Der heute von E-Control-Vorstand Martin Graf veröffentlichte Stromkennzeichnungsbericht 2013 veranlasste schon in den frühen Morgenstunden Wirtschafts- und Energieminister Reinholf Mitterlehner zu einer Jubelmeldung, deren Inhalt man getrost verkürzen kann: Mehr Grünstrom, mehr Wettbewerb.
Gut und schön - tatsächlich ist der Anteil der erneuerbaren Energien im Vorjahr von 74,5% auf starke 78,6% gestiegen, eine Bilanz, die durchaus erfreulich ist. Insbesondere der Ausbau der Windenergie und der Photovoltaik aber auch der nach wie vor sehr hohe Anteil von Wasserkraft in Österreich machten Österreich bei der Stromproduktion ein wenig unabhängiger von fossilen Energieträgern (nur 14,4% im Vorjahr).
Der Jubel über einen "graustromfreien Haushaltsstrom" ist aber weniger angebracht. 6,8% Graustrom (nach 7,2% im Jahr davor) wurden 2013 seitens E-Control erfasst - darin verbirgt sich rechnerisch ein Anteil von 37,47% Atomenergie, was immerhin noch 2,55% des Gesamtvolumens sind.
Und was machen die Unternehmen mit dem Graustrom: Sie geben diesen ganz einfach das Mascherl "Strom für Industriekunden" - und schon ist der böse Atomstrom in den Haushalten weg - so einfach geht das...
Der Vorstand der oekostrom AG, Horst Ebner, lässt sich da nicht so einfach durch Zahlenmanipulationen und Zertifikatzukäufe täuschen: "Wer die Werbung der diversen Stromanbieter verfolgt, könnte meinen, solch eine grüne Stromkennzeichnung sei im Grunde nichts Besonderes mehr. Ein Blick in die Tiefe zeigt aber ein anderes Bild", so Ebner in einer Presseaussendung nach Präsentation und Jubel über die neuen Daten.
Die Stromkennzeichnung ist nur ein Strommix des jeweiligen Anbieters, die Konzernstruktur dahinter sollte jedoch auch beachtet bzw. betrachtet werden: "Es gibt Lieferanten, die den Strom nach dem Motto 'die saubere Energie für die Haushalte und die dreckige für die Industrie' verteilen", führt Ebner weiter aus.
Einfaches Rezept: Man gründe eine Tochtergesellschaft - sauberer Strom ab in diese Tochtergesellschaften, Dreckstrom in die Muttergesellschaft, welche diesen dann billig an die Industrie verkauft.
"Im Sinne der Transparenz und um Konsumenten mühsame Recherchen in den Tiefen diverser Unternehmenswebsites zu ersparen, sollte eine Stromkennzeichnung für verbundene Unternehmen, also für Konzerne, eingeführt werden. Mit der Gesamtbilanzierung aller Strommengen aller Konzerngesellschaften würden wohl so manchem Konsumenten die Augen geöffnet werden", so Ebner.
Nur wenige Gesellschaften schaffen wirklich 100% grünen Strom beim "echten" Stromcheck von Greenpeace (der heuer noch fehlt aber wohl folgen kommen wird): Zuletzt (2013) waren es nur die oekostrom AG und die AAE Naturstrom.
Wie es gehen sollte, zeigt die oekostrom AG: oekostrom bezieht den Strom für Kunden nur aus eigenen Kraftwerken und von unabhängigen österreichischen Ökostrom-Produzenten aus Windparks, Biomasseanlagen und Wasserkraftwerken sowie von mittlerweile mehr als 1.000 Photovoltaikanlagen von Partnern. Das immer noch oft betriebene Green-washing von Graustrom durch norwegische Wasserkraftzertifikate ist für die oekostrom AG ein absolutes no-go.
2,45% Sonnenenergie klingt zwar wenig, ist aber der höchste diesbezügliche Anteil in einem heimischen Strommix, 15,36% Windenergie sind ebenso ein Spitzenwert, 77,65% Wasserkraft ist naturgemäß der größte Anteil, 3,51% Biomasse sind auch kaum woanders zu finden und 1,03% entfallen auf sonstige Ökoenergien. In Summe: 100% wirklich grüner Strom und keine Verarschung.
Lassen Sie sich also nicht durch Verschiebungen des Graustroms im Konzern bzw. an die Industrie sowie durch "Zertifikatsreinwäscherei" täuschen - die Richtung passt zwar, der Jubel sollte aber deutlich verhaltener ausfallen.
Geldmarie-Linktipps:
Ad hoc-Meldung - September 2014