Eigentlich sollte die kleine Ökostromnovelle 2017 schon lange fertig sein - im Ministerrat haben ÖVP, SPÖ und Grüne (die man für eine 2/3-Mehrheit benötigt) schon ziemlich genau Vorstellungen verhandelt. Nun ist aber ob der Änderungen in der ÖVP wohl wieder Warten angesagt.
Auch wenn man noch nicht weiß, was Schwarz-Blau nachfolgt - gerade bei der Ökostromdebatte sah man deutlich, wie wenig vernunftorientiert hier seitens ÖVP (so man dieser Tage überhaupt noch ÖVP schreiben darf...) und SPÖ verhandelt wird, wie stark beide Altparteien von ihren "Auslegern" unter Druck gesetzt werden.
Da einerseits die ÖVP, deren Landwirtschafts- und Umweltminister Rupprechter zwar gerne grün sein möchte, aber seit langer Zeit nicht darf: Windkraft oder Biomasse sind gerade im ländlichen Raum (also im "ÖVP-Gebiet") wichtig - andererseits muss wohl jede Förderung auch mit Industrie oder Wirtschaftskammer verhandelt werden. Wirtschaftsminister bzw. Umweltminister (auch wenn in der gleichen Partei) haben es diesbezüglich wohl schwer...
Am anderen Ende des Verhandlungstisches die SPÖ, welche man keinesfalls als "Partei pro erneuerbare Energien" bezeichnen kann. Liest man die Statements von Arbeiterkammer oder Gewerkschaften, entsteht hier folgender Eindruck: Nur keine weiteren Förderungen, ist eh alles schon so teuer. Dass man mit Windkraft, Wasserkraft, Photovoltaik & Co. in Österreich viele Arbeitsplätze schaffen kann und die Energieimportabhängigkeit deutlich verringern könnte, bleibt hier einigen Leuten wohl offenbar verborgen. Lieber billige Klientelpolitik betreiben und sich noch dazu (z.B. für die Wien Energie) für teure KWK-Anlagen einsetzen...
Abgesehen von Klientelpolitik ist die (derzeit) im Ministerrat gestrandete kleine Ökostromnovelle ja durchaus positiv zu betrachten:
Bürokratieabbau bei Neuanlagen, Erleichterung für die sehr sinnvolle und sich rechnende (siehe diverse Artikel in unserem Energiespar-Bereich) Fotovoltaik für Mehrfamilienhäuser (Wien!!!), Fristverlängerungen für derzeit sich in der langen Warteschlage befindlichen Windkraft-Projekte, Nachfolgetarife für effizientere Biogasanlagen, KMU-Förderungen in Sachen Energieeffizienz oder Geld für Energieforschung sind alles richtige Ansätze, die natürlich auch Geld kosten. Ob man Fernwärme hingegen finanziell unterstützen sollte, ist hingegen für mich fragwürdig. Aber ein guter Kompromiss zwischen Verhandlern sollte hier natürlich auch für Fernwärme einen kleinen Spalt offen lassen...
Wesentlich ist derzeit jedenfalls der Abbau der Warteschlange bei der (immer günstiger und besser werdenden) Windkraft, auch die Verabschiedung von viel zu teuren Biogas-Anlagen sollte endlich durchgezogen werden. Ganz auf Biomasse sollte man aber natürlich nicht verzichten: Biomasse ist in Sachen Stromerzeugung eine der wenigen Erzeugungsarten, die für konstante Erzeugung gleicher Mengen sorgen kann und daher in der Energiezukunft (mit vielen Schwankungen im Netz) für Stabilität sorgen kann. In Deutschland wurden 2016 übrigens 9% des Stroms via Biomasse erzeugt - dort sieht aber der Energiemix auch deutlich anders aus als im mit Wasserkraft gesegneten Österreich...
Trotz -nach wie vor- hoher Erzeugung mittels Wasserkraft (Laufkraftwerke, Speicherkraftwerke, Pumpspeicherkraftwerke) sollte man in Österreich nicht ganz auf die Wasserkraft vergessen. Zuletzt wehte den Betreibern von Kleinwasserkraft aber auch größeren Energieunternehmen (siehe Graz, Murkraftwerk) immer ein grauslicher Wind entgegen - für den witzigerweise oft sogar die Grünen zuständig waren...
Mehr Wasser-Laufkraftwerke aber auch mehr Speicherkraftwerke (für die immer höher werdenden Schwankungen im Netz) sind sicher eine feine Zukunftsinvestition - es muss ja nicht alles Geld in die ganz neuen "Alternativen" gesteckt werden. Das ist aber wohl Thema bei der "großen Ökostromnovelle", auf die wir wohl noch bis nach den Wahlen (im Herbst?) warten müssen.
Nochmals zur Windkraft: Hier darf man wohl ruhig ein wenig auf die Bremse treten (insbesondere solange die Speichermöglichkeiten von Überschussstrom noch begrenzt sind, wir können diesen wenigstes via Pumpspeicherkraftwerk einigermaßen sinnvoll verwerten) - die aktuelle Warteschlange sollte man aber rasch mit einer möglichst hohen Summe reduzieren.
Hinkünftig (und auch das wird in der großen Ökostromnovelle wohl verhandelt) sollten insbesondere bei der Windkraft nur noch die besten Standorte Förderungen erhalten - ein Ausschreibungsprinzip (wer benötigt am wenigsten Förderungen) wird auch die (derzeit ohnehin schon fallenden) Ökostrombeiträge für die Endkunden reduzieren oder flach halten. Überhaupt gilt festzuhalten, dass sich die Windkraft auf einem guten Weg befindet: Gäbe es in Deutschland nicht so viel Überschussstrom und wäre der Strompreis (ohne Steuern) noch etwas höher, würde sich die Windkraft schon sehr bald auch ohne Förderungen rechnen!
Auch aus der Solarbranche gibt es gute Nachrichten: Da sollte sich jede neue Anlage eigentlich schon auch ohne Förderungen rechnen! Solarstrom ist zwar nicht ganztägig vorhanden, wird aber gerade dann produziert, wenn Österreich (und auch der Rest der Welt) Strom dringend benötigt: Am Tag.
Wer eine geeignete Möglichkeit hat, eine Fotovoltaikanlage aufzustellen, könnte dieser Tage schon gänzlich ohne Förderungen auskommen: Unter Zahlt sich eine Fotovoltaikanlage aus? hat die Geldmarie das erst jüngst durchgerechnet. Die günstigen Module machen Fotovoltaik schon länger zum Geschäft...
Leider ist zu befürchten, dass die offensichtlichen Chancen (ökologischerer Strommix, positive Beschäftigungs- und Wirtschaftsimpulse) seitens Politiker nicht ausreichend gesehen werden und sich zukunftsweisende Reformen weiter ziehen werden...
Ad hoc-Meldung - Mai 2017