Der VKI, einige Anwälte und auch Prozessfinanzierer haben die letzten Monate ziemlich laut Stimmung in Sachen "Rückabwicklung von Lebenversicherungen" gemacht: Ob fehlerhafter Belehrung über das Rücktrittsrecht bei einigen bzw. vielen Verträgen, die ab 1994 abgeschlossen wurden, werden schon jetzt Musterprozesse geführt, in denen es um die Abgeltung der Differenz des aktuellen (und schlechteren) Rückkaufswert zum aktuellen (höheren) Rücktrittwert geht. Erste Prozesse (Nachtrag 2017) wurden schon zugunsten von Konsumenten entschieden.
Laut VKI wurden bei 1.300 bisher überprüften Verträgen bei 2/3 eine fehlerhafte Belehrung über das Rücktrittsrecht festgestellt. Um welche Verträge es sich dabei genau handelt, wurde nicht mitgeteilt. Man kann aber ziemlich sicher davon ausgehen, dass es zumeist fondsgebundene Lebensversicherungen sind, welche ob der Finanzkrise bzw. schlechter Performance noch deutlich im Minus (weniger aktueller Wert als bisherige Einzahlungen) liegen.
Gerade hier wurde seitens Versicherungen oft nicht sehr qualitativ (sondern eher provisionsbezogen) beraten und rasch eine Fondsversicherung als Tilgungsträger für einen oft gar nicht so kleinen Kredit "verkauft". Gier und Ahnungslosigkeit in Paarung ergeben dann zumeist auch negative Ergebnisse...
Nun hat man also seitens Konsumentenschutz einen Winkel gefunden, welcher die Versicherungen wohl durchaus nervös machen darf - ob dies nun auch wirklich seriös ist, sei dahingestellt. Die Rückstrittsklausel hätte nämlich damals auch kaum jemand gezogen, wenn sie statt 14 Tagen oder 4 Wochen 1 Jahr gewesen wäre...
Für die meisten Versicherungsnehmer von Lebensversicherungen aller Art ist dieser Streit zwischen VKI und Versicherungen aber ziemlich gegenstandslos - hat man eine ganz normale private Pensionsversicherung oder eine Lebensversicherung mit Deckungsstock (die sichere Variante mit Garantiezins), wäre ein Rückkauf dieser Altverträge mit netten Garantiezinsen (unter welchen die Versicherungen die nächsten Jahre noch leiden werden) absoluter Schwachsinn. Wo gibt es denn heute noch 2, 3 oder gar 4 Prozent garantiert...?
Der Versicherungsverband warnt hier sinnvollerweise auch vor Rücktritten ab (das sollte man ohnehin tun, Rückkauf oder Rücktritt ist nur in großen Notfällen eine Überlegung wert) und spricht von gerade einmal 600 Verträgen (wohl sind es einige mehr). Die große Masse der Lebensversicherungsverträge (ca. 10 Mio. Stück) ist aber von der Thematik nicht wirklich betroffen und sollte die feinen Altverträge in Ruhe lassen.
Wer einen guten und seriösen Versicherungs- bzw. Finanzberater hat, sollte sich im Zweifel kurz an diesen wenden und den Status Quo der eigenen Lebensversicherungen erfragen, ist die Polizze schwer im Minus, kann eine Vorlage beim VKI natürlich nicht wirklich schaden. Mit 95 Euro Kostenbeitrag kann man sich dann der VKI-Sammelaktion anschließen, welche möglicherweise in einer Sammelklage resultiert. Ein Einlenken der Versicherungen (außergerichtlich) ist eher nicht zu erwarten...
Als Ex-Versicherungsangestellter ist die Geldmarie in dieser Sache natürlich ein wenig vorbelastet: Erst vor ein paar Wochen kamen 2 Fondspolizzen (mit je 10 Jahren zur Auszahlung): Eine mit -20% zum eingesetzten Kapital, die andere mit +80% - daraus leitet sich schon ab, dass es gerade bei den Fondspolizzen zu den unterschiedlichsten Ergebnissen kommen kann. Des Risikos solcher Produkte sollte man sich eben bewusst sein...
Zuerst schlau sein wollen und dann klagen, nicht ganz meine Grundeinstellung: Immofinanz (vor der Sanierung), Meinl European Land, AvW, Fremdwährungskredite (Franken!) in Kombi mit riskanten Tilgungsträgern etc. - es sind leider fast immer die gleichen Menschen, die auf solche "tollen" Trends aufspringen bzw. von ebenso ahnungslosen Beratern "verführt" werden. Geldmarie-Mitleid ist da und dort vorhanden, hält sich aber in Grenzen.
Ad hoc-Meldung - September 2016