Mit aktuell 85 Mitarbeitern, 196 Grünstrom-Kraftwerken im In- und Ausland sowie einer Jahresproduktion von 669.071 Megawattstunden zählt die W.E.B Windenergie AG aus dem niederösterreichischen Pfaffenschlag (Waldviertel) in Sachen Energiewende zu den wichtigsten Privatunternehmen (Aktiengesellschaft mit ca. 3.600 Aktionären) in Österreich.
Unser Interview-Ansuchen fand bei der W.E.B rasch Gehör (im Gegensatz zu dem einen oder anderem Unternehmen in der Branche, welches nicht einmal eine Antwort schaffte) - zügig und professionell hat der Leiter der W.E.B-Kommunikation, Herr Gerald Simon, die Geldmarie-Fragen beantwortet.
Das Interview mit der W.E.B Windenergie wurde via E-Mail geführt - dadurch wurden massiv CO2-Emissionen (für eine Autofahrt von Wien nach Pfaffenschlag) eingespart;-)
Geldmarie: Die W.E.B Windenergie gehört zu den wichtigsten privaten Stromproduzenten Österreichs und ist in den letzten Jahren wieder deutlich gewachsen. Wohin weht der Wind 2014 und in den nächsten Jahren? (was ist die großen Vorhaben/Pläne/Highlights)
W.E.B Windenergie, Gerald Simon: 2014 werden wir, nach Bekanntgabe der Beschlüsse der NÖ-Landesregierung, Mitte Mai, unverzüglich unsere Projekte in NÖ vorantreiben. Hier sind noch zahlreiche Genehmigungsverfahren und andere Dinge zu absolvieren, bevor dann in den nächsten Jahren gebaut werden kann. Außerdem wird in Kanada, Frankreich und Deutschland fleißig weiter projektiert. Momentan haben wir für die nächsten Jahre ungefähr 500 MW in der Projektpipeline, von denen ungefähr 300 MW realistisch ihrer Umsetzung harren. Auch unsere Photovoltaik-Abteilung ist diesbezüglich gut unterwegs.
GM: Das Konzernergebnis lag 2012 bei 6,4 Mio. Euro und wurde in den Vorjahren immer verbessert. Darf man sich als Aktionär auch auf 2013 freuen?
W.E.B: Man darf sich grundsätzlich als W.E.B-Aktionär auf jedes Jahresergebnis freuen. Das Konzernergebnis liegt für 2013 noch nicht vor, aber trotz eines eher schlechteren Windjahres konnte die Stromproduktion gegenüber 2012 weiter gesteigert werden. Soviel kann man bereits sagen.
GM: Derzeit liegt die Stromproduktion bei ca. 669 GWh - ab wann könnte diese in vollen Terrawatt angegeben werden?
W.E.B: Hier eine konkrete Aussage zu treffen, käme Kaffeesudlesen gleich. Es hängt sehr viel von den jeweiligen politischen und anderen Rahmenbedingungen ab, wie sich die Dinge weiterentwickeln. Aber wenn es uns wirklich gelingt in den nächsten Jahren noch 300 MW umzusetzen, so ist dieser Tag zumindest schon in Sichtweite.
GM: Im Testbetrieb wird derzeit schon an Aktionäre des Unternehmens (320 Teilnehmer bisweilen) Strom verkauft - ist ein Einstieg in den Stromvertrieb schon absehbar?
W.E.B: Es handelt sich hier um keinen Testbetrieb. Wir sind bereits voll im Stromvertrieb, von der Ummeldung bis zur Verrechnung.
GM: Nachdem die W.E.B primär Windkraftwerke errichtet und betreibt, ist man von der NÖ-Zonenverordnung wohl stark betroffen. Was hält man von dieser in der Alternativenergiebranche stark kritisierten Verordnung?
W.E.B: Wir haben hier einen pragmatischen Zugang, wenn sich Gegner und Betreiber gleichermaßen über den Zonierungsplan aufregen, dann kann die Landesregierung nicht alles falsch gemacht haben. Man muss jetzt die endgültigen Beschlüsse abwarten. Über den Vorschlag, der nun momentan auf dem Tisch liegt, sind wir nicht überglücklich, weil wir natürlich Projekte verlieren, aber wir könnten damit leben.
GM: Der Widerstand gegen Windkraftwerke im eigenen Wohnumfeld ist zuletzt gestiegen (daraus resultiert wohl auch die politisch motivierte Zonenverordnung in NÖ) - mit welchen Argumenten (außer dem Florianiprinzip) sieht man sich hier bei den vielen Informationsveranstaltungen hauptsächlich konfrontiert und wie begegnet man diesen?
W.E.B: Leider sind die meisten Gegenargumente, von Infraschall bis Eisabwurf, meist schlecht recherchiert und maximal Halbwahrheiten. In letzter Konsequenz bleibt es eine Frage der Ästhetik und über Schönheit kann man ja bekanntlicherweise nicht streiten. Unsere Gesellschaft muss die Frage diskutieren, wie künftige Generationen ihren Strom erzeugen wollen. Bezeichnenderweise ist die Zustimmung für Windkraft in jenen Regionen am größten, in denen bereits Windparks stehen. Hier leben die Menschen mit dieser Technologie und sind weder vom Eis erschlagen worden, noch vom Infraschall verrückt geworden. Windkraft hat nach letzten Studien immer noch 70 bis 80% Zustimmung in der Bevölkerung. Wir müssen aufpassen, dass ein paar Laute nicht über die Energiezukunft der vielen, vielen Leisen bestimmen.
GM: Die Strompreise am Sportmarkt sind im Keller - zumeist unter 40 Euro/MWh, an windstarken, warmen Tagen sogar leicht negativ. Während Ökostromerzeuger aufgrund der garantierten Einspeisetarif aktuell zumeist gute Zahlen schreiben, haben die "großen" Landesversorger bzw. der Verbund gröbere Sorgen. Früher oder später laufen auch bei der W.E.B einige Kraftwerke "aus der Förderung" und die Abhängigkeit vor ausreichenden Einspeisetarifen ist evident. Wie kann man hier seitens W.E.B gegensteuern?
W.E.B: Bei der W.E.B sind bereits Kraftwerke aus der Förderung gelaufen. Das Geheimnis ist harte und konsequente Arbeit an der technischen Verfügbarkeit, wo die W.E.B Jahr für Jahr neue Branchenbenchmarks setzt. Es ist nicht egal, ob die Anlagen 95 oder 96% der Zeit bereit sind Strom zu erzeugen. Unterschiede im Zehntelprozentbereich haben sechsstellige Auswirkungen auf den Umsatz. Wir sind überzeugt davon, unsere Kraftwerke auch nach der Förderperiode wirtschaftlich betreiben zu können. Ein zweiter Ansatz ist unser W.E.B-Grünstrom. Hier verwenden wir den Strom aus unseren ungeförderten Anlagen. Damit können wir Strom über dem Marktpreis verkaufen und der Grünstromkunde profitiert von einem für ihn günstigen Stromtarif.
GM: Die W.E.B hat auch im Ausland viele Windkraftwerke (z.B. Deutschland, Frankreich, neuerdings sogar in Kanada) - wo (im Ausland) ist das Errichten von Windkraftwerken derzeit besonders attraktiv?
W.E.B: Mir persönlich gefällt der Ansatz in der kanadischen Provinz Nova Scotia sehr gut. Dort sind Einspeisetarife und -volumen an Bürgerbeteiligung und Grundlasten gekoppelt. Der erzeugte Strom wird ins Verteilnetz und nicht ins Transportnetz eingespeist. Das bedeutet, dass der Strom auch physikalisch dort verbraucht wird, wo er erzeugt wird. Ein Modell, dass unsere Vorstellungen einer dezentralen Energiewende mit hoher Bürgerbeteiligung, ziemlich genau wiederspiegelt.
GM: Die Aktien und Anleihen der W.E.B. fanden in den letzten Jahren reißenden Absatz. Sind aktuell weitere Kapitalmaßnahmen in Sicht?
W.E.B: Die W.E.B begibt immer dann Kapitalmaßnahmen, wenn Projekte vor der Umsetzung stehen. Nachdem wir durch den Widmungsstopp in NÖ in unseren Planungen um mindestens eineinhalb Jahre zurückgeworfen wurden, wird es 2014 keine Kapitalmaßnahmen geben. Wir sind aber bereits dabei, wieder innovative Möglichkeiten für 2015 zu prüfen.
GM: Die W.E.B. engagiert sich immer wieder für Elektromobilität. Wie ist die E-Tankstelle in Pfaffenschlag derzeit ausgelastet?
W.E.B: An unserer E-Ladestelle „laben“ sich noch vorzugsweise unsere eigenen E-Autos, ein Opel Ampera, eine Renault Zoe und ein BMW i3, im Sommer auch zwei elektrische Kleinmotorräder. Momentan läuft ein Mitarbeiter-Testprogramm, wo Erfahrungen mit der Alltagstauglichkeit der Elektromobile gesammelt werden. Aufgrund dieser Erfahrungen kann sich durchaus ein neues Geschäftsmodell für die W.E.B entwickeln. Unter dem Motto „von den Windrädern in die Autoräder“ denken wir darüber nach, wie wir mit unserem W.E.B-Grünstrom die Menschen in den Ballungszentren Wien, St.Pölten und Linz mit den Menschen in den ländlichen Gebieten elektrisch verbinden können. Lassen Sie sich überraschen!
Die Geldmarie bedankt sich bei Gerald Simon und der W.E.B für die interessanten Ausführungen! Mögen auch die leisen Stimmen bei der Energiewende gehört werden.
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - März 2014