Der Neid ist ein Hund - insbesondere wenn sich 2 Sparten beim Holzkauf ab und an in die Quere kommen: Vielleicht sind Ihnen ja auch schon die dicken Inserate des Papierindustrieunternehmens Mondi aufgefallen, die da gegen eine eher kleine Sparte wettern, die Biomassekraftwerke, welche Holz verstromen bzw. in Wärme umwandeln.
Aber auch von Interessensvertretern wie Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer oder Industriellenvereinigung hört man immer wieder in etwa: "Holz wird durch Biomasseverwertung zu teuer, ist ein knapper Rohstoff und soll maximal erst nach stofflicher Nutzung verbrannt werden. Und außerdem ist die Förderung von Biomasse aus Holz viel zu teuer.
So zeigt sich auch der Papierindustrielle Alfred Heinzel, seines Zeichens auch Präsident des Branchenverbands Austropapier, über das nun fixe Biomassekraftwerk Klagenfurt "einfach enttäuscht" (Wirtschaftsblatt) und kritisiert auch die zu hohe Tarifförderung von Biomasse, die immer mehr Holz in Richtung Verbrennung leite.
Naturgemäß ist Mag. Hans-Christian Kirchmeier, Vorstand von der IG Holzkraft Ökostrom aus fester Biomasse und Vertreter von derzeit 128 Anlagen der Gattung Biomasse fest), gänzlich anderer Ansicht und wirft auch gleich einmal die Vorteile der Verarbeitung von Biomasse aus Holz in die Waagschale bzw. bringt Gegenargumente:
1. Nachdem Biomasse aus Holz eine sehr konstante Energieform (die in Deutschland noch viel stärker gefördert wird und deutlich mehr Beitrag zum gesamten Energieaufkommen hat) ist, ist Energie aus fester Biomasse unverzichtbar für das Erreichen der ambitionierten Klimaziele.
2. Darüber hinaus ist mehr als genug Holz am Markt: "Fakt ist, dass im weit überwiegenden Ausmaß nur Holz energetisch genutzt wird, das bereits zuvor den stofflichen Nutzungspfad durchlaufen hat oder für die stoffliche Verwertung aus Qualitätsgründen gar nicht geeignet ist.Experten gehen davon aus, dass Nutzungskonkurrenz im Prinzip nur bei 5 % der gesamten energetisch zu verwertenden Menge infrage kommt. Damit geht das Argument der Papierindustrie, dass der Rohstoff Holz knapp ist, völlig ins Leere. Es ist deutlich mehr Holz am Markt als aufgenommen werden kann", so Hans-Christian Kirchmeier.
3. Energetische Verwerter leisten erheblichen Beitrag zur Waldhygiene: "Im Gegensatz zur Behauptung der Papierindustrie sind die Produzenten von Energie aus fester Biomasse derzeit mit einem hohen Angebotsdruck konfrontiert. In den letzten Jahren kam es durch Stürme oder den Befall durch Borkenkäfer im wieder zu einem großen Anfall von Schadholz. Die Industrie kann diese Mengen stofflich nicht verwerten, daher werden diese zum Großteil energetisch genutzt. Energetische Verwerter leisten daher einen hohen Beitrag zur Gesundheit und Sicherung der österreichischen Wälder, damit auch zur langfristigen Rohstoffsicherheit für die Industrie und zur Erhaltung des Erholungsraums Wald sowie zur Erreichung der Klimaziele."
Darüber hinaus wird in der Aussendung auch (nicht unrichtig) erwähnt, dass gerade erneuerbare Energie dafür gesorgt hat, dass Strom in den letzten Jahren eigentlich sogar billiger geworden ist (ausgehend von Deutschland, wo die Energiewende, der Atomausstieg, mit Vollgas vollzogen wird) - wiewohl natürlich auch Ökostromförderungen Jahr für Jahr höher werden. Dafür wird aber auch der Anteil der Erneuerbaren im heimischen Strommix Jahr für Jahr höher, Dreckschleudern wie Kohle und Öl verschwinden langsam gänzlich und auch Gas muss deutlich weniger verstromt werden. In Summe hat sich Strom in Österreich (im Gegensatz zu Deutschland) nicht wirklich verteuert - sucht man sich einen neuen (günstigen) Anbieter (siehe Geldmarie-Vergleiche), wird es sogar deutlich günstiger als noch vor einigen Jahren...
Die Geldmarie ist über das eifrige Wettern der Papierindustrie, IV, Teilen der Wirtschaftskammer und der AK nicht unbedingt erstaunt: Hier ist neben Eigennutz (natürlich lässt sich lokal günstiger Holz einkaufen, wenn ein Annehmer wegfällt) oft auch Irrationalität (und auch ein wenig Neid in Sachen Förderungen) im Spiel!
Die kleine Branche der "Biomasse aus Holz" (Strom und Wärme) trägt hingegen sehr wohl dazu bei, dass lokal Arbeitsplätze entstanden sind (derzeit ohnehin kaum Expansion in der Branche vorhanden - im Gegensatz zu Windenergie oder Photovoltaik) und auch, dass ein gewisser Konkurrenzmarkt bei der Holzabnahme vorhanden ist.
Das hier verwendete Holz ist ohnehin in der Regel minderwertig (z.B. Windbruch nach Stürmen, Borkenkäferholz etc.) und tatsächlich werden vom jährlichen Zuwachs in den heimischen Wäldern (ca. 30 Mio. m3) ohnehin nur 75% genutzt. Sorgen um die Wälder muss man sich also sicher nicht machen - das weiß die Geldmarie (die jüngst im Südburgenland einen kleinen Wald erworben hat) aus vielen Gesprächen mit Land- und Forstwirten vor Ort.
Die Förderungen für Biomasse (und auch die Förderungen für Windkraftwerke oder Photovoltaikanlagen) sollte man jedenfalls endlich auf neue Beine stellen: Photovoltaik benötigt meinen Berechnungen nach ohnehin überhaupt keine Förderungen mehr, bei der Windkraft kann man ruhig ein wenig nach unten gehen (für neue Windräder sollte aber noch viel Platz sein) und bei der Biomasse gehört endlich evaluiert, welche Anlagen bzw. die Verwendung welcher Rohstoffe (es gibt ja hier nicht nur Holz) hier dauerhaft Sinn machen.
Reich werden die Betreiber von Biomasseanlagen mit der aktuellen Förderung ohnehin nicht (es gab auch schon einige Pleiten) - um die Anlagen mit bald auslaufenden Förderungen (13 bis 15 Jahre Laufzeit) sollte man sich hier umbedingt Gedanken machen: Sonst ist nämlich sehr rasch die gesamte Biomassebranche verschwunden - mit den aktuellen Großhandelspreisen von 2 bis 3 Cent (Danke Energiewende in Deutschland!) kann nämlich kaum jemand leben, schon gar nicht Biomasse, Windkraft, Photovoltaik oder Kleinwasserkraft...
Um bei der Biomasse aus Holz zu bleiben: Ein Kahlschlag heimischer Wälder ist hier keinesfalls zu befürchten, primär gilt es einmal, die Branche fair am Leben zu erhalten - warum das wichtig ist, illustriert jeden Tag der Strommix in Österreich und Deutschland:
Ja, Biomasse ist teuer - ist aber im Gegensatz zu Wind, Sonne oder sogar auch Wasser sehr stabil verfügbar - sehen wir uns ganz einfach einmal die Stromerzeugung in Österreich vom Mittwoch (20.4.2016, Mittagszeit) an:
7.060 MW (ca. 7 GW) Leistung aus heimischer Produktion wurden erfasst, davon entfielen auf die einzelnen Energieträger folgende Zahlen: Lauf- und Schwellwasser 2.796 MW, Andere (noch nicht im Detail bekannt) 1.535 MW, Wind 1.105 MW, Gas 499 MW, Solar (Photovoltaik) 482 MW, Pumpspeicher 292 MW, Biomasse 292 MW und Kohle mit 63 MW.
Die Wasserkraft ist nach wie vor Österreichs Trumpf: Die hohe Erzeugung (derzeit gute Wasserführung) ist aber mangels weiterer Ausbaupläne (geringer Strompreis!) und schmelzender Gletscher (Klimaerwärmung) dauerhaft in Gefahr. In Summe sind wir aber in Österreich mit Wasserkraft nach wie vor sehr positiv gesegnet - denn mit viel Wasserkraft bleibt die Stromerzeugung ziemlich konstant. Wie übrigens auch bei Biomasse.
Die Windkraft hatte am Mittwoch (viel Wind) einen sehr guten Tag - fällt dafür an windstillen Tagen oft fast gänzlich aus oder schwankt stark und muss dann rasch durch Importe oder Dreckstrom ersetzt werden.
Das importierte Gas (Gruß an Vladimir) eignet sich (leider) wunderbar zum raschen Ausgleich von Schwankungen in der Erzeugung bzw. im Bedarf (Windenergie/Verbrauchsspitzen), wird daher weiterhin oft und viel verbrannt - hätte man mehr konstante Energieträger wie Wasser oder Biomasse, würde man auch deutlich weniger Gas benötigen.
Photovoltaik hat (an sonnigen Tagen) den Vorteil, genau dann Energie zu produzieren, wenn auch mehr Energie benötigt wird: Untertags! Leider scheint eben nicht jeden Tag so viel Sonne wie am Mittwoch - auch hier müssen dann Gas, Pumpspeicher etc. herangezogen werden. Wie aber schon erwähnt: Photovoltaik bräuchte eigentlich keine großen Förderungen mehr - vielleicht einen kleinen Investitionszuschuss und passt. In Summe ist die Photovoltaikstromproduktion aber anhand Wetterkarten recht gut planbar - in Deutschland wurden z.B. am Mittwoch um die Mittagszeit 23 bis 24 GW Strom aus Photovoltaikanlagen erzeugt (also das 4-fache der österreichischen Gesamtproduktion!!!). Dass das die deutschen Stromrechnungen teuerer macht, steht auf einem anderen Blatt.
Die 292 MW aus Pumpspeicher sind um die Mittagszeit (wenn die Herde angeworfen werden) nicht unüblich - insbesondere wenn die Deutschen gerade einmal ihren Strom selber benötigen (und vielleicht sogar ein wenig davon aus Österreich), laufen die wertvollen Pumpspeicherwerke heiß - und werden später (wenn der Strom im Überschuss vorhanden und billig ist) wieder befüllt. Eine sehr wertvolle Sache, die den Betreibern auch gutes Geld einbringt.
292 MW aus Biomasse (4,1% der Gesamterzeugung) sind ein kleiner, aber sehr konstanter (und daher wertvoller, wiewohl nicht billiger) Teil der Stromerzeugung - je mehr konstante Energieträger eingesetzt werden, desto geringer auch der Einsatz von nicht erneuerbaren Energieträgern wie Gas oder Kohle.
Auch Kohle trägt (wenn auch nur noch sehr bescheiden) zur Energieerzeugung in Österreich bei - 63 MW waren es am Mittwoch um die Mittagszeit. Während man in Deutschland (insbesondere an Tagen mit wenig Wind und Sonne) Braun- und Steinkohle in Massen verheizt (da dort kaum Wasserkraft zur Verfügung steht), ist die Kohle in Österreich ein Auslaufmodell - wiewohl dieser Energieträger natürlich auch für konstante Stromerzeugung sorgen kann. Aber die Blütezeiten für Kohle in Europa sind wohl schon in einigen Jahren vorbei.
Erkenntnis: Biomasse (aus Holz) ist ein durchaus wichtiger Energieträger - und auch in Österreich (aus genannten Gründen) nicht gänzlich zu vernachlässigen. Wiewohl wir ob Wasserreichtum deutlich weniger Biomasse als die Deutschen benötigen (die ja gerade die "Kleinigkeit" eines Atomausstieges erkaufen müssen und aktuell schon laufend ca. 5,45 GW Biomasse (-eniger aus Holz, mehr vom Feld- produzieren) wäre -schon ob der zukünftigen Technologieentwicklung- ein kompletter Ausstieg aus der Biomasse nahezu fahrlässig. Ja, es kostet derzeit noch viel Geld - aber diesbezüglich lässt sich (neutrales Wissen der Entscheidungsträger vorausgesetzt) sicher noch ein intelligenter Kompromiss finden.
Liebe Papierindustrie: Spart euch das Geld für Inserate, liebe Wirtschaftskammer und werte IV: bitte ein bisserl grüner in die Energiezukunft blicken und auch die Chancen des Standort Österreichs sehen, liebe AK: Arbeitsplätze in Österreich und regionale Wertschöpfung sind das Thema der Zukunft.
Biomasse aus Holz bitte leben lassen - auf größere Probleme hinsehen, die haben wir zuhauf.
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - April 2016