Dem Standard ist die Performance der Wiener Börse im ausgehenden Jahr 2015 sogar die Titelseite wert - ein wenig gute Stimmung kann zum Jahreswechsel 2015/2016 sicher nicht schaden. Tatsächlich hat sich die heimische Börse in den letzten Jahren aber alles andere als erfreulich entwickelt (im Vorjahr z.B. minus 15 Prozent, während die Börsen fast überall anderswo deutlich anzogen) - das war aber primär den stark gewichteten (und schwachen) heimischen Finanztiteln geschuldet.
2015 darf sich die Wiener Börse immerhin über 22% mehr Umsatz als noch im Jahr davor freuen, der heimische ATX liegt mit 2.396,94 Punkten um 10,97% höher als noch zum Jahresende 2014.
Dazwischen liegt ein sehr wechselhaftes Jahr, welches den ATX zuerst einmal (bis Mai) auf 2.681 Punkte hochfliegen ließ, um dann mit Griechenland-Dauerkrise und einer kurzen China-Verschnaufpause bis Ende September wieder auf 2.170 Punkte abzusacken. Ein brauchbarer Herbst brachte den ATX dann aber wieder ins Plus und macht auch Hoffnung auf ein gutes Börsenjahr 2016.
Außer dem ATX-Anstieg und den (auch damit verbundenen) Voluminaanstieg gibt es aber für die kleine Wiener Börse kaum Grund zum Jubeln: Bei den Unternehmensanleihen gab es mittelprächtiges Jahr (und kaum Publikumsanleihen!), Neuemissionen blieben aus, Kapitalerhöhungen hielten sich in Grenzen und wieder zogen sich einige Unternehmen aus unterschiedlichen Gründen von der Börse zurück: ATB, Head, Miba und Bene sind Geschichte, Teak Holz International lieferte eine dubiose Pleite, in der nun doch noch die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Mit einem tollen Jahresgewinn von 50,3 Prozent gingen die Aktien der Erste Group Bank 2015 aus dem Handel. Im Vorjahr hatte man noch einen Rekordverlust hingelegt und verlor 24%, 2015 blieben die Negativschlagzeilen ziemlich aus. Durchaus möglich, dass hier die Berg- und Talfahrt nun endlich endet. Als stark gewichtete Aktie war die Erste Bank auch sehr wesentlich am Jahresgewinn des ATX beteiligt.
Auf Platz 2 der ATX-Top-Werte-2015 landet 2015 überraschend Wienerberger, wo es immerhin ein Plus von 49,32% zu feiern gibt - auch wenn sich das Unternehmen immer sehr aktionärsfreundlich und offen zeigt, ist dies mit den (durchaus etwas besseren) Zahlen nicht wirklich zu erklären.
Auf Platz 3 landete 2015 der Immobilientitel Conwert - immerhin ein Plus von 43,88% für die lange Zeit geprügelte Aktie. Die in der Vorstandsetage scheinbar eingekehrte Ruhe war hier sicher hilfreich.
Auch noch erwähnenswert gut unterwegs: Lenzing (+32%), Zumtobel (+24%) und die BUWOG mit einem Zugewinn von 22% (nachdem man 2014 schon ca. 65% gewann).
Ziemlich überraschend war die Aktie der Vienna Insurance Group 2015 das schwächste ATX-20-Papier. Ein Minus von 32% im Jahresvergleich durch bescheidene Gewinne (überraschend hohe Wertberichtigungen im 3. Quartal) und eine ebenso unerwarteter Wechsel in der Führung (Elisabeth Stadler folgt Peter Hagen) war hinzunehmen. Aber auch Konkurrent Uniqa verlor (trotz sehr brauchbarer Zahlen) im Jahresvergleich 3 Prozent - kein gutes Jahr für Versicherungsaktien in Wien - wiewohl sich die Großschadensereignisse in Grenzen hielten. Sehr wohl drücken aber die niedrigen Zinsen auf die Veranlagungsergebnisse.
Mit -22,46% ging der Verbund aus dem Handelsjahr 2015. Wiewohl die Geschäftszahlen im Jahresvergleich gar nicht so übel aussehen - die niedrigen Großhandelspreise für Strom drücken auf die Umsatzkomponente und die Börsianer erwarten sich hier wohl auch für 2016 keine steigenden Preise.
Trotz eines katastrophalen Ölpreises fiel das Minus beim Ölfeldausrüster Schoeller-Bleckmann 2015 mit 15,98% relativ bescheiden aus - diese Entwicklung reicht für Platz 3 der "ATX-Negativliste 2015". Noch erstaunlicher: Die OMV konnte im Jahresvergleich sogar um 18,72% zulegen - obwohl der Rohölpreis um immerhin 36% sank.
Sowohl Schoeller-Bleckmann als auch OMV benötigen 2016 für positive Ergebnisse wohl Ölpreise von deutlich über 40 Dollar - gegenwärtig grundelt Rohöl noch immer bei 36 Dollar/Barrel herum...
Auch 2016 wird die Wiener Börse wohl weiterhin "unter ferner liefen" dahingrundeln. Die kapitalmarktfeindliche Politik Österreichs bringt da kaum gute Stimmung für Neuemissionen mit sich, das Management der Börse hat es bisher noch immer nicht geschaft, ein neues KMU- oder Startup-Segment zu formen (Crowdinvesting saugt hier auch schon ein paar Millionen auf), hat aber immerhin zuletzt Erleichtungen für kleinere Unternehmen beschlossen.
Schlechter als die letzten Jahre kann es in Sachen Zulauf von Unternehmen an die Wiener Börse aber ohnehin nicht mehr werden - und vielleicht kann ja der ATX 2016 wieder deutlich zulegen. Sieht man sich die Dividendenrenditen und die (teilweise sehr soliden) Aussichten der meisten ATX-Unternehmen an, ist schon seit einigen Jahren festzustellen: Dividende schlägt Sparbuch um Längen!
Verkehrte Welt - und vielleicht die richtige Zeit, sich auch einmal mit der Anlage in Aktien und Fonds zu beschäftigen. Insbesondere, wenn 1% minus KESt. auf dem langjährigen Sparbuch (da wird sich wohl so rasch nichts ändern) nicht mehr zufriedenstellend sind...
Infos zum Thema Aktien oder Fonds gibts auf der Geldmarie zuhauf - in diesem Sinne: Posit 2016!
Ad hoc-Meldung - Dezember 2015