Es war der erste Quartalsgewinn in der Unternehmensgeschichte, welchen das schwedische Streamingportal Spotify gestern bekanntgab: 94 Millionen Euro betrug dieser. Trotzdem wird Spotify auch 2019 rote Zahlen schreiben - mit 200 bis 360 Mio. Euro Minus rechnet das Unternehmen derzeit.
Auch 2019 ist beim Streamingportal nämlich der Fokus weiterhin auf Expansion (und Zukäufe) gerichtet, Geld verdienen will man erst später...
Während in den USA das Streamen von Musik in Sachen Umsatz die CD schon länger überholt hat, war es 2018 auch in Deutschland und Österreich soweit. Diesbezügliche Zahlen aus Österreich folgen wohl in den nächsten Tagen/Wochen, in Deutschland hat man schon eine grobe Übersicht (aber noch keine Umsatzzahlen) über den deutschen Musikmarkt 2018 veröffentlicht.
Und diese Zahlen beweisen ziemlich eindrucksvoll den aktuell stattfindenden Umbruch in der Musikbranche: Schon im ersten Halbjahr 2018 überholte in Deutschland (und auch in Österreich) der Streamingumsatz den Umsatz mit CD-Verkäufen - die Rohdaten für 2018 zeigen einen Umsatzeinbruch bei den abgesetzten CD's von unglaublichen 23% auf 48,2 Mio. Stück. Auch die wieder leicht in Mode gekommene Langspielplatte (LP) musste ein Minus von 7% hinnehmen und verzeichnete 3 Mio. verkaufte Einheiten.
Streaming hingegen boomte in Deutschland 2018 gewaltig und mit 79,5 Milliarden Audio-Streams wurde ein Zuwachs von 40% erreicht.
Noch bevor die CD und die LP in den Regalen dahindümpeln (was bei der CD schon sehr bald der Fall sein dürfte) wird wohl auch der bezahlte Download, der nur ein paar Jahre boomte, ziemlich bald Geschichte sein: Aus 9,8 Mio. Alben-Downloads anno 2017 wurden in Deutschland 2018 nur noch 7,5 Mio., aus 52,6 Mio. Singles-Downloads wurden 2018 dann nur noch 41,5 Mio. Stück.
Nach 30 Jahren Dominanz auf dem Musikmarkt hat die CD (die davor Vinyl massivst schrumpfen ließ) nun gegen das Smartphone (=Stream) klar verloren und wird Jahr für Jahr deutlich verlieren. Schon sehr bald wird es viele Musikstücke gar nicht mehr auf CD geben - insbesondere MusikerInnen mit kleineren Auflagen überlegen schon jetzt, ob man diese überhaupt noch (teuer) auf CD pressen lassen soll...
Wer bei Apple, Amazon oder Google zu spät dran war, wird wohl dieser Tage überlegen, die eine oder andere Spotify-Aktie ins Depot zu holen.
Während die einstigen Handygiganten Nokia und Ericsson das Match gegen Apple, Samsung oder Huawai klar verloren haben, könnte der nächste Technologiesieger durchaus wieder aus Nordeuropa kommen: Spotify ist nämlich derzeit Weltmarktführer beim Streamen und stellt sich durch Zukäufe (derzeit in Sache Podcasts) breiter auf.
Die Konkurrenz im Streaming-Sektor ist mit iTunes (Apple), Amazon, Google & Co. zwar gewaltig und der Kampf um Marktanteile wird wohl noch längere Zeit auf die Erträge drücken - der Marktführer hat aber derzeit sehr gute Karten, weiter fett zu wachsen und auch später noch vorne zu sein.
So konnte Spotify 2018 die registrierten User von 160 Mio. auf 207 Mio. ausbauen. 96 Mio. davon (71 Mio. im Jahr davor) haben sich das kostenpflichtige Premium-Angebot gesichert (Apple-Music hat ca. 50 Mio. Bezahlabos), 116 Mio. (93 Mio. davor) verwenden die kostenfreie ("Ad-supported" - mit extrem viel Werbung, soll früher oder später natürlich ein Bezahlabo werden...) Version.
1,32 Mrd. Euro erlöste Spotify im 4. Quartal 2018 mit den Premium-Abos, gerade einmal 175 Mio. mit der kostenfreien "Werbevariante" - in Summe ist das aber ein Umsatz von 1,495 Mrd. Euro und damit eine Steigerung von 30% zum Vorjahresquartal (1,149 Mrd.).
Quartal für Quartal verzeichnet Spotify nettes Wachstum und ist mittlerweile in 78 Ländern tätig. Dass der Dienst früher oder später natürlich weltweit ausgerollt werden soll, versteht sich wohl von selbst. Aktuell verteilen sich die User zu 40% auf good old Europe, zu 30% auf Nordamerika (wo man mit iTunes natürlich einen starken Konkurrenten hat), zu 20% auf Latein-Amerika und 10% entfallen auf den Rest. Man muss sich hier nur vorstellen, wie die Zuwachsraten ausfallen, wenn z.B. auch Indien oder China (hier gibt es schon eine Beteiligung an Tencent Music) so richtig erobert werden können...
Geld zu verdienen, steht bei den Streamingdiensten demnach aktuell noch gar nicht auf dem Programm - so plant Spotify für 2019 Zukäufe um 400 bis 500 Mio. Euro. Im ersten Quartal 2019 soll die Userzahl auf 215-220 Mio. ausgebaut werden (derzeit 207 Mio.), Ende 2019 rechnet man mit 245-265 Mio. Usern, wovon 117-127 Mio. Bezahlabos sein sollten. Zahlen, die man wohl locker schaffen wird.
Es ist durchaus zu erwarten, dass die Streaminganbieter noch einige Jahre primär um Marktanteile kämpfen werden - der Streamingmarkt wächst wohl noch das eine oder andere Jahrzehnt gewaltig und von den vielen Mitbewerbern werden wohl viele wieder schließen müssen oder sich eine Musiknische (z.B. Klassik, Jazz, Heavy, DIY etc.) suchen.
Ob am Ende Spotify einer der Marktführer bleiben wird, steht noch in den Sternen - ein Investment in die Spotify-Aktie ist demnach natürlich ganz und gar nicht risikolos.
2018 ging man mit 166 Dollar an die New Yorker Börse. Kurz ging es auf 192 Dollar rauf, dann allerdings folgte ein ziemlicher Absturz (gemeinsam mit anderen Technologieaktien) auf 107 Dollar. Jüngst zog die Aktie wieder kräftig an und ging gestern mit 135 Dollar aus dem Markt. Die jüngsten Zahlen lagen zwar über den Erwartungen, trotzdem gab die Aktie gestern 3% nach. Daran sieht man schon: Wer sich die Spotify-Aktie zulegt, muss gute Nerven haben und wohl auch viele Jahre Geduld aufbringen.
Spannend bleibt der Wettlauf um die Streaming-Marktführerschaft jedenfalls - in 5 bis 10 Jahren weiß man diesbezüglich wohl schon deutlich mehr.
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Februar 2019