Es ist ein ziemlicher Kracher, den die bekannte Qualitätsjournalistin Renate Graber da gestern im Standard platziert hat: Das Privatkundengeschäft (Retailgeschäft) der Bank Austria könnte schon im nächsten Jahr von der Unicredit verkauft werden - die BAWAG bzw. deren Hauptaktionär, der US-Fond Cerberus, dürfte aktuell in Verhandlungen mit der italienischen Unicredit-Gruppe stecken.
Die stets mit sehr guten Infos versorgte Journalistin des Standard kolportiert einen möglichen Kaufpreis von 800 Mio. Euro (der Cerberus aber derzeit noch zu hoch scheint) - angesichts der Marktposition der Unicredit Bank Austria in Österreich und schon rund um die Bank Austria geflossenen Beträge (bei vorhergehenden Fusionen) kein überaus erschreckend hoher Preis, den man da für die heimischen Privatkunden verlangt.
BAWAG-P.S.K.-Eigner Cerberus würde mit einem Kauf des Retailgeschäfts plötzlich mit der Erste Bank Group um die Nummer 1 rittern - zuletzt hatte die BAWAG-PSK eine Bilanzsumme von rund 34 Milliarden, die Erste Bank Group lag zum Jahreswechsel bei 196 Mrd. Euro und die Unicredit Bank Austria bei 189 Mrd. Euro. Die Zahlen darf man aber natürlich nicht einfach addieren, schließlich würden die Auslandsbeteiligungen oder das Firmengeschäft wahrscheinlich nach Italien wandern bzw. z.B. in die Schoellerbank (Großkunden) übersiedelt werden.
Trotzdem würde aus einer mittelständischen österreichischen Bank (BAWAG-PSK) plötzlich ein kleiner Riese entstehen, den (wohl nach einiger Zeit der Integration, unter welchem Namen auch immer) man dann auch (ruhiges Bankenfahrwasser und gute Arbeit vorausgesetzt) mit Gewinn an die Börse bringen könnte.
Die Unicredit selbst steht (wieder einmal) vor einer großen Restrukturierung - und scheint am unspektakulären Retailgeschäft in Österreich nicht mehr sonderlich interessiert zu sein. Erst jüngst wurde wieder einmal ein Personalabbau von ca. 1.500 Mitarbeitern in Austria kolportiert - angesichts der vielen Filialschließungen nicht weiter verwunderlich.
So günstig der Preis von 800 Mio. auch erscheint - die Sache hat einen durchaus großen Haken: Die Unicredit Bank Austria hat nach wie vor viel zu viel (teures) Personal und dieses ist häufig noch dazu pragmatisiert/unkündbar.
Geschichtlich ist dies kurz zu erklären: 1991 fusionierten die rote Wiener Zentralsparkasse ("Z") und die (schon wieder einmal marode) Länderbank zur Bank Austria. Kaum waren die ersten Jahre überstanden, erreichte der Personal- und Filialüberschuss 1997 dann den nächsten Höhepunkt, als in einem politisch sehr umstrittenen Akt eine rote Bank (BA) mit einer schwarzen Bank (CA) zur BA-CA fusioniert wurden.
Eine Unzahl von Frühpensionierungen etc. folgte und 2000 verklopfte ein gewisser Herr Randa (den in der Branche wohl kaum jemand mehr kennen möchte und der auch die 2 vorhergegangenen Fusionen mit eingefädelt hatte) die Großbank dann an die Bayerische Hypovereinsbank (HVB). Dass gerade diese Bank nicht unbedingt das große Los war, zeigte sich schon sehr bald und 2005 schlug dann die damals sehr expansive UniCredit aus Italien bei der HVB zu, was 2006 die Bank Austria schließlich zur UniCredit Bank Austria machte.
Die Finanzkrise, plötzliche Milliardenlöcher im Osten (wo die Bank Austria anfangs sehr erfolgreich war), Verlagerung des Bankings ins Internet (wo sich die Bank Austria in Sachen Onlinebanking einige Watschen holte), Filialschließungen und nach wie vor zu viel teures (und wohl nach der Fusionitis nicht mehr einheitlich motiviertes) Personal sind nur einige Probleme, die die UniCredit bzw. die Bank Austria in den letzten Jahren kräftig belasteten - nun könnte ein neues Kapitel folgen.
Ob Verkauf oder auch nicht: Ein kräftiger Personalabbau (den sogar die mühsam gesundete BAWAG noch heute betreibt) scheint sowieso fix - zum Halbjahr 2015 weist die Unicredit Bank Austria mit ca. 7.200 Mitarbeitern übrigens immerhin 489 Mio. Euro Nettogewinn aus...
Vielleicht ein positiver Ansatz zum Schluss: Sollte der Deal tatsächlich über die Bühne gehen und sich die BAWAG-BA (oder wie auch immer) dann halbwegs bewähren, wäre in Börsengang (Comeback) in Wien eine durchaus nette Sache. Zumindest für die Börse Wien. Darauf wird man aber zumindest noch einige Jahre warten müssen...
Ad hoc-Meldung - Oktober 2015