Auch wenn heute in Sachen Windkraft im Osten Österreichs wieder ein ausgezeichneter Tag ist - richtige Jubelstimmung kommt beim Geschäftsführer der IG Windkraft, Stefan Moidl, dieser Tage nicht wirklich auf. Es galt nämlich festzustellen: Das Wachstum der Windkraft hat sich schon 2015 deutlich eingebremst - wiewohl die aktuellen Zahlen natürlich gar nicht schlecht aussehen.
1.119 Windräder produzieren nämlich zum Jahresanfang 2016 ca. 8,7% des Stromverbrauches Österreichs. 2.409 MW installierte Leistung fahren eine Stromernte von ca. 5,2 Mrd. KWh ein - immerhin schon der Jahresverbrauch von 1,48 Mio. Haushalten in Österreich. Beeindruckende Zahlen.
Dreht man aber nicht schon sehr bald ein paar Schrauben am Ökostromgesetz 2012, sind die Boomjahre in Sachen Windkraftwerke auch schon wieder vorbei: Wurden 2014 noch 142 neue Windkraftwerke mit einer Leistung von 405 MW in Betrieb genommen und 2015 immerhin noch 108 Stück mit 323 MW, so schätzt Stefan Moidl für 2016 die Anzahl der neuen Windräder auf vergleichsweise bescheidene 79 Stück mit einer Leistung von 242 MW.
Fallende Strompreise (aktuell bei ca. 30 Euro pro MWh) leeren den Topf für die geförderten Projekte deutlich rascher - und ohne Förderung zahlt sich der Betrieb eines neuen Windkraftwerkes ob der geringen Großhandelspreise derzeit noch nicht aus. Ergo: Die Anzahl der eingereichten Projekte (die sich mühsam und teuer schon eine Genehmigung geholt haben) ist zwar nach wie vor hoch, die Warteschlange in Sachen Bewilligung der Förderung wird länger und länger.
Lt. Moidl warten gegenwärtig schon 220 Windkraftwerke mit einer Leistung von immerhin 670 MW auf einen Förderungszuschlag - rund die Hälfte dieser Projekte kann aber (da nach 3 Jahren die Anträge verfallen) nicht umgesetzt werden. Da geht viel Geld verloren...
Stefan Moidl von der IG Windkraft fordert daher rasch ein neues Ökostromgesetz, welches einerseits die rasche Anpassung an aktuelle Bedingungen und Umstände in sich birgt und andererseits auch den Zielen der Klimakonferenz in Paris (bis 2030) Rechnung trägt.
Mit einem zukünftigen Ausbau von 100 Windrädern pro Jahr sieht er die Ziele in der Windkraftsparte erreichbar.
Insgesamt sollte die IG Windkraft mit dem Zwischenstand aber gar nicht so unzufrieden sein: Sah man im Ökostromgesetz 2012 (als noch 1.400 MW installierte Leistung gegeben waren) bis 2020 eine installierte Leistung von 3.000 MW vor, liegen die aktuellen 2.409 MW sogar über Plan.
Keine Frage: Wenn es um den Ausbau der Windkraft geht, teilt sich der Stammtisch ziemlich rasch in 2 Lager. Immerhin zahlt jeder am Stammtisch vertretene Haushalt nämlich 2016 rund 130 Euro an Ökostromabgaben (Ökostrompauschale, Ökostromförderbeitrag) - während die Stromrechnung (insbesondere für jene, die Kunden, die zu günstigen Anbietern wechseln) sich kaum verändert, erhöht sich der Anteil der Steuern, Fixkosten und Abgaben laufend.
So wettert z.B. die AK ob dieser Kosten laufend gegen Ökostromförderungen, übersieht aber dabei auch, dass die Windenergiebranche in den letzten Jahren tausende Arbeitsplätze geschaffen hat und uns erfreulicherweise ein Stückchen weiter weg von Putin, Scheichs und AKW bringt. Die SPÖ bremst also und in der ÖVP wirkt Umweltminister Rupprechter zwar bemüht - eine ökologische Steuerreform (die gerade aktuell bei den niedrigen Ölpreisen leicht zu schaffen wäre) scheint aber außer Reichweite.
Apropos Abhängigkeit: Auch wenn uns die Zahlen für 2015 noch nicht vorliegen - die Stromimporte dürften auch 2015 wieder deutlich gestiegen sein.
Schwache Wasserführung, billige Kohle und billiges Öl, Windstromüberschüsse aus Deutschland etc. machen es für die heimischen Stromeinkäufer immer lukrativer, Strom günstig zu importieren anstatt selber zu produzieren. Nur das Engpassmanagement wird ob der schwankenden Erträge bei alternativen Stromerzeugern (Photovoltaik, Windkraft) immer komplizierter und die Netze glühen immer mehr.
Österreich hängt immer mehr am (billigen) Stromtropf von Deutschland und Tschechien (was den Deutschen ohnehin nicht sehr gefällt und früher oder später eine "künstliche Stromwand" an der Grenze bringen könnte). Sieht man sich (auf der Homepage der APG sehr fein zu beobachten) heute den Stromfluss in Österreich aus, so ist das durchaus repräsentativ für die Wintermonate: Ca. 9.000 bis 10.000 MW beträgt die Last in Österreich, davon sind ca. 3.000 MW Importe aus Tschechien und Deutschland. Zuletzt waren diese Importe sogar deutlich höher - der heute hohe Windkraftanteil ist ja nicht täglich vorhanden.
Keinesfall möchte die Geldmarie die Windkraft als DAS Heilmittel für den zukünftigen Strommarkt Europas (und Österreichs) bezeichnen. Ein wesentlicher Bestandteil der (langen) Energiewende kann Windkraft aber durchaus sein.
Wirklich tolle Speicherlösungen für Überschussstrom wird es wohl erst in vielen Jahren geben - bis dahin es es wohl auch wichtig, die internationale Vernetzung (die nicht billig ist) deutlich intensiver in Angriff zu nehmen. Denn wenn im Norden Europas der Wind weht, kann es im Süden (oder irgendwo) durchaus Strombedarf geben - einen Bedarf, den man ob noch nicht ausreichender Vernetzung aber leider nicht stillen kann.
Kurzfristig kann sich die Geldmarie aber auch durchaus vorstellen, die Förderungen für neue Windkraftanlagen deutlich zu ändern und somit an aktuelle Gegebenheiten anzupassen: Auch eine Reduktion der garantierten Einspeisungstarife scheint hier für die Neuanlagenbetreiber noch durchaus wirtschaftlich verkraftbar - irgendwo bei 6-7 Cent/kWh wäre zumindest ein Überleben wohl gesichert...
Zieht man diesen Wert (den man in der Branche natürlich konkretisieren sollte - die Geldmarie ist hier interessierter Beobachter, aber kein Experte) als fixe Untergrenze (Mindestförderung) ein und bindet die Förderungen auch an den tatsächlichen Marktpreis (steigt dieser, gibt es dann natürlich auch mehr Geld - natürlich kann man auch eine Obergrenze einziehen, aber der es keine Förderung mehr gibt weil sich die Produktion sowieso rechnet), wäre das schon eine Variante, die noch mehr Windkraft in Österreich ermöglichen sollte.
Nur so eine Idee, für Modellrechnungsvorschläge stehe ich dem Umweltminister und dem Wirtschaftsminister gerne zur Verfügung ;-)
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Jänner 2016