In der heimischen Politik war es die letzten Jahre, ja Jahrzehnte, durchaus populär, ein Aktien- bzw. Börsenmuffel zu sein. Darob sei an dieser Stelle auch (ausnahmsweise) einmal der aktuellen Regierung Lob ausgesprochen - diese wird nämlich noch in dieser Woche das "STS-Verbriefungsvollzugsgesetz" sowie weitere Änderungen im Aktiengesetz durchwinken, welche es vielen Unternehmen überhaupt erst möglich bzw. es sinnvoll machen, an die Börse zu gehen.
Durch eine übertriebene Regelung des heimischen Aktiengesetzes war es nämlich bisweilen nicht möglich, Handel mit Inhaberaktien zu betreiben. Diese Schranke fällt mit dem neuen Aktiengesetz und darüber hinaus wird es für kleinere AG's bzw. KMU's zukünftig auch einfachere Zulassungs- und geringere Publizitätsvorschriften geben. Noch ein wesentlicher Pluspunkt: Die Börsenotiz für kleine Unternehmen wird im "Dritten Markt" günstiger.
In den letzten Jahren gab es (durch Fusionen, Squeeze Out, Übernahmen, Abwanderung etc.) an den Wiener Börse fast nur Abgänge. Von "unten" (= kleinere AG's) kam fast nichts nach. Doch der engagierte CEO der Wiener Börse, Christoph Boschan, hat es nun tatsächlich geschafft, ein Kernproblem des Börsenplatzes Wien endlich anzupacken: Eine "Nachwuchsliga".
So alles bis 21.1.2019 startklar ist (inklusive Gesetzgebung), wird aus dem aktuell eher müden "mid market" (aktuell mit 7 Unternehmen) der neue Dritte Markt, welcher sich in die 2 Segmente "direct market" und "direct market plus" unterteilt.
Im "direct market" ist die Grundvoraussetzung für eine Notiz, die Gesellschaftsform einer AG (Aktiengesellschaft) zu besitzen, ideal soll dieses Segment für AG's sein, die einen "im niedrigen Bereich zweistelligen Streubesitz" aufweisen.
Ein wenig strenger geht es dann für neue KMU's im "direct market plus" zu, welcher gut laufende Unternehmen früher oder später in den "prime market" oder auch den "standard market" führen soll:
Hier ist einerseits ein Unternehmensbestand von einem Jahr Pflicht (wohl kein Problem für die meisten Jungunternehmen), ein Jahresabschluss sowie 2 Halbjahresberichte sind zu veröffentlichen (auch keine Hexerei), ein Unternehmenskalender im Internet ist zu präsentieren (ein paar Handgriffe) und das Unternehmen wird auch durch einen Kapitalmarktcoach begleitet (was auch immer das bedeutet...).
Fix ist: Die Wiener Börse braucht dringend neue Unternehmen, die Politik ist endlich aufgewacht.
Ob die aktuell eher trübe Stimmung sowie die abflauende Konjunktur gleich 2019 besonders viele neue AG's an die Wiener Börse bringen wird, bleibt abzuwarten. Sehr wohl gibt es aber einige Unternehmen, die bzw. deren Aktionäre an einer Börsennotiz durchaus schon länger Interesse haben. So hat sich z.B. bei der letzten oekostrom AG-Hauptversammlung (in einer informativen Umfrage) eine große Mehrheit der Aktionäre für die Möglichkeit eines Börsenhandels der Inhaberaktien ausgesprochen.
Auch in den vielen via Crowdinvesting finanzierten Start-Up's wird eine AG-Gründung wohl von Interesse sein - insbesondere, wenn man die ersten kritischen Jahre überstanden hat und Geld für Expansion benötigt. Nach Einrichtung des Dritten Marktes in Wien wird es aber wohl noch einige Zeit dauern, bis die ersten neuen Unternehmen ante portas stehen.
Dritter Markt in Wien: Wird spannend - good luck!
Ad hoc-Meldung - Oktober 2018