Der GREXIT (Austritt Griechenlands aus der Eurozone) ist wohl nur noch eine Frage der Zeit. Kaum ein ernstzunehmender Finanzfachmann traut den Griechen noch den Turn-around aus eigener Kraft zu - das war auch der einhellige Ton, als die Geldmarie in der Vorwoche Berlin bereiste und die Thematik auch mit einem lokalen Regierung-Berater diskutierte (wir waren uns ziemlich einig) und tags darauf der heimische Standard eine Überschrift "Berlin bereitet sich auf den GREXIT vor" ins Netz setzte.
Nein, es war sicher nicht die Meinung der Geldmarie, die dafür sorgte - vielmehr hält eigentlich niemand mehr eine Rettung der griechischen Finanzen aus eigener Kraft (zumindest nicht ohne weiterem Schuldenschnitt) möglich.
Ende 2014 betrug der Schuldenstand der Griechen satte 175,5% des BIP - aktuell dürften das ca. 240 Milliarden Euro an Staatsschulden sein, zu denen man im Pleitefall wohl noch ruhig rund 80 Milliarden Euro addieren kann, mit welchen die griechischen Banken derzeit von der EZB künstlich am Leben erhalten werden.
Da bräuchte es schon ein Wirtschaftswachstum von 3 bis 5 Prozent sowie eine klare Linie in Sachen straffe Steuereinhebung und weiteren Sparmaßnahmen - ersteres wird es leider nicht spielen und zu weiteren Reformen sind die Kommunisten der SYRIZA aber nicht wirklich bereit. Vielmehr möchten Sie das eine oder andere Wahlzuckerl einlösen und fordern einen weiteren Schuldenschnitt bzw. eine Umschuldung.
Forderungen von Premier Tsipras oder Finanzminister Varoufakis kommen jedoch in der EU nicht mehr an - auch die letzten Treffen waren sehr rasch beendet und das Eurogruppentreffen der Finanzminister am Donnerstag in Luxemburg wird wohl auch keinen Durchbruch bringen.
Die Zeit läuft den Griechen (die gerne in der Eurozone bleiben möchten) aber davon: Am 30.6.2015 läuft einerseits das Hilfsprogramm für Griechenland aus (wenn nicht das nächste Paket geschnürt wird, ist Griechenland pleite), andererseits sind 1,6 Milliarden an den IWF zu überweisen. Die Taschen Griechenlands sind aber längst schon leer.
Geldgeber (EU) und Griechenland (SYRIZA) stehen somit vor einer ziemlich schwer lösbaren Aufgabe: Einer muss sein Gesicht verlieren. Und es scheint gar nicht unwahrscheinlich, dass die EU nunmehr sich auf keine Kompromisse mehr einlässt und die Griechen in die Pleite schickt.
Im Hintergrund sind natürlich längst schon viele Köpfe damit beschäftigt, den Euroaustritt der Griechen durchzurechnen bzw. auch technisch zu planen (wobei ich mir hier bezüglich Griechenland selbst nicht so sicher bin) - die Deutschen werden dann ob des EZB-Rettungsschirmes ca. 40 Milliarden plus berappen, in Österreich werden es 4-5 Milliarden sein. Gerade diese Summen könnten es aber sein, die die EU-Politik wieder einknicken lässt und das Problem (z.B. mittels Schuldenschnitt, der nur ein paar Monate/Jahre Zeit bringt) weiter nach hinten schiebt.
Einen kräftigen Schuldenschnitt könnte man ja schon dieser Tage (wo wieder alles nach Brüssel bzw. Athen schielt) leicht erreichen: Griechische Anleihen können dieser Tage zumeist zwischen 40% und 50% des Nominales gekauft werden - damit würde man sich später auch einiger lästiger Klagen von diversen Hedgefonds und sonstigen Krisenspekulanten vom Halse halten und die Schuldensumme massiv reduzieren. Je schlechter die Nachrichten, desto günstiger die Kurse - aber auf solche Ideen kommen die "seriösen" EU-Politiker ja scheinbar nicht...
Nevermind: Wenn die Euro-Politiker nicht wieder umkippen und das Problem (irgendwie herumgewurstelt - wie in den letzten Jahren) nur verlängert, steht nun entweder ein fetter Schuldenschnitt ins Haus, der den Griechen auch die wirkliche Möglichkeit eines Restarts gibt - oder Sammler sollten schon die griechischen Euro- oder Centmünzen horten. Die könnte es nämlich bald schon nicht mehr geben...
Für Griechenland und die Eurozone wäre übrigens (da sind sich die meisten Finanzer einig) der griechische Austritt aus dem Euro kein extremes Problem - für das ziemlich mit Griechenland verflechtete Zypern müsste man dann aber wohl das nächste Hilfspaket schnüren. Vielmehr machen sich die Experten noch Sorgen, wie es dann mit den nächsten Sorgenkindern der Eurozone weitergeht: Italien (132,2% Verschuldung zum Jahresanfang) oder Portugal (127,7%) bzw. Spanien wären dann wohl einige Zeit im Fokus der Spekulanten.
Nachdem die Konjunktur im Euroraum derzeit aber sogar halbwegs im Aufschwung ist, scheint ein GREXIT gegenwärtig locker verkraftbar - ein Konkursfall Italiens oder Spaniens wäre hingegen wohl das Ende des Euro. Aber das ist eine andere Geschichte, von der die Geldmarie durchaus glaubt, dass diese früher oder später geschrieben wird...
Ad hoc-Meldung - Juni 2015