Die junge Ö3-Moderatorin Elke Lichtenegger hat einen schweren Fehler begangen und eine unbedachte, despektierliche Aussage gegenüber der heimischen Musikszene gemacht. Kurz erklärt (wer es noch nicht gehört oder gelesen hat): Im Rahmen eines Interviews wollte Elke Lichtenegger im Stile des halblustigen Senders Ö3 heiter sein und gab eine kleine Story zum Besten, in welcher sie sich im Studio von "Irgendsoeiner österreichischen, vollkommen unbekannten Band" durch Lärm gestört fühlte. Der Witz dabei sollte sein: Es waren die derzeit sehr erfolgreichen "Imagine Dragons", die sich da warmgesungen haben - und nicht (wie sehr abwertend angenommen) eine heimische Lärmband...
Die wohl etwas naive Erlebniserzählung der noch recht jungen Dame (die allerdings einen Job in der Öffentlichkeit hat und sich bei Interviews dieses Umstandes bewusst sein sollte) brachte nun eine längst fällige Diskussion um die Wertigkeit der heimischen Musik im Gange - ein längst stark belastetes Ventil ist damit explosionsartig geplatzt und hat die Dimension eines sogenannten "Shitstorms" (im Internet) erreicht.
Alleine dafür sollte man Elke Lichtenegger eigentlich dankbar sein - scheinbar sprach sie endlich aus, was man bei Ö3 so über die österreichischen Musiker denkt. Vermutet hat man es seitens Musikszene und Musikindustrie ohnehin schon immer - jetzt ist es bestätigt und da können sich Ö3-Verantwortliche winden, wie sie wollen.
Tatsache ist nämlich: Ö3 hat die heimische Musik ziemlich massiv aus dem "zeitgenössischen Lalala-Musik-Programm" gestrichen - Austropop bzw. die heimische Musikszene von gestern, heute und morgen ist für den "Staatssender" einfach "uncool". Darf man aktuell präsentierten Vergleichen trauen, ist Ö3 in Sachen heimischer Musik europaweit sogar ganz hinten.
Statt Oliver Baier, Martin Blumenau, Peter Rapp oder Gotthard Rieger sind nur die Kratkys oder Lichteneggers am Ruder - die Quote ist zwar noch halbwegs brauchbar, der Inhalt aber schon lange nicht mehr.
So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass auch im ORF schon lange keine Musiksendung bzw. Jugendsendung mehr läuft, die diesen Namen verdient. Auf Ö3 wird nur noch internationaler Einheitsbrei gespielt - junge Talente haben gerade noch Chancen, wenn sie den Eigenformaten ("Starmania", "Helden von Morgen", "Die große Chance" oder Bandwettbewerben) entspingen und man damit auch ein paar Cent der Einnahmen lukrieren kann. Sind diese Verträge mit den Castingstars beendet, hört man genau nichts mehr. "Musikexpertin" Zabine bei der "Großen Chance" sagt wohl schon einiges...
Selbst der "Amadeus-Award" (für heimische Musiker) wurde inzwischen schon an Privatsender abgegeben - vielleicht waren auch die ständigen Hilferufe der heimischen Musikszenerie (Hubert von Goisern, Wolfgang Ambros & Co.) bezüglich Radioeinsatz zu lästig. Kritikfähigkeit war die die Stärke von Ö3.
Es muss ja auch nicht Schlager und Volksmusik a la DJ Ötzi oder Andreas Gabalier sein (der in Regionalradios gut aufgehoben ist und sich nach wie vor sehr gut verkauft) - auch Musik von Udo Jürgens oder Peter Alexander entspricht selten dem Bildungsauftrag - heimische Bands und Musiker der Spitzenkasse gibt (und gab) es nämlich erstaunlicherweise in Hülle und Fülle. Nur Ö3 hat nichts davon gemerkt. Ein paar Beispiele gefällig?
Attwenger, Bauchklang, Boris Bukowski, Count Basic, Birgit Denk, Georg Danzer (nicht immer nur die alten Hits!), Thomas David (das derzeitige Vorzeigeprojekt des ORF), 5/8erl in Ehr'n, Ja Panik, Kreisky, Left Boy, Sigi Maron, Ernst Molden, Naked Lunch, Nino aus Wien, alte Opus-Nummern, Kurt Ostbahn alt und neu, RAF Camora, Steaming Satellites, Son of a velvet rat, Texta, Hans Theessink, Hubert von Goisern oder auch die schon fast vergessene Worried Men Skiffle Group. Und noch viele, viele mehr - da kann man schon ein paar Tage wirklich gute Musik zusammenstellen und die Klassiker Falco, Ambros, Cornelius, Lang oder Fendrich wurden hier gar noch nicht erwähnt...
Keine Angst (fällt mir da gleich beim Stichwort Hansi Lang ein), Ö3 - viel schlechter kann es ohnehin kaum mehr werden. Vielleicht bringt ja der unüberlegte Sager der Elke Lichtenegger sogar eine Trendwende beim selbstverliebten Sender.
Und lieber Armin Wolf: Es ist zwar nett, einer jungen Kollegin zur Seite zu stehen - aber wenn man dies tut, sollte man sich in der Materie auch ein wenig einlesen - das tut der gute Armin nämlich hier ausnahmsweise nicht, der hat genug mit inkompetenten Politikern zu tun und sollte sich mit unbedachten Rülpsern eigentlich gut auskennen...
Ad hoc-Meldung - April 2014