Der zuletzt angenommene Haircut von 50% für griechische Anleihen wird Realität - für viele europäische Banken dürften sich somit die Bilanzen 2011 bzw. 2012 in Richtung Rot verabschieden.
In den frühen Morgenstunden des Donnerstags wurde dies in Brüssel von Politikern und Bankern Europas bekanntgegeben.
Zur Rekapitalisierung der davon besonders stark betroffenen und systemrelevanten Banken (91 Banken) werden insgesamt 106 Mrd. Euro bereitgestellt, 2,9 Mrd. Euro sind hier in Österreich reserviert. Insbesondere die ÖVAG (Volksbanken) könnten hier wieder in den Staatstopf greifen um damit die erforderliche Kernkapitalquote von 9% zu erreichen.
Der Rettungsschirm für Europa wird auf 1 Billion Euro (1.000.000.000.000 Euro) ausgedehnt - eine verdammt lange Zahl... Die für viele unverständliche "Hebelung" des Rettungsschirmes ist jedoch sehr umstritten und wird von vielen Finanzfachleuten kritisiert.
Die Einigung von Politik und Banken sieht somit eine 50%ige Abschreibung (vom Nominalwert) der griechischen Staatsanleihen vor - für Griechenland bedeutet das eine Erleichterung von ca. 100 Mrd. Euro. Die verbleibenden 100 Milliarden Euro sollen die privaten Gläubiger voraussichtlich Anfang 2012 in Anleihen mit längerer Laufzeit und niedrigeren Zinsen umtauschen. Der EFSF (europäische Rettungsfonds) garantiert dann für die neuen Anleihen immerhin mit 30 Milliarden Euro - ein Sicherheitspolster für die Banken.
Das Ergebnis des Krisengipfels (welches schon einige Tage kolportiert wurde) darf man trotzdem als bescheidenen Kompromiss betrachten. Eine Schuldenerlass für Griechenland war aber jedenfalls unerlässlich: 170 Prozent Staatsverschuldung (Prognose für 2012) sind für ein schwer angeschlagenes Land nicht mehr alleine zu bewältigen.
Es darf aber schwer bezweifelt werden, dass die Griechen (trotz weiterer europäischer Unterstützung) bis 2020 wieder bei 120% Staatsverschuldung angekommen sind - die Zahlen der nächsten Jahre werden ob schwerer Rezession vielleicht sogar schwächer ausfallen, als erwartet. Und da wird wohl auch eine neue Regierung in Griechenland nichts ändern.
Selbiges gilt auch für Italien, wo Berlusconi wieder einmal gerade noch die Kurve gekriegt hat. Weiterwursteln ist also angesagt - die große Lösung der europäischen Staatsschuldenkrise ist mit dem Haircut für Griechenland nicht gelungen. Insbesondere fehlen "if-then-Szenarien" wie: Wer bis zu Jahre X seine Staatsschulden nicht im Griff hat, fliegt hochkant aus der Eurozone - solche Resulate wären ein deutlicher Arbeitsauftrag (bzw. eine klare Ansage) für schächelnde Länder.
Hier müsste natürlich den betroffenen Ländern auch Zeit gelassen werden - jahrzehntelange Misswirtschaft im Staatshaushalt lässt sich nicht in 2 oder 3 Jahren beseitigen - das sieht man insbesondere in Griechenland deutlich. Die Solidarität der reichen Länder mit Griechenland (insbesondere in Deutschland rumort es schon gewaltig) ist aber endenwollend und spielt vielen populistisch agierenden Parteien in die Hände.
Es ist aber auch gar nicht unwahrscheinlich, dass bereits 2012 die nächste Krisensitzung in Sachen Euro bzw. Griechenland abgehalten werden muss und der dubiose Rettungsschirm wieder aufgestockt werden muss.
Die europäischen Börsen begannen den heutigen Tag zwar mit einem Kursfeuerwerk (insbesondere die Banken legten zu) - baldige Ernüchterung ist aber nicht unwahrscheinlich.
Hier wurde kein Paket für die Ewigkeit geschnürt - aber immerhin gibt es Hoffnung, dass zumindest einige Monate etwas Ruhe an den Finanzmärkten einkehrt.
Ad hoc-Meldung - Oktober 2011