Der erst vor wenigen Tagen von Banken und Euroländern ausgehandelte Schuldenerlass für die Griechen (welcher auch mit Auflagen für Griechenland verbunden ist) könnte doch noch scheitern: Griechenlands Premierminister Papandreou möchte sein Volk über das ausgehandelte Paket abstimmen lassen.
Offenbar scheint die Annahme des Rettungspaketes in Griechenland selbst politisch nicht über die Bühne zu kriegen - einige Abgeordnete seiner Partei PASOK dürften dem Premier diesbezüglich nicht folgen wollen.
Daher geht der in die Enge getriebene Premier (auf der einen Seite die EU mit weiteren Einsparforderungen, auf der anderen ein ständig demonstrierendes und schon ziemlich frustriertes Volk) offenbar in die letztmögliche Offensive und setzt alles auf die Karte einer (verbindlichen) Volksabstimmung.
Nachdem aber -jüngeren Umfragen zufolge- ca. 60% der Griechen das ausgehandelte Rettungspaket (und natürlich die damit vorhandenen weiteren Einschnitte) ablehnen, setzt Papandreou nun scheinbar alles auf Rot und hofft wohl noch auf einen wundersamen Stimmungsumschwung im Lande.
Nur damit wäre seine Regierungsperiode wohl noch zu retten - der Griechische Staatschef pokert aber mit dem Referendum sehr hoch: Immerhin steht damit auch indirekt der Euro und auch ein wenig die EU zur Disposition.
Ein Nein der Griechen zum Rettungsschirm würde direkt in die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands münden und würde dadurch für ganz Europa (und damit auch für die gesamt Finanzwirtschaft) hohe Ausfälle und dadurch auch die eine oder andere Kettenreaktion im Finanzwesen auslösen.
Auch wenn sich Politiker in Europa bisweilen nicht mit einem Staatsbankrott Griechenlands auseinandersetzen wollten - dieser könnte nun rascher als angenommen vor der Türe stehen.
Mit der Entscheidung für ein Referendum hat der griechische Premier wohl seine letzten Unterstützer in Europa vor den Kopf gestoßen (auch wenn ihm vielleicht innerparteilich gar keine andere Wahl blieb) - dass die Griechen nach einem "Nein" (und dem logischen Staatsbankrott) in der Eurozone verbleiben werden, scheint eher unwahrscheinlich.
Das Verständnis für die aktuelle Situation der Bevölkerung Griechenlands ist in Europa schon lange endenwollend und lässt Populisten aller Farben mit Anti-Griechenland-Parolen Stimmen sammeln. Wenn dann (wie heute kolportiert) in Griechenland ca. 8 Mrd. Euro Pensionszahlungen so einfach an diverse Betrüger ausbezahlt wurden, scheint der fette Beamtenapparat in Griechenland auch nicht so fein zu funktionieren, wie er eigentlich sollte.
Im TV zu erblickende Bilder von gewalttätigen Demonstrationen gegen Sparpakete (die Gewerkschaften und Linken sind in Griechenland sehr gut organisiert) runden dann das Negativbild noch ab - da ist es auch durchaus zu verstehen, wenn die z.B. wesentlich ärmeren Slowaken da nicht mehr mitzahlen möchten... Die nun sicher folgenden Buhrufe der Europäer (insbesondere solche aus Deutschland) werden wohl die Griechen eher gegen den Rettungsschirm stimmen lassen - Nationalstolz kann den Verstand oft ziemlich beeinträchtigen.
Es wird also demnächst wieder sehr spannend: Dass sich Griechenland selber rausschießt, hätte nach dem Notpaket wohl keiner mehr angenommen (außer vielleicht Papandreou, der dieses Paket seiner eigenen Partei nicht mehr verkaufen konnte). Griechenland schafft sich ab?
Die Hauptfrage wird aber sein, wie Europa auf dieses Referendum antworten wird. Untätigkeit ist keinesfalls möglich: Bei einem "Njet" von Griechenland zum Rettungsschirm müssen ob des logischen Staatsbankrottes wohl viele Banken saniert bzw. unterstützt werden und auch die Staatsfinanzen sehen noch ein starkes Stück grauslicher aus als schon jetzt. Ob den Griechen dann der Euro bleibt, steht noch in den Sternen - Verständnis dafür hätten dann wohl sehr wenig Menschen. Ein Teil der EU werden die Griechen aber wohl so oder so bleiben.
Mein Tipp zur Stunde: Sammeln Sie schon jetzt die eher seltenen Euro- und Centmünzen aus Griechenland. Die werden nach einem Referendum wohl noch deutlich seltener...
Für die (sehr wohl vorhandenen) fleißígen Griechen gilt übrigens (ganz echt!) die Unschuldsvermutung!;-)
Die erste Reaktion an den Börsen am Dienstag (soweit geöffnet - siehe Wien) war natürlich klar negativ. Insbesondere die Bankenwerte, Rohstoffe aber auch der Euro gaben deutlich nach - für Unsicherheit in den nächsten Wochen und Monaten ist wohl wieder gesorgt.
Gold und Silber gaben zwar am Dienstag auch nach, könnten jedoch nach dem ersten Schock wieder kommen. Die Wiener Börse wird morgen (Mittwoch) wohl deutlich nach unten korrigieren.
Ad hoc-Meldung - Oktober 2011