Die Parallelen der europäischen Zinslandschaft mit den historischen Entwicklungen in Japan sind schon seit längerer Zeit nicht zu übersehen: Europa folgte Japan gleich nach Beginn der Finanzkrise (die ja immer noch anhält) in das "ewige" Zinsental.
Nach langem Aufschwung in den 1980ern fiel Japan durch eine Immobilienblase anno 1989 in eine Dauerrezession. Hohe Staatsverschuldung (derzeit bei ca. 244% des BIP Japans), niedrige Zinsen, weniger Industrieproduktion etc. ließen den einstigen Tigerstaat Japan zu einem müden Elefanten werden - Europa hat indes den gleichen Weg eingeschlagen:
Niedrige Leitzinsen zwecks Konjunkturbelebung, welche allerdings nicht via Kreditvergabe bei Privaten oder Unternehmen ankommen (schrumpfende Kreditvergabe), niedrige Renditen von Staatsanleihen (10-jährige Anleihen von Topschuldnern wie Deutschland oder Österreich mit ca. 1% Zinsen), Deflation in mehreren Ländern (insbesondere von Staaten mit hohen Schulden), kaum Wirtschaftswachstum in den meisten Ländern der Eurozone, Abwanderung von Industriebetrieben in die USA oder nach Asien, hohe Arbeitslosigkeit (zuletzt in Europa glücklicherweise leicht sinkend), eine alternde Gesellschaft mit hohem Aufwand für Sozialleistungen etc. - das alles sind Zeichen, dass Europa in Sachen Zinsen der Entwicklung von Japan folgen wird bzw. muss.
In Japan gibt es nunmehr schon ca. 2 Jahrzehnte niedrige Zinsen (was in den Jahren noch zu vielen Yen-Fremdwährungskrediten geführt hat) und kaum Wirtschaftswachstum - auch in der Eurozone sinken die Zinsen schon seit Beginn der Finanzkrise und ein Ende ist nicht wirklich absehbar.
In Japan sind die Leitzinsen seit vielen Jahren auf Null bzw. knapp darüber - auch in der Eurozone gelten momentan Leitzinsen von 0,05%. Während man in den USA (wo Geld nach Ausbruch der Finanzkrise sehr rasch verbilligt wurde) nunmehr schon wieder zarte Wachstumspflänzchen sieht, muss man in Europa die gerade noch positiven Prognosen nach unten revidieren.
Damit dreht sich auch der Teufelskreis gleich weiter: Weniger Investitionen, weniger Wirtschaftswachstum, weniger Steuereinnahmen, kein Turn-Around bei der fast überall ausufernden Staatsverschuldung.
Wiewohl man in Europa von den 244% Japans (die die letzten Jahre ziemlich konstant geblieben sind) noch weit entfernt ist (einzig Griechenland ist mit ca. 175% den Japanern auf den Fersen, arbeitet aber gerade hart an der Trendwende): Viele Hausaufgaben wurden immer noch nicht erledigt und wichtige Länder der Eurozone (Italien, Frankreich oder Spanien) haben immer noch keine Rezepte gegen den drohenden Staatsbankrott gefunden.
Gerade die Schieflage der Staatsfinanzen in Europa wird wohl auch in den nächsten Jahren Thema sein - solange die Staatshaushalte nicht im Griff sind, ist brauchbares Wirtschaftswachstum (z.B. 3% oder mehr) in Europa reine Fantasie.
Die alte Regel "Rauf und Runter" bei den Zinsen greift in Europa nicht mehr - wir dürfen uns demnach in den nächsten Jahren (oder vielleicht sogar Jahrzehnten) auf eine Niedrigzinsphase einstellen. Jene, die heute schon einen Kredit rückführen müssen, wird das wohl freuen - alle, die Kredite für Investitionen oder sichere und ertragreiche Sparformen suchen, werden sich auf ein langes Zinsentief einstellen müssen.
Seitens Politik sind kaum brauchbare Gegenmaßnahmen zu erwarten: Die meisten Regierungen wagen sich ob dünner Mehrheiten und Angst vor Machtverlust nicht an echte Reformen (gerade in Österreich schwer notwendig) - der Erhalt des Status Quo geht vor Zukunftsperspektiven für die kommenden Generationen. Leider. Ad hoc-Meldung - November 2014