Der umtriebige Baumeister Lugner bringt mit einer (voraussichtlichen) Klage gegen die Handelkette Spar das Thema "Ladenöffnungszeiten" wieder ans Licht der Öffentlichkeit. Im Focus Lugners steht die Sonntagsöffnung von Spar am Flughafen Wien, welche seiner Ansicht nach eine Benachteiligung für sein Einkaufszentrum bedeutet.
Richard Lugner handelt hier natürlich nicht als "edler Ritter für liberale Öffnungszeiten" - vielmehr steckt pures Eigeninteresse hinter den Ambitionen, ab und an auch am Sonntag aufsperren zu dürfen. Denn das Einkaufzentrum schneidet ja kräftig am Umsatz mit - ob es für die Geschäfte und Unternehmen in der Lugner City ob der hohen Personalkosten auch Sinn machen würde, Sonntags aufzusperren, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Während sich der vorhandene Umsatz wohl nur auf einen Tag mehr verteilen würde und sich die Zusatzerträge in vielen Geschäften wohl in Grenzen halten, würden die Fixkosten für die Mieter (insbesondere die Lohnkosten) deutlich steigern.
Der Kaufkraftabfluss durch relativ starre Öffnungszeiten hält sich nämlich schon wieder in Grenzen - die Einkaufstouren ins benachbarte Ausland (Ungarn, Tschechien, Slowakei, Slowenien etc.) sind wohl schon deutlich unattraktiver geworden als noch vor 10 oder 20 Jahren.
Einzig ein paar an Bahnhöfen oder Flughäfen positionierte Lebensmittelketten sowie mit Shops ausgestattete Tankstellen ziehen ein wenig Umsatz ab - ob das schon eine Reform der aktuellen Regelung verlangt, bleibt dahingestellt.
Aktuell dürfen Geschäfte von Montag bis Freitag von 6 bis 21 Uhr offenhalten. Am Samstag liegt die Bandbreite von 6 bis 18 Uhr - maximiert sind die Öffnungszeiten demnach mit maximal 72 Stunden pro Woche. Der Sonntag ist in Österreich im Handel nach wie vor heilig, sehr wohl existieren diesbezüglich aber Ausnahmeregelungen wie z.B. für Flughäfen oder Bahnhöfe.
Auch können die Öffnungszeiten von den Landeshauptleuten durch Verordnungen erweitert werden - bei "besonderem regionaler Bedarf" sind demnach auch Ausnahmegenehmigungen möglich, was in Gegenden mit viel Tourismus ab und an schon Sinn ergibt.
Für Tankstellen gibt es in Österreich spezielle Regeln, deren Einhaltung wohl nicht immer erfolgt: So darf zwischen 21 und 6 Uhr nur "Reisebedarf" werden, welcher auf max. 80 m2 verstreut steht. Bei der Definition ist man in Österreich eher großzügig. Somit übernehmen Tankstellen teilweise auch eine "Greißlerfunktion" - das funktioniert aber auch nur dort, wo ein wenig in den Ausbau der Shops investiert würde.
Die aktuelle Gesetzgebung in Österreich macht derzeit aber durchaus Sinn - wiewohl man für reine Familienbetriebe (also ohne Angestellte, die ohnehin im Handel mit Billigstlöhnen und Teilzeitarbeit abgespeist werden) durchaus noch ein wenig liberalisieren könnte. Das würde das Aussterben der Nahversorger zumindest etwas abbremsen.
Fast schon Heiteres (wenn es nicht so skurril wäre) gibt es derzeit in Bayern rund um die Einhaltung der Ladenöffnungszeiten bei Tankstellen.
Gastwirten (also die bayrische "Wirtschaft") und dem Lebensmittelhandel dürfte der steigende Umsatz an Tankstellen ein Dorn im Auge gewesen sein - somit ist seit Abfang September eine seltsame Verordnung (in Bayern heißt das "Vollzugshinweis") in Kraft, welche besagt, dass nach 20 Uhr aus dem Tankstellenshops nur kleinere Mengen an Lebensmitteln bzw. Genussmitteln an REISENDE verkauft werden dürfen.
Als Reisende gelten hier aber nur Kraftfahrer (Autofahrer, Motorradfahrer etc.) sowie deren Passagiere - und genau hier wird es grotesk:
Fußgänger oder Radfahrer dürfen demnach keine Einkäufe mehr tätigen - während sich die Kraftfahrer und deren Beifahrer kräftig an der Tankstelle (bzw. auch danach) mit Alkohol & Co. eindecken können. Nur wer mit dem Auto oder Motorrad zur Tankstelle kommt, darf auch dort im Shop einkaufen.
Wie das in der Praxis exekutiert werden soll, bleibt offen (die Polizei wird hier wohl auch in Bayern keine Lust haben, an der Tankstellenkasse zu lauern) - dass Tankstellenbetreiber pausenlos fragen bzw. prüfen sollen, ob man eh mit dem KFZ da ist, ist eher eine Zumutung. Und wo steht, dass man nicht um die Ecke sein Auto geparkt hat und gleich auf Reisen geht.
Alternative: Fahrrad stehen lassen und 100 Meter mit dem Auto zur Tankstelle fahren. Sehr geistreich...
Ein ziemlich satter Schreibtischtäter war hier wohl am Werk - man kann ziemlich sicher davon ausgehen, dass dieser "Vollzugshinweis" gerade in Bayern wieder unter die Räder kommt bzw. (auf gut "wienerisch") "ned amoi ignoriert" wird.
Ad hoc-Meldung - September 2012