SPÖ und ÖVP haben in den letzten Tagen ihre Pläne für die Steuerreform 2015/2016 vorgelegt (ein genaues Datum für die Gültigkeit ist noch nicht in Sicht) und dabei natürlich nicht auf das übliche Hickhack vergessen, welches die Koalition schon seit längerer Zeit ziemlich unpopulär macht. Gäbe es dieser Tage Neuwahlen, liefe derzeit sogar die "große Koalition" in Gefahr, die Mehrheit zu verpassen und mit einiger Sicherheit wäre die FPÖ Nr. 1 im Lande.
Scheitert in den kommenden Monaten die Einigung auf eine gemeinsame Steuerreform, sind 2015 ohnehin Neuwahlen in Österreich angesagt - das dürfte sogar schon bis zu den Parteistrategen vorgedrungen sein.
Die Koalition ist somit fast verdammt, eine halbwegs brauchbare Steuerreform auf den Tisch zu legen - und das wird jedenfalls keine leichte Übung.
Keine großen Kämpfe wird es zwischen ÖVP und SPÖ wohl geben, wenn es um das Gesamtvolumen der Entlastungen via Lohnsteuer bzw. Einkommensteuer gibt: Zwischen 5 (ÖVP) und 6 Milliarden (SPÖ) Entlastungsvolumen sollen es für die Steuerzahler Österreichs vorerst werden, die ÖVP würde im Zuge einer (notwendigen) Pensionsreform 2019/2020 noch 2 Milliarden drauflegen.
Auch bei den Lohnstufen sollte man sehr rasch eine Einigung finden (idealerweise in der Mitte) - die SPÖ ist (wenig überraschend) im Niedriglohnsegment etwas großzügiger, die ÖVP bevorzugt leicht die Besserverdiener. Das SPÖ-Modell weist 6 Stufen aus, die ÖVP kommt mit 5 Stufen aus - derzeit gelten nur 3 Lohnsteuerstufen (11.000 bis 25.000 Euro, 25.000 bis 60.000 Euro und über 60.000 Euro). Ob 5 oder 6 Stufen - der Ansatz beider Parteien ist mit Sicherheit in Ordnung.
Wirklich schwierig wird es aber bei der Gegenfinanzierung der Steuersenkung. Während die SPÖ traditionell neue Steuern erfindet bzw. wiederbeleben will (Erbschafts- und Vermögenssteuer), möchte die ÖVP primär Ausgaben reduzieren.
2 Milliarden pro Jahr erwartet sich die SPÖ von einer Millionärsabgabe (1,5 Mrd.) und einer Erbschafts- und Schenkungssteuer (0,5 Mrd.) - wobei insbesondere die Millionärsabgabe mit sehr vielen Fragezeigen versehen ist und bei der ÖVP wohl kaum durchgeht.
Bei der Steuerbetrugsbekämpfung sind sich VP und SP einig: 1 Milliarde möchte man hier reinholen. Warum man das nicht schon jetzt macht, ist wohl zu hinterfragen (wiewohl das Volumen sehr realistisch erscheint) - schwerere Strafen für Steuerdelikte und ein Aufstocken der Betriebsprüfer und Betrugsbekämpfer wären wohl ein Schritt, den kaum jemand negativ sieht. Dass hier aber rasch eine Milliarde locker wird, darf man wohl bezweifeln...
Bei Verwaltung, Finanzausgleich und Förderung wollen beide Parteien sparen: 1 Milliarde die SPÖ, 2 Milliarden die ÖVP. Als gelernter Österreicher weiß man aber: Ohne große Reformen (die die beiden Parteien mit ihren fetten Vorfeldorganisationen niemals schaffen!) sind da wohl gerade ein paar Millionen drin.
0,83 bzw. 0,9 Milliarden erwarten sich die geschrumpften Großparteien von der Streichung von Steuerausnahmen - wenn es sich hier um die teilweise Erhöhung der Mehrwertsteuer von 11% auf 20% handelt (zuletzt ohne großes Murren der Parteien besprochen), handelt es sich klar um eine Umverteilung bzw. Steuererhöhung, mit der man den Steuerzahlung dann eine Steuersenkung verkaufen will.
Auch der letzte große (gemeinsame) Posten ist äußerst diffus: 1,0 bzw. 0,9 Mrd. sollen durch "Selbtfinanzierung" (also durch mehr Konsum durch freiwerdendes Geld) hereinkommen - Wirtschaftsexperten können diese Milchmädchenrechnung wohl kaum bestätigen.
In Summe betrachtet: Fast sämtliche Vorstellungen beider Parteien zur Gegenfinanzierung sind entweder nicht gesichert oder unseriös - und werden das Budgetdefizit wohl weiterhin hoch ausfallen lassen.
Man will (muss) die Steuertarife zwar senken, einzig die Gegenfinanzierung ist (nach derzeitigen Ideen) völlig unklar.
Was die Geldmarie vorschlägt?
Beide Parteien müssen gewaltig über ihre langen Schatten springen und nicht nur über eine Steuerreform sondern auch über eine Strukturreform sprechen. Bildung, Gesundheit, Pensionen etc. kosten in Österreich (im europäischen Vergleich) viel zu viel Geld - fast überall haben wir hier das teuerste, aber selten das Beste System.
Eine Steuerreform sollte auch unbedingt eine Abfederung der "kalten Progression" mit sich bringen - z.B. steigt die Inflation in einem Beobachtungszeitraum um 10%, werden auch die Tarifstufen um 10% angehoben. Damit muss man nicht schon wieder in wenigen Jahren die nächste Lohnsteuerstufenreform diskutieren.
Wiewohl der Geldmarie Steuer auf bereits versteuerte Gelder bzw. Eigentum prinzipiell schwer zuwider sind, gibt es für eine Erbschafts- und Schenkungssteuer auch gute Argumente. Gerade aktuell kommt die oft reiche "Aufbaugeneration" (die uns jetzt via oft hohen Pensionen, die sie in Summe nicht eingezahlt hat, kräftig in der Tasche liegt) ins gefährliche Alter - und beim Erben kann man ja sehr oft fragen "Wo woa mei Leistung" (wenngleich einige Erben sich das Erbe auch wirklich hart verdienen müssen).
Eine Pensionsreform wäre ohnehin schon wieder längst notwendig - und zwar nicht nur für die jetzt arbeitenden Menschen, deren Pensionsantrittsalter tatsächlich laufend an die Lebenserwartung angepasst werden müsste. Opa und Oma werden es schon verstehen (wenn man es ihnen intelligent vorrechnet), dass sie den Kindern und Enkeln zu schwer auf den Taschen liegen. Schön, dass sie mittlerweile so alt werden - finanziell müssen aber auch die mittleren und hohen Pensionen einen deutlich höheren Beitrag zur Zukunftssicherung leisten. Die Wahrheit ist auch den alten Menschen zumutbar.
Symbolisch sollte auch die Politik einige deutliche Zeichen setzen und die Verwaltung verschlanken (Bundesrat weg, diverse Räte und Versammlungen verkleinern, unnötige Versorgungsposten abschaffen) bzw. weniger Förderungen (Europaspitze!) einstreifen.
Ein einfacher "Dauerbrenner" auf den sich beide Parteien argumentativ einigen könnten: Die Grundsteuer (im Prinzip auch keine Lieblingssteuer der Geldmarie), welche seit vielen Jahren nicht erhöht wurde und gut und gerne 0,5 bis 1 Milliarde sofort bringen könnte. Auch eine Indexierung wäre hier wohl angebracht.
Auch der Dauerbrenner Mineralölsteuer bzw. die Tabaksteuer haben noch Raum nach oben - gerade jetzt, wo der Ölpreis massiv schwächelt, wäre es ein guter Zeitpunkt, ein paar Cent auf fossile Energieträger draufzuschmeißen. Ja, das sagt Raucher und Autofahrer Geldmarie - manchmal muss man eben über seinen langen Schatten springen.
Dass dies ÖVP und SPÖ gelingt, darf naturgemäß bezweifelt werden - ein schlechter Kompromiss (mit dubioser Gegenfinanzierung) erscheint derzeit sehr wahrscheinlich.
Ad hoc-Meldung - Dezember 2014