Die Kollektivvertragsverhandlungen der metallverarbeitenden Industrie betreffen ungefähr 190.000 Beschäftigte. Ob der immer recht frühen Verhandlungen dieses Zweiges werden die Ergebnisse diese Branche von vielen Personalverantwortlichen in Österreich mit Argusaugen beobachtet.
2011 dürften einige Damen und Herren seitens Arbeitgebervertretung ziemlich große Sorgen um die nächstjährigen Personalbudgets ihrer Unternehmen haben - die Gewerkschaften tragen nämlich heuer offenbar kräftig auf: 5,5% Lohnerhöhung wurde dieser Tage von den Metallern gefordert.
Dass die erste Verhandlungsrunde diese Woche negativ ausging, darf in Kenntnis der heimischen Sitten bei Lohnverhandlungen nicht groß überraschen. Nach dem (fast üblichen) Scheitern der ersten Verhandlungsrunde fährt die Gewerkschaft wieder einmal mit Kanonen (=Streikdrohung, falls die nächste Runde am 12. Oktober ergebnislos bleibt) auf und die Arbeitgebervertretung zeigt sich über die hohen Forderungen überrascht. Das übliche Spiel.
Die Arbeitgebervertreter lagen mit ihrem Angebot (3,1% Lohnerhöhung plus Einmalzahlung 200 Euro) gar nicht so tief wie erwartet - möchte offenbar aber die Kollektivverträge nicht zu stark verteuern (was ja auch in den nächsten Jahren negative Wirkungen hätte).
Bei einer Jahresinflation von 2,8% (seit den letzten Verhandlungen) sehen 3,1% + Einmalzahlung ja gar nicht so schlecht aus - die aktuelle Inflationsrate liegt allerdings bei 3,4% und dürfte nur langsam fallen.
Die Metallindustrie hat sich schon 2010 gut entwickelt und dürfte 2011 ein tolles Jahr feiern - dass die in der Wirtschaftskrise ziemlich geprügelten Metallarbeiter jetzt auch ein Stück des Kuchens haben wollen, ist wohl auch verständlich. Die Sorgen der Unternehmen für 2012 sind hier aber auch nicht vom Tisch zu kehren - ein durchaus möglicher Konjunktureinbruch würde die zyklische Metallindustrie wohl stark treffen.
Die Wahrheit wird wohl wieder einmal in der Mitte liegen und bei fast 4 Prozent plus Einmalzahlung landen. Mit der gegenwärtigen "Eat-the-rich-Stimmung" in Österreich (und auch anderswo) haben die Gewerkschaften heuer aber eine sehr gute Ausgangsbasis für erfolgreiche Abschlüsse.
Während man aktuell wieder mehr oder minder um Zehntelprozentpunkte streitet, übersieht die Gewerkschaft wieder einmal den absoluten Reformbedarf bei den Kollektivverträgen.
Schon längst müssten diese für jüngere Arbeitnehmer und Angestellte deutlich nach oben angepasst (verändert) werden - während man im Alter den Anstieg deutlich verflachen lassen könnte.
In der Regel benötigen nämlich gerade junge Menschen mehr Kaptial zum Aufbau ihrer Existenz - mit den aktuellen Kollektivvertragslöhnen reicht es oft einmal gerade zum Bezahlen der Miete und der Fixkosten.
Ältere Arbeitnehmer haben sich im (selter werdenden) Normalfall schon ein wenig Kapital gesichert (bzw. haben schon etwas geerbt...) - deren hohe Kosten führen auch zu einer ansteigenden Arbeitslosigkeit für ältere Menschen.
Dieser Logik folgend resultiert eine klare Denkaufgabe für die Gewerkschaften in Österreich - alte Privilegien zu bewahren ist nicht immer sinnvoll und günstig für das eigene Klientel (die Arbeitnehmer).
Ad hoc-Meldung - Oktober 2011