Vor ca. 2 Wochen haben wir über ein für viele sehr interessantes Crowdfunding berichtet, in welchem die oekostrom AG über 1000x1000.at über simon: Ökostrom für alle berichtet. Für alle, die ein wenig grünen Strom via Photovoltaik selbst herstellen wollen, ein attraktives (primär ob der Möglichkeit und des "Grüngedankens", weniger ob der Gewinnerwartung) und leistbares Produkt, welches sich die Geldmarie ebenso kaufen wird.
Schon sehr bald nach dem Start des Fundings (1.000 Stück sollen zum Start produziert werden, mehr als 20% sind davon schon vorreserviert) war im Facebook-Forum der oekostrom AG aber ein Gottfried Rotter seitens Innung der Elektrotechniker am "kampfposten": Mit "Liebe Freunde von Ökostrom - Wie wir Euch schon persönlich mitgeteilt haben, darf das Ding in Österreich nicht so angeschlossen werden. Bitte seriös bleiben!!! Eure Elektroinnung" startete eine Vielzahl von Postings, die auf eine Meinungsunterschiede zwischen Elektroinnung und oekostrom AG hinwies.
Nachdem solche Diskussionen in sozialen Medien in der Regel zu nichts führen (das kann man auf Facebook im Account der oekostrom AG nachlesen), hat sich die Geldmarie an den Verfasser der Beiträge gewandt: Ing. Mag. Gottfried Rotter von der Innung der Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker.
Fragen der Geldmarie und Antworten von Herrn Rotter seien hiermit dargestellt - die oekostrom AG wird nunmehr eingeladen, ihre Sicht der Dinge darzustellen:
1. Nach Gesprächen mit neutralen Fachleuten ist für mich als interessierter Laie (mit Photovoltaikanlage auf dem Dach) nach wie vor völlig unverständlich, warum sich die Innung (bzw. Sie als Innungsvertreter) so massiv gegen ein Gerät ausspricht, welches maximal 150 Watt in den Stromkreislauf bringt und damit zumeist nicht einmal den Grundverbrauch (Standby, Kühlschrank, Wecker etc.) produziert. Wo orten Sie (bei bis max. 3 Geräten = 450 Watt max.) konkret Gefahr? Bitte hier um eine einfache und (für Laien) verständliche Erklärung.
2. Die Branche der Elektrotechniker profitiert schon seit Jahren massiv von Photovoltaik. Warum mischt sich ein WKO-Vertreter derart intensiv bzw. negativ in die Öffentlichkeitsarbeit eines Unternehmens (oekostrom AG) ein? Waren Kommunikation und Gespräche mit der oekostrom AG nicht konstruktiv?
3. Dezentrale Energieversorgung (von der auch Elektriker profitieren) gehört in Europa eindeutig die Zukunft - "simon" ist hier nur ein kleiner Tropfen im anschwellendem Bach und ein innovativer Versuch, die vorhandene Nachfrage nach individuellen Kleinlösungen zu befriedigen. Wäre es nicht auch in Österreich an der Zeit, zeitgerecht mit der Zeit zu gehen? Z.B. in der Schweiz oder in den Niederlanden sind ähnliche Anlagen kein Problem - der Laie versteht hier absolut nicht, warum das in Österreich eines sein sollte - bitte hier um Erklärung, warum das in Österreich z.B. gefährlicher sein soll, als in der Schweiz???
4. Was würde die Innung an der bestehenden (äußerst interpretierbaren bzw. unklaren) Gesetzeslage ändern?
5. Gibt es schon eine diesbezügliche Presseaussendung der Innung?
Die Herrn von Ökostrom, auch Herr Simon, waren bei uns in der Bundesinnung und haben uns diese Idee vor ca 1 Jahr vorgestellt. Unser Normenexperte, der Bundesinnungsmeister, der Geschäftsführer der Bundesinnung und meine Wenigkeit waren dabei anwesend.
In diesem Gespräch haben wir genau erklärt, warum Österreich nicht die Schweiz ist, und worin das Problem bei diesen Anlagen liegt. Dazu haben wir auf der WKO Seite auch eine Veröffentlichung dazu gemacht. Ebenso hat das "Kuratorium für Elektrotechnik", dessen Präsident unser Normenvorsitzender ist, ein Rundschreiben herausgebracht, in welchem genau diese Problematik erklärt wurde. Siehe Link 1.
Wider besseren Wissens, hat sich nun Ökostrom entschlossen, die Gefährdung der Bevölkerung bewusst in Kauf zu nehmen, OHNE weiters aufklärend zu wirken. DAS kreide ich den Herrn dabei an. Man tut so wie wenn alles OK wäre und jeder nur das Panel kaufen müsste und es schon anstecken darf. JA - man kann es verkaufen. NEIN es ist nicht betriebssicher zu betrieben, nur weil ein Schukostecker oben ist.
Ja - in die Branche der Elektrotechnik gehört die PV und wir propagieren diese natürlich auch. Als Beispiel sei hier nur www.e-systeme.at genannt, oder alle Beiträge in Funk und Fernsehen. (Radio Arabella, ORF heute konkret, ATV-Pfusch am Bau, ...) Am Freitag um 18:30 können Sie gerne in ORF 2 die Sendung über das energieautonome Haus sehen.
Aber die Stromerzeugung gehört nicht in die Hände von Laien. Sie missbrauchen dabei ja eine Verbindung, welche von A nach B geprüft wurde, plötzlich in die andere Richtung (nun mal ganz einfach erklärt). Sie propagieren ja auch hoffentlich nicht den Selbstaustausch von FI-Schutzschaltern durch Laien.
Wir haben zu diesem Thema "steckerfertige PV-Anlagen" mit dem BMWFW auch einige Sitzungen abgehalten und Korrespondenz geführt. Anbei übermittle ich hiermit die Zusammenfassung der Bedingungen, nach denen aus Sicht des BMWFW eine steckerfertige Anlage akzeptiert werden kann, deren Verkauf an einen elektrotechnischen Laien erfolgt, der die Anlage in seiner Einzelverbraucheranlage verwenden will:
1. Die PV-Anlage ist mit einer Sondersteckvorrichtung ausgestattet, bei der im ausgesteckten Zustand weder am Stecker noch an der Steckdose ein spannungsführender Teil berührbar ist (siehe z.B. Steckvorrichtungen, die in elektrotechnischen Labors verwendet werden).
2. Die in der Einzelverbraucheranlage befindliche Steckdose, an der die PV-Anlage angesteckt wird, ist mit einer Stichleitung direkt (ohne Abzweig) mit dem Anschlusspunkt der Einzelverbraucheranlage (vor deren Schutzeinrichtungen) verbunden.
3. Die Stichleitung ist beidseitig mit Leitungsschutzschaltern der leitungsgemäßen Auslegung abgesichert und Einrichtungen für den Fehler- und den Zusatzschutz sind vorhanden (ÖVE/ÖNORM E 8001-1 !!).
4. Der Anschlusspunkt befindet sich vor den Schutzeinrichtungen der Einzelverbraucheranlage.
5. Es ist sichergestellt, dass die Spannungstoleranzen der Nennspannung (230 V +/- 10%) am Anschlusspunkt eingehalten werden.
Ferner weist das BMWFW darauf hin, dass eine steckerfertige PV-Anlage, die mit Schuko- oder Euro-Flachstecker ausgestattet ist und daher durch den elektrotechnischen Laien an eine beliebige Schuko-Steckdose einer beliebigen Einzelverbraucheranlage angesteckt werden kann, derzeit als nicht zulässig angesehen wird.
Wenn obige Punkte von SIMON alle erfüllt werden, hat auch die Interessensvertretung kein Problem mit steckerfertigen PV-Modulen. Ansonsten ist der Anschluss von Simon ein Eingriff in eine geprüfte Anlage und hebt das Prüfzertifikat der Wohnung sofort auf.
So, das ist der Stand der Dinge. Ich hoffe ich habe umfassend geantwortet und Ihre Fragen damit geklärt.
Eine umfassende Antwort war es jedenfalls - danke dafür auch an dieser Stelle. Einzig so richtig klar war dem Laien (der Geldmarie - und vielleicht auch Ihnen, liebe Leser) noch immer nichts. So folgte Anfrage Nummer 2 der Geldmarie, welche wieder sehr rasch beantwortet wurde - das Thema dürfte jedenfalls bewegen...
1. Wird durch "simon" ein Gesetz gebrochen, wenn ja, welches? Oder handelt es sich nur um Empfehlungen seitens Innung bzw. KFE.
2. Lt. oekostrom AG-Aussagen bzw. Gutachten (welches mir nicht vorliegt) besteht bei einer Rückspeisung über einen Endstromkreis mit max. 450 Watt keine erhöhte Brandgefahr. Auch wird angeblich lt. Gutachten bescheinigt, das beim Ausstecken keine lebensgefährliche Spannung gemessen werden kann. Ist das für Sie als Fachmann plausibel oder frei erfunden?
3. In der Schweiz liegt die Toleranzgrenze für solche Geräte bei 600 Watt - wo liegt hier der Unterschied zu Österreich (der für mich und die Leser wohl wichtigste Punkt)...?
"Die Innung wird auch aus den Bundesländern bereits mit Anfragen zur steckerfertigen Lösung SIMON überhäuft. Unsere Mitglieder fragen bereits nach wirksamen Gegenmaßnahmen. (um ihre anfänglich unten gestellte Frage betreffend der Hartnäckigkeit meinerseits zu beantworten)"
Antwort zu Frage 1: In dieser Form der Bewerbung das ETG 1992 und damit die in diesem Anhang für Verbindlich erklärte ÖVE ÖNORM E 8001. (Schutzmaßnahmen)
Antwort zu Frage 2: Für diesen Fall absolut irrelevant. Von Brandgefahr redet doch keiner. Es wird wahrscheinlich auch keine Lärmbelästigung vom Modul ausgehen. Es kann auch wahrscheinlich keine lebensgefährliche Lichtstärke gemessen werden! Damit könnte man noch Werbung machen (Copyright by Rotter) P=UxI (kleines Elektrotechnik 1x1) bei 450W und 230V ergibt das 1,96A (ab 30mA also 0,03A!!!! entsteht lebensgefährliches Herzkammerflimmern wenn Strom über die Hand, über das Herz zu Boden fließt) Alleine schon dass ein PV Modul mit einem Stecker versehen ist, auf welchen der Laie direkt hingreifen kann (auch wenn es im Licht steht und produziert) wiederspricht jedweder Laienbedienbarkeit. Daher auch die Forderung des Ministeriums nach einem eingenen Stecker (=ungleich einem Schukostecker, sondern einer mit eigenem Berührungsschutz). Die Schutzkleinspannung in Österreich ist übrigens 48V und nicht 230V.
Antwort zu Frage 3: Die Schweiz ist uns egal. WIR leben in Österreich. Keine Toleranzgrenze - Was immer damit gemeint ist. Beantwortung siehe Frage 2. In Deutschland kann ich auf Autobahnen so schnell fahren wie ich will. Warum muss ich mit meinem Auto bei uns max. 130km/h einhalten? In Burundi dürfen Männer bis zu 6 Ehefrauen haben. Warum muss sich der Österreicher mit einer begnügen?
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Mai 2015