2019 ist für die heimischen Ökostromerzeuger bisweilen ein feines Jahr - aber nur, was die Produktion betrifft. Die Windkraft liegt bisweilen deutlich über den Zeitzielen, die Wasserkraft hat bisweilen ob hoher Schneelage und einem verregneten Mai ebenfalls tolle Zahlen vorzuweisen und auch die Sonne hat sich 2019 bisweilen überdurchschnittlich oft gezeigt.
Wirkliche Jubelstimmung kommt aber bei den jeweiligen Interessensvertretern nicht auf: Schon 2018 war beim Ausbau der Erneuerbaren oft ein negativer Trend zu beobachten, 2019 stehen noch weniger Fördermittel zur Verfügung. Die (bilanzielle) Stromautarkie per 2030 scheint derzeit eine Illusion zu sein...
Durch den Abgang der in Sachen Energiewende äußerst schwachen Ex-Regierung geraten die Interessensvertreter der Erneuerbaren-Branche aktuell ziemlich unter Druck: Für 2020 war nämlich ein Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geplant, dessen Vorentwurf nahezu Null konkrete bzw. brauchbare Maßnahmen enthielt. Quasi ein Bla-Bla-Werk...
Bis zur Bildung einer neuen Regierung wird es aber wohl noch bis zum Jahresende dauern und bis man dann tatsächlich (mehr oder minder) brauchbare Maßnahmen, Förderungen, Reformen etc. einleiten kann, vergeht weitere Zeit.
Zeit, die in Sachen Klimaziele 2030 immer rascher davonläuft: So wurden z.B. bei der noch sehr ausbaufähigen Photovoltaik 2018 nur 168,7 MW neu installiert (200 MW hätten es nach Plan werden sollen), das ist sogar weniger, als noch 2017! Die für 2030 angestrebte Leistung von insgesamt 15 GW rückt damit immer mehr in die Ferne. Auch 2019 wird der Photovoltaikausbau wieder sehr moderat verlaufen (und unter den Zielen bleiben) - die Halbierung der Fördermittel für Kleinanlagen ist hier nur ein Negativbeispiel.
Aber nicht nur die hohe Politik verdient rhetorische Watschn von der Klima-Gretl (=Greta Thunberg) - auch die Lokalpolitik zeigt immer wieder, dass man primär auf die notorischen Lokalraunzer und Lokalsuderanten hört, als auf die (gar nicht so blöde) Bevölkerung: So haben sich jüngst im Salzburger Windenergie-Hoffnungsgebiet Lungau nur 3 von 15 Bürgermeister pro Windkraftwerke ausgesprochen - in der Bevölkerung wären hingegen (lt. IG Windkraft) rund 2/3 der Bevölkerung für die Windkraftnutzung in der Region. Eigentliche ein Schande für diese Region, einzig die Volksvertreter von Weißpriach, Unternberg oder Zederhaus sind hier positiv zu erwähnen. Hauptsach' is, die Schneekanonen funktionieren...
Dabei wären zwecks Erreichen mittelfristiger (bis 2030) Klima- und Stromproduktionsziele für die westlicheren Bundesländer Oberösterreich, Salzburg, Kärnten, Tirol und Vorarlberg eigentlich rund 300 Windräder notwendig - gegenwärtig laufen in Kärnten gerade einmal 2 Windräder, in Oberösterreich immerhin schon 30, in Salzburg, Tirol und in Vorarlberg ist die Windkraftlandkarte aber noch komplett leer! Natürlich sind die östlichen Bundesländer in Sachen Windaufkommen deutlich begünstigt (dafür funktioniert die Photovoltaik im nebelfreierem Westen etwas besser) - die "Nuller" sind aber sehr wohl eine Riesenschande für die jeweilige Lokalpolitik.
Auch die Wasserkraft hat mit viel Gegenwind zu kämpfen: Erst heute hat sich der Umweltdachverband deutlich und massiv gegen eine weitere Verbauung von Flüssen und damit gegen neue Wasserkraftwerke ausgesprochen - man empfiehlt hier "vorhandenen Anlagen ökologisch verträglich zu modernisieren und damit den Wirkungsgrad erhöhen" sowie auch Reduktion beim Stromverbrauch. Klingt gut, würde im Idealfall natürlich auch Sinn machen - spiegelt aber so gar nicht den (derzeit unaufhaltbaren) Trend hin zu noch mehr Stromverbrauch wider.
Ziemlich übel geht es übrigens auch den Holzkraftwerken, die aus Biomasse Strom erzeugen: Die Förderungen reichen hier oftmals gerade einmal zum Überleben - und nicht einmal dieses ist aktuell bei manchen Kraftwerken gesichert. Hier gilt es zu erwähnen, dass die Förderungen (und auch die Grundkosten) für Strom aus Biomasse deutlich höher sind als z.B. für Photovoltaik oder Windkraft, Biomassestrom ist aber (im Gegensatz zu Wind, Sonne aber oft auch Wasser) deutlich verlässlicher zu produzieren. In Deutschland beträgt der Anteil der Biomassestromerzeugung an der Gesamtstromproduktion 2019 bisweile starke 8,4% - erhöht aber (ob hoher Förderungen) auch deutlich die deutschen Stromrechnungen.
Noch etwas Erfreuliches für die Strombranche: Die lange umfehdete Salzburgleitung wird ab September 2019 gebaut - die Beschwerden dagegen wurden nun vom VfGH abgewiesen. Stromleitungen sind zwar jetzt keinesfalls positiv zu sehen - die Salzburgleitung ist aber ein sehr wichtiges Projekt in Sachen Versorgungssicherheit in Österreich. Damit lässt sich auch (künftig wohl immer häufiger und in größeren Mengen) überschüssiger Windstrom aus dem Osten in die vielen (in den Bergen im Westen vorhandenen) Pumpspeicher "zwischenspeichern".
Fazit in Sachen aktueller Ausbau der Erneuerbaren: Die Politik hinkt hier (nicht nur in Österreich) den eigenen Zielen gewaltig nach - eine (rechnerisch) 100%ige Stromautarkie wäre in Österreich wirklich keine Hexerei (ob der vielen Wasserkraft im Bestand), muss aber deutlich rascher angeregt werden (mit Förderungen bzw. Verteuerung bei allen CO2-Schleudern ging dies auch aufkommensneutral). Österreich darf (in Sachen Strom) durchaus Burgenland werden.
Eine Idee dazu: Die Übergangsregierung macht ruckzuck eine intelligeten und nachhaltige sowie "neutrale" (also ohne Klientelinteressen) ökosoziale Steuerreform, die Parteien winken diese durch und können dann später sagen, dass das ja eine Expertenreform war, mit der sie nur bedingt zu tun haben;-)
Ad hoc-Meldung - Juni 2019