Meldung - November 2009