Die Nationalratswahl 2017 ist geschlagen - und wir alle sind wohl froh, dass sich die Dreieckständer bald von den Straßen verabschieden, die dazugehörenden Grinsegesichter ebenso und die Konfrontationen der Spitzenkanditaten im TV endlich ein Ende haben.
Die Resultate entsprechen durchaus den Einschätzungen der Meinungsforscher (die zuletzt oft keinen guten Job gemacht haben): Die Liste Kurz, auch ÖVP genannt, holte sich den angesagten Sieg und wird wohl mit der FPÖ wieder einmal eine Schwarz-Blaue Koalition bilden.
Das eindeutig stark bewegende Thema "politischer Islam" bzw. "Asyl, Flüchtlinge und Zuwanderung" bestimmte auch in Österreich den Ausgang des Votums:
Vor Monaten (noch mit Mitterlehner an der Spitze) noch von Platz 3 gestartet, reichte ein junges Gesicht, einige Eloquenz und eine klare Haltung in der Zuwanderungsfrage, die ÖVP mit Sebastian Kurz an die Spitze (inklusive neuem Anstrich) zu bringen. Das verhinderte wohl auch einen Wahlsieg der FPÖ, die zur Jahreswende hier noch klar der Umfragenkaiser war.
31,6% sind ein Plus von 7,6% (vielleicht hat man sich sogar mehr erwartet) - die langjährige Regierungspartei hat es also geschafft, sich als Reformpartei zu verkaufen. Ob es Sebastian Kurz tatsächlich schafft, die Bünde (Gemeindebund, Beamte, Wirtschaftskammer etc.) oder die Landeshäuptlinge zu -dringend notwendigen- Reformen zu bringen, darf allerdings schwer bezweifelt werden. Da und dort (z.B. bei der schwer notwendigen Pensionsreform) gab es auch schon Rückzieher...
Ein junger Kanzler scheint aber fix - und das ist angesichts der Optionen gar nicht so ein großes Übel.
Auf Platz 2, mit ziemlich unveränderten 26,9 Prozent (derzeit +0,1%) landete die SPÖ mit Kanzler Kern. Angesichts der langsam aussterbenden Gattung der SPÖ-Günstlinge und der "Silberstein-dirty-campaining-Affäre" ein durchaus zufriedenstellendes Ergebnis.
Die SPÖ hatte es aber sowieso schwer, im Trend der Islam-Zuwanderer-Debatte stark zu punkten - als Linkspartei konnte man da nicht viel gewinnen. Es scheint wohl, dass Kern & co. 2017 vom Grünen-Tief massiv profitiert haben, darüber hinaus ist Kern nach Gusenbauer oder Faymann sowieso eine Lichtgestalt.
Die SPÖ wird demnach ziemlich sicher in Opposition gehen und Themen dieser Zeit (Schwund des Mittelstandes, Sozialpolitik) deutlich besser einfordern können als in der zuletzt jahrelang gelähmten Regierung mit der ÖVP.
Wahlsieger Nr. 2 ist die FPÖ. Ein kreidefressender Strache machte im Wahlkampf durchaus gute Figur und konnte damit überraschenderweise gut punkten.
In Sachen Asylthema und Islamdiskussion hat man hier sowieso seit Haider die Themenführerschaft, die "Kopie Kurz" hat hier zwar den Wahlsieg von Strache und Konsorten verhindert, für starke 26% (+5,5%) reichte es aber allemal.
Ob der "brave Strache" schon Vorbereitung auf die Regierung (ein Vizekanzler "Strache" muss natürlich seriös wirken) war oder ob das einfach eine Taktik war, die den ziemlich erfolgreichen Präsidentschaftswahlkampf von Norbert Hofer nachahmen wollte, wird sich wohl nicht so rasch klären.
Alles andere als eine schwarz-blaue Koalition würde die Geldmarie (auch nach den gestrigen Wortmeldungen) sehr verwundern - bleibt zu hoffen übrig, dass uns das Schwarz-Blau-Abenteuer, Version II, nicht so viele (idealerweise gar keine) Prozesse bringt wie die letzte Version. Und vor allem auch, dass es nicht wieder so teuer wird: Man erinnere sich (keine Gabe von vielen Wählern) nur an Eurofighter, Privatisierungen, Hypo Alpe Adria etc...
Überraschenderweise auf Platz 4 gelandet: Die NEOS. Die 5,1% sind zwar kaum Änderung zur letzten Wahl (als die NEOS sensationellerweise den Einzug schafften), ob des aufreibenden Dreikampfes an der Spitze aber durchaus respekabel.
Ein solider Wahlkampf von Strolz (der wohl als einziger der Spitzenkandidaten wirklich Esprit und Schmäh hat), die Frau Griss hätte man sich wohl sparen können.
Interessant werden die Neos sowie die sonstigen Parteien, die vielleicht den Einzug schaffen, sicher als Mehrheitsbringer in Verfassungsangelegenheiten: Da fehlt Schwarz-Blau nämlich glücklicherweise das eine oder andere Prozent.
Nicht ganz überraschend, angesichts der geringen Finanzmittel aber durchaus sensationell, dürfte es Peter Pilz geschafft haben - nach dem Wahlabend wurden 4,3% prognostiziert, was für den Parlamentseinzug reicht.
Angesichts neuer Eurofighter und Schwarz-Blau in Sicht sicher eine brauchbare Kontrollinstanz für das Parlament - eine lange Zukunft ist solchen Personenlisten (siehe Stronach, siehe Martin) aber normalerweise nicht beschieden.
Ein gewaltiges Debakel setzte es für die Grünen: Die aktuellen 3,9% reichen nicht einmal für den Einzug ins Parlament, damit hätte wohl niemand gerechnet.
Grobe interne Streitereien, langweilige Politik, die Nichtnominierung von Urgestein Peter Pilz und auch blöde Wahlsprüche ("sei ein Mann, wähle eine Frau") verärgerten massenhaft grünaffine Menschen - nach vielen Jahren könnten die Stammgäste im Parlament somit dort pausieren müssen.
Angesichts der zukünftigen Themen und der starken Verankerung der Grünen in Österreich aber wohl nur eine Auszeit - so die Wahlkarten nicht doch noch für 4% sorgen...
Trotz Zuwachs von den jungen Grünen (Flora Petrik) stanken die KPÖ gewaltig ab, 0,7% bei der KPÖ zeigt, dass auch hier wohl viele lieber (wie bei den Grünen) viele zur SPÖ tendierten.
GILT von Roland Düringer liegt bei 0,9% und damit auch sehr weit weg vom Parlamentseinzug, die Weissen und die Freie Liste Österreich kamen gerade einmal auf 0,2%.
Schwarz-Blau scheint fix, der Rechtsruck in Österreich (im internationalen Sog) lässt sich nicht verleugnen. Sebastian Kurz hat derzeit recht gute Karten (Wirtschaftslage!), die Regierung könnte sogar ein wirkliches Nulldefizit hinbringen, die Reformen werden sich allerdings ziemlich in Grenzen halten.
Die FPÖ wird es nach einiger Zeit in den Umfragen wieder ziemlich zerbröseln (davon wird Kurz profitieren, aber auch Kern ein wenig) - die Dauer der nächsten Legislaturperiode wird wohl stark von den FP-Umfragewerten abhängen. Möglicherweise ist da auch ein Herr Hofer im Talon...
Die SPÖ kann unter Kern als Oppositionsführer nur profitieren, der eine oder andere Streik (sollten tatsächlich Reformen kommen) scheint vorprogrammiert.
Bei NEOS und Pilz wird sich nicht viel tun, die Grünen können (egal ob außerhalb des Parlaments oder doch noch drin) eigentlich nur zulegen. Leider wird es um klassische Grün-Themen wohl im Parlament ziemlich ruhig werden (was den anderen Parteien und vielen Wählern auch recht ist) - in Sachen Klimaschutz und Erneuerbare Energie (da sind alle Großparteien sehr schwach) aber keine sehr gute Entwicklung.
Ad hoc-Meldung - Oktober 2017