Auch wenn die ÖVP heute in Innsbruck mit Michael Spindelegger den 15. Parteiobmann der ÖVP kürt und die Vertrauenswerte in den bisweilen eher unauffälligen Politiker gar nicht so schlecht sind: Der "kleine" Regierungspartner der gar nicht so großen SPÖ dürfte es die nächsten Monate sehr schwer haben.
Auch die zuletzt wieder deutlich gestiegenen Bemühungen (z.B. seitens Wiener Börse, WKO, Finanzministerin Fekter und weiteren befreundeten Organisationen) und Vorstöße pro neuer Privatisierungen von Staatsbetrieben dürften in der nächsten Zeit -mangels willigen politischen Partner- fruchtlos bleiben.
Auch wenn uns Erste-Bank-Chef in den letzten Tagen seine (teilweise verständlich) frustrierte Meinung über so manche Politiker deutlich gemacht hat (wobei STRABAG-Chef Haselsteiner nicht unrichtig nachgelegt hat): Aktien, Kaptialbeteiligung, Börse und Finanzmärkte waren und sind für die meisten Österreicher noch immer ein rotes Tuch. Nach der Finanzkrise hat sich diese Abneigung gegen Risikokaptial sogar noch deutlich gesteigert.
Keine guten Aussichten also für neue Börsengänge bzw. weitere Privatisierungen heimischer Unternehmen, welche teilweise oder gänzlich im Besitz von ÖIAG oder Ländern sind.
In der aktuellen Ausgabe des Arbeiterkammer-Magazins "AK FÜR SIE" macht die (rote) Arbeiterkammer wieder deutlich Wind gegen Privatisierungen.
Als Paradeargument bringt man hier die anstehende Schließung des Austria-Tabak-Werkes in Hainburg, welche insgesamt (mit Wien) 320 Menschen den Job kostet. 2001 wurde von VP/FP (Grasser Finanzminister) die Austria Tabak an den britischen Gallaher-Konzern verkauft, welcher selber dann an JTI (Japan Tobacco) verkauft wurde. Die kleine (und damit zu teure) Produktionsstätte in Hainburg wird nun von JTI aus Kostengründen aufgelassen - der Katzenjammer ist jetzt natürlich groß.
Was die AK nicht sagt: 2001 war der Zigarettenmarkt noch deutlich gewinnbringender und der Verkauf (so sehr man auch die damalige Regierung kritisieren kann und will) erfolgte vielleicht gar nicht so ungünstig. Und wer kann schon mit Sicherheit behaupten, dass die Austria Tabak auch im heutigen Marktumfeld noch tolle Gewinne abliefern würde? Wohl niemand.
Auch wenn der damalige Verkaufserlös im heutigen Schuldenberg der Republik (um den sich die AK mehr Sorgen machen sollte - schließlich betrifft er ja auch das eigene Klientel) untergeht - auf solche Gedanken sollte man seriöserweise nicht verzichten.
Der Populismus seitens AK geht dann auch gleich noch einen Schritt weiter: Lt. nicht näher genannter AK-Experten wird vorgerechnet, dass der Staat Österreich seit 2006 durch die Teilprivatisierungen von OMV, Post und Telekom (immerhin abzüglich Zinsersparnis für Staatsschulden berechnet) 1,2 Mrd. Euro verloren hat.
Wenn in Publikationen "Experten" als Beleg genannt werden, sollte man aber immer skeptisch sein - im Journalismus und der lieben Politik verwendet man den anonymen Begriff "Experten" oder "Studien" nämlich immer dann sehr gerne, wenn die Zahlen und Fakten nicht ganz gesichert sind.
Ob hier nämlich auch oft durch die Privatiserungen entstandene Professionalisierung der Unternehmen eingerechnet wurden, darf stark bezweifelt werden. So ist z.B. die OMV mittlerweile ein kleiner "Global Player" mit gesunder Substanz geworden, die Post ist gerade auf dem besten Weg dahin (auch wenn man ob der jüngsten Preisgestaltung noch ein wenig daran zweifeln darf) und die Telekom Austria (wie auch die Post) versucht noch immer, den schweren Rucksack aus der Vergangenheit (nicht mehr benötigtes Personal) abzuwerfen.
Dass hier Arbeitnehmervertreter aufjaulen müssen ist schon klar - aber ob diese Unternehmen (und nehmen wir auch noch die sehr erfolgreiche voestalpine dazu) ohne Privatisierungen am internationalen Markt noch lange (und ohne Personalabbau) hätten bestehen können, ist eine andere Frage.
Als Paradebeleg darf man hier die AUA nennen, welche jahrzehntelang als Vorzeigebetrieb galt und dann (im zunehmenden Konkurrenzdruck) nicht rechtzeitig die Kurve kriegte: Das Ende von vielen Jahren Gewerkschaftsdominanz und Freunderlwirtschaft ist bekannt - die AUA musste an die Lufthansa verschenkt werden und der Staat (also der Steuerzahler) musste sogar noch eine halbe Milliarde Euro drauflegen. Während die AUA heute noch in den roten Zahlen fliegt (was sich aber unter dem Lufthansa-Kommando bald ändern dürfte), hätte man bei rechtzeitigem Verkauf und Zurückdrängen des Staatseinflusses wohl schon lange wieder Gewinne einfahren können.
Der Umstand einer erfolgreicheren Betriebsführung durch Teilprivatisierung ist wohl auch nicht in die Berechnungen der AK eingeflossen - wer sagt denn, dass die zuletzt ausgeschütteten Dividenden von OMV, Post und TKA bei Nichtprivatisierung überhaupt hätten ausgeschüttet werden können. Man blicke hier einmal auf den Zustand der US-Post (steht knapp vor dem Konkurs) - auch das hätte der heimischen Post blühen können.
Darüber hinaus sind Post und TKA ohnehin noch immer im absoluten Staatseinfluss - die völlig überzogenen Dividenden der TKA (und teilweise auch der Post) beweisen das. Der Staat benötigt dringend Geld und höhlt die Substanz der halbwegs erfolgreichen Unternehmen aus. Die Berechnungen der AK könnte man demnach ganz anders (und natürlich auch unseriös, weil spekulativ) anstellen.
Es spricht also einiges für weitere Privatisierungen - auch wenn das derzeit unpopulär erscheint. Als Kernaktionär mit Sperrminorität (über 25%) oder auch als Hauptaktionär (plus 50%) ist der Staat natürlich nach wie vor in vielen Bereichen sinnvoll - als Alleinaktionär hat er bereits mehrfach versagt.
Die Verzweiflung der ÖVP, Börse Wien oder Wirtschaftskammer wird aber wohl weiter anhalten - dabei brächte Finanzministerin Fekter durchaus ein paar zusätzliche Milliarden um den Schuldenkahn etwas aus dem Dreck zu ziehen...
Gespannt darf man übrigens auch schon auf den Marktauftritt der "WESTbahn" im Dezember 2011 sein - die ÖBB erhalten dann private Konkurrenz. Vorerst einmal duelliert sich die WESTbahn (dahinter steckt Hans-Peter Haselsteiner) mit den ÖBB auf der Strecke Wien-Salzburg.
Ein Privatisierungsauftrag für die ÖBB leitet sich aber daraus nicht ab - im Gegenteil. Der neue ÖBB-Chef Kern hat derzeit damit alle Hände voll, den letzten großen Staatsmoloch wieder halbwegs in die schwarzen Zahlen zu bringen.
Ad hoc-Meldung - Mai 2011