Angesichts der aktuellen Diskussion um die Eigentümerschaft der Bank-Austria-Filialen (also des normalen Kundengeschäfts) in Österreich neigt man seitens Presse derzeit dazu ein "Bankensterben" festzustellen. Tatsache ist aber: Schon seit mehr als 20 Jahren schließen die meisten Großbanken Österreichs Filiale um Filiale.
Die Geldmarie hat den Anfang ihres Berufslebens ebenso in einer Bank verbracht. Nach 6 Monaten intesiver und elitärer Grundausbildung bei der einstigen Länderbank ging es dann in die Filiale Stadlau am Genochplatz. Gute (und teure) Ausbildung, viele Seminare, nette Kollegen und auch sehr großer Erfolg im Team machte die Arbeit hinter dem Bankschalter durchaus zu einer netten Aufgabe. Sogar eine "Zweigstellenband" hatten wir mit dem "Semmi" und dem "Peda" - die "Einstürzenden Zweigstellen" - frei nach den "Einstürzenden Neubauten" lieferten ganz privat ironisches aus dem Bankenalltag. Ja, das ging damals. Doch schon sehr bald sollte man in Zweigstellen in den Keller lachen gehen...
1990 hatte sich die Länderbank wieder einmal in Nöte gebracht und wurde darob mit der Zentralsparkasse ("Z") zur Z-Länderbank Bank Austria fusioniert - da prallten wahrlich 2 sehr unterschiedliche Kulturen aufeinander.
Mangels Aufstiegsmöglichkeiten und ob geringer Neigung zum Aufdrängen (vorsichtig formuliert) vertschüsste sich die Geldmarie Mitte der Neuziger aus der Z-Länderbank Bank Austria - und es war mit Sicherheit eine sehr gute Entscheidung... Schon 1997 kam es nämlich zur nächsten Riesenfusion im Bankbereich und die Bank Austria krallte sich via Erfüllungsgehilfen Gerhard Randa auch noch die Traditionsbank CA (Creditanstalt-Bankverein). Die Bank Austria Creditanstalt ward geboren und wohl flogen in so mancher Abteilung wieder die Fetzen.
Schon mit der Ländbank-Z-Fusion wurden die ersten Filialen geschlossen bzw. zusammengelegt - schließlich waren in den 1990ern noch viele Kreuzungen in Wien komplett an allen Ecken mit Banken belegt. Mit der BA-CA-Fusion lagen schon wieder sehr viele Filialen in unmittelbarer Nähe - die nächsten Zusammenlegungen waren nur der logische Schluss.
Anfang der 1990er setzte in den Filialen auch ein gewaltiger Modernisierungschub ein: Bankomat- und Kreditkarten wurden schön langsam Standard, Kontoauszugsdrucker ebenfalls und immer häufiger stand auch ein Geldausgabeautomat in der Ecke. Anfangs noch in der Ecke - dieser Tag betritt man heute Bankfilialen fast nur noch im Foyer, wo man Auszüge und Geld abholt. Bankangestellte? Kaum mehr notwendig...
In Stadlau verschwanden aber nicht nur die Filialen von Z und CA (in der Bank Austria am Genochplatz) - auch die Volksbank am Eck verschwand und selbst die Erste Bank in der Stadlauer Straße ist mittlerweile Geschichte.
Die Bank Austria wurde über den Umweg HVB (2001 Kauf durch Bayerische Hypo- und Vereinsbank) 2005 dann von der italienischen Unicredit gekauft. Anfangs freute sich die Unicredit wohl noch über die damals noch lukrativen Ost-Beteiligungen der Bank Austria, mittlerweile sind die Italiener kräftig am Filetieren und Verkaufen.
Auf das (margenschwache) Geschäft in Österreich wird schon länger kein großer Wert mehr gelegt - Filiale um Filiale wird zugedreht, selbst wenn es in der Umgebung eigentlich keine nennenswerte Konkurrenz gibt und es sich um Wachstumsgebiete handelt. So wurde erst jüngst die Filiale Essling in Wien-Donaustadt zugesperrt - auch wenn dort Jahr für Jahr mehr Menschen wohnen und man in Essling eigentlich neue Filialen eröffnen sollte (Oberbank-Planer, Santander-Planer - ein diskreter Tipp...!). Bleibt in Essling derzeit nur noch die Volksbank...
Zurück nach Stadlau: Dort dreht man nun lt. Medienberichten per Ende 2015 auch die Filiale am Genochplatz zu (wird in die Filiale Nähe Donauspital integriert) - für Bewohner von "Alt-Stadlau" eine kräftige Watschn. Bleibt demnach nur noch die (als Bank kaum wahrgenommene) Filiale der BAWAG-PSK in der Post "Am Bahnhof" - Stadlau ist demnach fast "bankenfrei" geworden.
So traurig die Reduktion/Schließung von Bankfilialen auch für viele Personen ist (vor allem ältere Menschen holen sich das Geld nach wie vor von der "eigenen" Filiale) - Österreich hat nach wie vor viel zu viele Bankfilialen. Der Abbau wird (insbesondere bei den Systembanken) noch viele Jahre weitergehen - nur schlanke Banken mit hoher Beratungsqualität (z.B. die Oberbank) oder moderner Orientierung (z.B. die Santander Consumer Bank) könnten da und dort noch gegen den Trend agieren.
Ob das Privatkundengeschäft der Bank Austria nun verkauft wird oder nicht - weitere Filialschließungen sind wohl fix, Personalabbau steht noch viele viele Jahre an. Insbesondere die Bank Austria hat ob Pragmatisierungen (Beamtenstatus) und vergangener Fusionen noch immer einen riesigen Personalüberschuss - das sich dies wohl kaum auf die Beratungsqualität und die Motivation der Mitarbeiter auswirkt und das Privatkundengeschäft in Österreich für einen Käufer nicht sehr attrakiv erscheinen lässt, ist evident.
Aber nicht nur die Bank Austria wird weiter Filialen schließen müssen: Wenn sich schon Zweigstellen in bester Zukunftslage (Essling) oder auch der Genochplatz nach 2 Großfusionen (Länderbank, Z, CA) nicht mehr rechnen, so dürfte es auch im suburbanen Bereich noch viele Sparkassen und Raiffeisenkassen erwischen. Erstaunlicherweise halten sich hier die Minibanken am Land oft länger, als die Postfilialen - der Einfluss der Bürgermeister im Raiffeisensektor scheint demnach noch nicht gebrochen...
Wie diese seltsamen Berechnungen der Großbanken auch aussehen: Man darf keinesfalls vergessen, dass die Bankangestellten am Schalter vielfach immer unwesentlicher werden. Menschen bis 50 Jahr (und oft auch darüber) haben ihre Bankfiliale ob Internetbanking schon ewig nicht mehr besucht und benötigen diese auch gar nicht mehr. Das Sparbuch ist zwar in Österreich immer noch präsent - die jüngere Generation spart aber zumeist schon online (wenn überhaupt noch) und auch die Mid-Ager lassen sich mit Zinsen um 0,1% auch nicht mehr abspeisen.
Auch informieren kann man sich wunderbar über das Internet (die Geldmarie leistet hier hoffentlich auch brauchbare Beiträge) - und selbst Kredite lassen sich in Österreich schon länger im Internet vergleichen oder abschließen. Jahr für Jahr bieten mehr Fintechs (primär aus Deutschland) Dienstleistungen im Anlage-, Kredit- und Kontogeschäft an - ein Bankbesuch ist also nur noch sehr selten notwendig...
So leid es mir tut (insbesondere um die BA-Filiale Genochplatz): Bankfilialen wird es früher oder später nur noch in größeren Ballungszentren geben - Beratungszentren für die wenigen beratungsintensiven Geschäftsfälle bzw. für Firmenkunden. Die klassische Bankfiliale hat eigentlich längst ausgedient.
Teure Angestellte und noch immer hohe Filialdichte werden den Systembanken noch viele Jahre Geld kosten - wer jetzt ein wenig (modern und moderat) expandiert, hat in 10 Jahren die Nase vorne. Die Karten werden gerade wieder neu gemischt.
Ad hoc-Meldung - November 2015