Die Positionen sind bezogen: Die ÖVP steht für Sparen bei den Ausgaben, die SPÖ für Sparen bei den Einnahmen. Da dazwischen wenig Platz für kreative Ideen bleibt, haben sich die Parteichefs zuerst verschanzt, um nach Befragung der Parteijünger schon vielleicht nächste Woche neue Belastungen bzw. Einsparungen für das Volk zu präsentieren. Ob aber so schnell der weiße Rauch des Sparpakets aufsteigen wird, darf derzeit noch bezweifelt werden - erwarten darf man sich aber ohnehin ein Wölkchen...
Während in den Ministerien der Rechenstift nur so raucht, macht sich das gemeine Volk indessen so seine Gedanken (immerhin schön, dass man das bei uns darf) - und möchte der armen Regierung sogar noch ein wenig mit Anregungen bezüglich Einsparen und Steuern erhöhen behilflich sein.
Die Geldmarie hat sich erlaubt, hier einige mögliche neue Steuern bzw. Abgaben sowie Einsparungsmöglichkeiten zu listen - ganz ohne kleine Zusatzkommentare geht das natürlich nicht. Studieren Sie trotzdem (und wertfrei) die Vielzahl der Möglichkeiten, den heimischen Staatshaushalt vor dem (drohenden) Griechenland-Schicksal zu bewahren.
Keine Frage - alle der unten genannten Möglichkeiten gleichzeitig umzusetzen, wäre von Spindelegger und Faymann wohl zu viel verlangt und würden wohl auch die Wirtschaft Österreichs einige Jahre leiden lassen. Und doch sollte man sich so mancher Einsparungs- und Steuerpotetiale rasch widmen - auch in Österreich ist durchaus schon Feuer auf dem Dach.
Suchen Sie sich Ihre Lieblingsreformen doch einfach selber aus und verzeihen Sie die (ob der Länge gebotenen) oberflächliche Behandlung der Themen - hier soll es einmal primär um die Auflistung von möglichen Reformen im Staate Österreich gehen.
Pensionsantrittsalter: Das faktische Pensionsantrittsalter wird rasch über 60 Jahre gebracht (Ende der Hacklerregelung, Reduktion der Invaliditätspensionen etc.), für Pensionsantritt vor dem Regelpensionsantrittsalter gibt es hohe Abschläge. Das Frauenpensionsalter wird schon in ein paar Jahren für alle Frauen auf 65 erhöht. Bonusmodell für Menschen, die länger arbeiten als gesetzlich vorgesehen.
Pensionen: Pensionen über 2.500 Euro werden um 10-15% gekürzt, über 2.000 Euro um 5% und darunter werden nur Pensionen bis 1.300 Euro in den nächsten 5 Jahren inflationsangepasst. Anpassungen nach oben nur noch, wenn sich die Finanzierungssituation verbessert.
Beamte: Temporärer Aufnahmestopp, 5-10 Jahre keine Erhöhung für Einkommen ab 2.500 Euro, neues Dienstrecht für junge Staatsdiener - diese verdienen dann zukünftig in jungen Jahren deutlich mehr, dafür verflacht aber deren Einkommenskurve deutlich. Alte Privilegien/Zulagen durchforsten und abschaffen.
ÖBB: Kern-Kurs weiterverfolgen, Vorstand und Unternehmen deutlich schlanker machen, Tunnelprojekte einfrieren bzw. nicht realisieren (z.B. Brenner), laufender Personalabbau, Dienstrecht Neu (ähnlich wie bei Beamten).
ORF: Völlige Entpolitisierung und weiterer Personalabbau.
Politik: Gehälter stark reduzieren (mind. 20%), Bundesrat oder/und Landtage abschaffen, Nationalrat auf 100 reduzieren, Bezirksräte und Gemeinderäte verkleinern, Partei- und Medienförderung massiv reduzieren.
Straßenbau: Temporärer Stopp von weiteren Neuplanungen, sofortiger Schuldenabbau bei der ASFINAG.
Bundesländer: Auflösung bzw. Minimalisierung der Landtage, Zusammenlegung von Bezirken und Gemeinden, Harmonisierung der Landesgesetzgebung.
Privatisierung von Energieversorgern: Lokale Energieversorger von Politikeinfluss lösen und im ersten Schritt teilprivatisieren, später (nach Evaluierung der Entwicklung) gänzlich privatisieren.
Beihilfen und Förderungen streichen, reduzieren, selektieren: Beihilfewesen in Österreich gänzlich neu überlegen. Nicht die Gießkanne bei Förderungen verwenden sondern individuell (oft nach Einkommen) fördern. Vom Pfegegeld über Familienbeihilfe bis hin zu steuerlichen Begünstigungen sollte es hier kein Tabu geben. Auch das Pendlerpauschale wird massiv reduziert und für höhere Einkommensbezieher komplett gestrichen.
Agrarbeihilfen reduzieren: Vergünstigungen insbesondere für Großbauern (die längst schon eigentlich Fabriksbesitzer sind) prüfen und zugunsten von kleineren Einheiten umlenken. Unzählige Begünstigungen für Landwirte hinterfragen - auch hier sollte nicht mehr das Gießkannenprinzip gelten. Vergünstigungen beim Diesel komplett streichen. Klein- und Nebenerwerbsbauern stärken.
Gesundheitsreformen: Weitere kleine Spitäler (in versorgten Landstrichen) schließen, Praxisgemeinschaften forcieren, Medikamentenausgaben reduzieren bzw. mit Pharmaindustrie verhandeln, zu lange Spitalsaufenthalte analysieren (Ambulanzen forcieren) etc.
Wohnbauförderung: Evaluierung der gesamten Wohnbauförderung und deren Mittelverwendung.
Etcetera...etcetera.
Einheitswerte anpassen: Grundstückssteuern erhöhen - alte Einheitswerte anpassen und hinkünftig indexieren. Grundstücksspekulationen und Umwidmungsgewinne besteuern.
Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer: Beide Steuern wieder einführen - Höhere Steuersätze als bis jetzt. Keine Freibeträge.
Diverse Vermögenssteuern: Anhebung von verschiedenen Vermögenssteuern auf EU-Durchschnitt. Freibeträge! Zwecks rascher Budgetsanierung (im Notfall): temporäre Sondersteuer auf mittlere und höhere Vermögen.
Einkommen- und Lohnsteuer: Sätze gleich lassen (ohnehin schon hoch) - führt durch Lohnerhöhungen ohnehin zur "kalten Progression", steuerliche Begünstigungen und Förderungen für Reiche komplett streichen.
Tabaksteuer erhöhen: Moderate Erhöhung der Tabaksteuer - in Betrachtung der Tabakwarenpreise in den nahen Nachbarländern (sonst drohen Mindereinnahmen).
Mineralölsteuer: Moderate Erhöhung der MÖSt., sodass Preise auf Nachbarländerniveau - Tanktourismus fällt damit fast weg, dafür aber geringere Strafzahlungen wg. Verfehlung der Klimaziele. Steuerbegünstigungen für Diesel und Kerosin streichen bzw. massiv reduzieren. CO2-Steuer?
Gruppenbesteuerung: Neu adaptieren.
Stiftungsrecht: Höhere Steuern.
KFZ-Steuern: Motorbezogene VS und NOVA bei starken PKW erhöhen, Vignette abschaffen und durch höhere MÖSt. fehlende Erlöse einbringen. Förderung von Elektroautos.
Luxussteuern: Auf besonders umweltschädliche Güter/Produkte Luxussteuern einheben.
Finanztransaktionssteuer: Einführung einer grenzüberschreitenden Finanztransaktionssteuer, Meldepflicht für alle Auslandstransaktionen, schwere Strafen für Versuche der Steuerhinterziehung. Bildung einer eigenen Steuertruppe zwecks Erfassung der Steuerhinterzieher besonderer Art...
Sie ersehen schon bei den oben genannten Möglichkeiten: ÖVP und SPÖ sind hier fast durchgehend anderer Meinung. Tendenziell würde die Geldmarie eher die Sanierung über die Ausgaben bevorzugen. Dies wird allerdings zur Lösung der aktuten Budgetnöten nicht reichen - insbesondere weil in Österreich ja die Ausnahme fast die Regel ist...
Faymann und Spindelegger müssen daher doch einige Kompromisse schließen - es bleibt zu hoffen übrig, das diese nicht allzu schlecht werden. Schon in wenigen Tagen wissen wir mehr...
Nachtrag 10.01.2012, 17h: Schon heute wissen wir, dass es nun wohl doch eher bis Ende Februar dauert, bis wir mehr wissen - so wir dann mehr wissen...
Ad hoc-Meldung - Jänner 2012