Sieht man von der Verbrennung von Holz oder Pellets ab, ist der Anteil von Biomasse in Österreich in der Energieversorgung verschwindend gering - in Bezug auf die Produktion von Strom oder Biogas sowieso. Tu felix Austria - Land der Ströme, die Wasserkraft ist noch immer mit Abstand der wichtigste Stromproduzent im Lande. Während die Windkraftwerke und auch die Photovoltaik hierzulande einen festen Boom erlebt haben, konnte sich Strom und Gas aus Biomasse in Österreich bisweilen nicht wirklich durchsetzen.
Kein Wunder: Da wäre einerseits die verlässliche Wasserkraft und der Boom bei Windkraft, andererseits auch der seit vielen Jahren günstiger werdende Überschussstrom aus Tschechien oder Deutschland, der die heimische Versorgung (zuletzt schon zum Ärger Deutschlands, wo der exportierte Billigstrom teuer subventioniert wird) sicherstellt und Industrie sowie Privathaushalten zuletzt konstante Rechnungen bescherte.
Womit wir auch schon beim Thema wären: In Deutschland sieht das nämlich ganz anders aus - in nur wenigen Jahren müssen bzw. mussten die Deutschen ob des Atomausstiegs einen Haufen Atomkraftwerke ersetzen - da sind dann saubere Alternativen sehr gefragt, schließlich möchte man ja nicht ewig die dreckige Stromproduktion durch Braun- und Steinkohle (decken derzeit mehr als die Hälfte der Produktion ab!) substituieren.
Ein gewaltiger Boom in Sachen Photovoltaik und Windkraft ging durchs Land - allerdings sind diese beiden Energiequellen nur sehr bedingt als verlässliche Grundlast geeignet. Gibt es keinen Wind oder keine bzw. wenig Sonne, muss in Germany kräftig Kohle verheizt werden. Umwelttechnisch gesehen eigentlich ein Supergau...
Darob ist bei unseren nördlichen Nachbarn auch die Bioenergie zwecks Strom- und Gasproduktion deutlich wichtiger als hierzulande - und siehe da, mit einer ständigen Leistung von aktuell 5,6 GWh hat sich Strom aus Biomasse mit einem Anteil von ca. 10% an der Gesamtproduktion (Quelle: energy-charts.de) schon zu einer Fixgröße entwickelt. Der große Vorteil: Strom aus Biomasse ist (ähnlich wie die Wasserkraft bei uns) ziemlich konstant vorhanden - und laufende Verfügbarkeit ist im deutschen Stromnetz besonders wichtig.
Daher haben sich in Deutschland - im Gegensatz zu Österreich - auch schon einige sehr interessante Unternehmen in der Bioenergie-Branche entwickelt - eines davon ist die zur KTG Agrar gehörige (52,30% Anteil, 47,70% Streubesitz) und börsennotierende (Entry Standard Frankfurt) KTG Energie.
Nachdem deren CEO, Dr. Thomas Berger, vor einigen Tagen (auf Einladung von PortConsult) in Wien weilte und Investoren bzw. Interessenten Auskunft gab und die Geldmarie krankheitshalber leider den Termin nicht wahrnehmen konnte, haben wir Dr. Berger einige brennende Fragen nach Hamburg geschickt, deren Beantwortung wir Ihnen nunmehr präsentieren wollen:
Geldmarie: Im Gegensatz zu den guten letzten Jahren gab es 2012 einen Verlust für die KTG Energie (1,76 Mio.). Woraus resultierte dieser primär?
Dr. Berger: Im Wesentlichen aus Sondereffekten im Rahmen des IPO's. Hinzu kamen hohe Investitionen in Relation zu den damals bestehenden Anlagen von 22,5 MW, die bereits Erträge generierten. Inzwischen sieht die Gewinn- und Verlustrechnung deutlich anders aus: 2013/2014 haben wir ein EBITDA von knapp 22 Mio. Euro und einen Nettoerrtrag nach Steuern von rund 2,6 Mio. Euro erwirtschafftet. Im laufenden Geschäftsjahr wollen wir rund 25 Mio. Euro EBITDA und rund 3,9 Mio. Euro Nettoergebnis erwirtsctschaften. Da unser Geschäftsmodell über für die Zukunft garantierte Einspeisevergütungen und durch langfristig fixierte Substratpreise gesichert ist, wissen wir schon heute, dass wir bis 2030 Umsätze von 1,5 Mrd. Euro und ein EBITDA von rund 450 Mio. Euro in der Tasche haben.
Geldmarie: Die Neuerrichtung von Biogasanlagen in Deutschland reduzierte sich zuletzt ob Straffung beim Förderwesen massiv. Wie hoch sind die durchschnittlichen Förderungen (pro kWh) im Bestand bzw. wie hoch sind die aktuellen Förderungen (Laufzeiten) für Neuanlagen?
Dr. Berger: Stimmt. Anlagen, die bis August 2014 ans Netz gegangen sind, generieren garantiert für 20 Jahre pro kWh über 18 Cent. Für größere Neuanlagen, die danach entstanden sind, fiel die Einspeisevergütung bei unveränderter Laufzeit von 20 Jahren unter 12 Cent/kWh. Deshalb haben wir unsere Strategie angepasst und setzen auf Akquisitionen statt auf Neubau.
Geldmarie: Daraus resultierend: Welchen Großhandelspreis würde die KTG Energie AG benötigen, um förderungsfrei zu agieren?
Dr. Berger: Mit Neuanlagen lassen sich derzeit keine attraktiven Renditen erzielen, wenn wir ausschließlich auf den Großhandelspreis angewiesen wären. Das ist zwar sowohl umweltpolitisch als auch für die Unabhängigkeit von externen Gaslieferungen zwar nicht nachvollziehbar - aber eben das Ergebnis der aktuellen Förderpolitik. Daran haben wir uns angepasst. Anders sieht es für Bestandsanlagen aus, die ja nach dem garantierten Zeitraum von 20 Jahren aus der Abschreibung gelaufen sind: Hier sind wir voll wettbewerbsfähig. Wenn wir die Möglichkeit hätten, direkt an Endkunden zu vermarkten ohne mit zusätzlichen Netzkosten belastet zu werden, könnten wir schon heute günstiger Strom anbieten als die Energieversorger das tun. Auch das wäre eine Option für eine indirekte Förderung einer umweltverträglichen Technologie.
Geldmarie: Die KTG Energie hat ja über die KTG Agrar beachtliche landwirtschaftliche Flächen in Ostdeutschland übernommen und steht dadurch auch in der Kritik.Wie entgegnet man den (lauter werdenden) Kritikern in Sachen "Monokultur, Essen im Tank, Preistreiberei" etc.?
Dr. Berger: Ich kann die Kritik nicht nachvollziehen. Nach dem statistischen Bundesamt wurden im Jahr 2014 in Deutschland 16,7 Mio. Hektar landwirtschaftlich genutzt. Die KTG Agrar SE bewirtschaftet 45.000 Hektar. Das sind 0,27%. Wenn Sie morgen einen Anruf bekämen und der Anrufer würde Ihnen damit drohen, Ihnen 0,27% Ihres Marktes oder Ihrer Kunden streitig zu machen, was außer Schmunzeln hätten Sie für ihn übrig?! Überdies; die KTG Agrar besitzt zahlreiche Flächen, die sie sehr effizient, professionell und zu einem ganz wesentlichen Teil sogar biologisch bewirtschaftet.
Geldmarie: Biomasse macht aktuell schon sehr beachtliche 5 bis 10% der deutschen Stromproduktion aus (derzeit stabile 5,6 GWh) und hat damit fast schon die Kernenergie überholt. Wo sehen Sie hier aktuell den Plafond bzw. wie stark kann die KTG Energie ob der Reduktion des Anlagenneubaus (Förderungsreduktion) noch wachsen?
Dr. Berger: Wir können durch Akquisitionen durchaus noch beachtlich wachsen. Unser Marktanteil bei Biomethananlagen liegt leicht über 5%. Solche Marktsituationen bieten sich für Konsolidierungen und damit akquisitorisches Wachstum geradezu an.
Geldmarie: Wie argumentieren Sie auf die (wohl häufige) Frage: Was tun, wenn die Förderungen für die Anlagen ausgelaufen sind?
Dr. Berger: Wenn die Förderung nach dem Jahr 2030 und zum Teil sogar erst 2034 ausläuft, sind wir mit unseren abgeschriebenen Anlagen, die wir sehr konsequent instand halten, voll wettbewerbsfähig - auch ohne staatliiche Förderung. Überdies: Wir haben gegenüber den anderen Marktteilnehmern durch Skaleneffekte einen Kostenvorteil von über 10%. Das wir unsere Spitzstellung nach Auslaufen der Vergütung noch weiter stärken.
Die Geldmarie bedankt sich für die ausführliche Beantwortung der Fragen!
Die Aktie der KTG Energie AG scheint übrigens mit aktuell 11,45 Euro (Frankfurt) sehr freundlich bewertet. Für das letzte Geschäftsjahr 2013/2014 wurden 0,45 Euro ausgeschüttet und die KTG möchte die aktionärsfreundliche Dividendenpolitik auch beibehalten. Die aktuellen Zahlen sehen fesch aus - wer an die Zukunft der Bioenergie glaubt (in Deutschland scheint diese rosiger zu sein als hierzulande), kann aktuell sicher günstig einkaufen.
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Oktober 2015