Zumindest über die letzten Jahrezehnte gerechnet war es wohl kein Fehler, über die Sommermonate keine Aktien zu halten. Auch 2011 hat die alte Börsenweisheit (die natürlich nicht immer zutrifft) "sell in may an go away" wieder bestätigt.
Insbesondere die Griechenland-Schuldendebatte sowie die Staatsschuldenkrise in Europa hat weltweit die Börsen beschäftigt und deutlich nach unten gezogen. Gerade der Wiener ATX (mit Bankenwerten als Schwergewichte) war davon 2011 schwer betroffen.
Nachdem die 2. Jahreshälte 2011 an den meisten Börsen zum Vergessen war, keimte zuletzt wieder etwas Hoffnung auf: Viel billiges Geld wurde in die Bankenlandschaft gepumpt und auch die Staatsanleihen von so manchem Krisenland (Spanien, Italien) erholten sich wieder deutlich.
Auch die Börse in Wien tendierte positiv und konnte bisweilen immerhin 10 Prozent zulegen - Aktien von soliden Dividendenwerten waren zuletzt wieder durchaus gefragt und könnten auf längere Sicht auch derzeit gute Einstiegskurse liefern. Mit Dividendenrenditen von 4 oder 5 Prozent (bei Zinsen von 2 bis 3 Prozent am Sparbuch) sollte die Börse derzeit durchaus attraktiv sein - wiewohl Herr und Frau Österreicher wahrlich kein Volk der Aktionäre sind (wozu die Politik auch noch kräftig beiträgt...).
Ob man sich allerdings dieser Tage in Wien groß eindecken sollte, bleibt dahingestellt: Die meisten Aktien (auch von gewinnträchtigen Unternehmen wie z.B. OMV, Post, Verbund etc.) erscheinen zwar noch immer deutlich unterbewertet, aber was hilft schon ein positives Ergebnis (wie gestern vom Verbund und heute von Andritz), wenn die Anlegerwelt wieder einmal in Panikstimmung gerät.
Und eine solche ist derzeit gar nicht unwahrscheinlich - es herrscht wohl auch schon wieder zu lange Ruhe...
Kanditat Nr. 1 für große Unruhe ist wieder einmal Griechenland: Das (international gesehen) relativ kleine und daher unbedeutende Land wählt am Sonntag ein neues Parlament. So dort nicht Pasok und ND auf eine brauchbare Mehrheit kommen, ist das Abwinken weiterer Sparpakete im Juni sehr unwahrscheinlich. Der Rauswurf aus der Eurozone ist dann auch nicht mehr unwahrscheinlich (wiewohl dieser ohnehin schon längst hätte erfolgen sollen - wäre auch für Griechenland eine Möglichkeit für einen Neustart).
Noch immer ist in Griechenland kein Ende des Abwärtstrends zu sehen - die Bevölkerung ist zwar mehrheitlich für ein Beibehalten des Euros, ist aber durch die (wohl zu spät erfolgte) Sparpolitik derart verärgert, dass sie diesbezüglich für die Altparteien keine Stimmen mehr abgeben möchte. Chaos in Griechenland ist demnach nicht unwahrscheinlich und würde wohl auch die anderen Krisenländer (Spanien, Portugal, Italien etc.) wieder ins Trudeln bringen.
Spanien trudelt ohnehin auch schon mächtig - ob schlechter Zahlen (Budget, Arbeitslose etc.) könnten die Iberer der EU schon sehr bald Kopfzerbrechen machen. Und wird man dann auch bezüglich Italien wieder nervös (wo derzeit noch eher ruhig gearbeitet wird), ist wieder ein paar Monate die Kacke am Dampfen.
Trotz aktueller Ruhe: Die Staatsschuldenkrise Europas könnte schon sehr bald wieder für Negativschlagzeilen (und Panik an den Börsen) sorgen.
Nicht nur im Mai ("sell in may") - dies gilt wohl auch für die nächsten Jahre: Die Eurozone in dieser Form ist wohl nicht für die Ewigkeit konstruiert.
Ad hoc-Meldung - Mai 2011