Es waren beinharte Jahre für die Musikindustrie: Nach dem Aufkommen der Tauschbörsen brach der Musikmarkt weltweit gewaltig ein und auch der Verkauf von mp3-Files war (im Vergleich mit den feinen Gewinnen bei LP oder CD) nicht gerade "the yellow from the egg"...
Seit 2017 zeichnet sich aber eine Trendwende bei den Umsätzen der Musikindustrie ab, der heimische Musikmarkt hat z.B. 2017 die Umsatztalsohle erreicht und konnte 2018 immerhin schon um 5,5% auf 153,3 Mio. Umsatz zulegen. Dank Streaming - Musik wird nun primär via Smartphone gehört!
Während die Verkäufe der einst gewinn- und umsatzbringenden CD schon viele Jahre Jahr für Jahr deutlich rückläufig sind bzw. sogar einbrechen, verzeichnet Streaming via Spotify, iTunes, Amazon, Google, Deezer & Co. tolle Zuwachsraten.
2017 konnte der Streamingumsatz in Österreich gar um 86% gesteigert werden, 2018 legte Streaming wiederum um 58,3% zu und kam schon auf einen Jahresumsatz von 51,6 Mio. Euro. Zum Vergleich: Mit CD, Musik-DVD und Vinyl (den sogenannten "physischen Tonträgern") kam man 2018 noch auf insgesamt 54,9 Mio. Umsatz. 2019 gibt es aus Österreich zwar noch keine Zahlen, man muss aber kein Prophet sein um zu wissen, dass Streaming 2019 auch in Österreich die gesamten phyischen Tonträger klar überholen wird.
Diesbezügliche Zahlen aus Deutschland verdeutlichen dies: Im ersten Halbjahr ist der Musikmarkt in Germany insgesamt um 8,4% gewachsen, der Streaminganteil betrug schon dicke 56,4%, die CD kam nur noch auf 28,2% Umsatzanteil und die physischen Tonträger schrieben um 11% runter.
Sogar die (in Musikfragen durchaus haptisch geprägte) Geldmarie hat sich mittlerweile einen Spotify-Account (Bezahlversion) zugelegt und freut sich, dass man jederzeit (und ohne aufzustehen) fast jede Musikproduktion der breit gestreuten LieblingsmusikerInnen abrufen kann. Selbst ziemlich unbekannte Alternative- und Undergroundbands sind da schon oft zu finden.
Für Künstlerinnen und Künstler ist Streaming aber Segen und Fluch zugleich: Gab es früher durch physische Verkäufe halbwegs brauchbare Soforteinnahmen (kaufen Sie LPs oder CDs bei Möglichkeit unbedingt direkt bei den Künstlern - idealerweise gleich nach dem Konzertbesuch), so dauert es beim Streamen schon eine halbe Ewigkeit, bis sich die Einnahmen aus einem neuen Musikwerk halbwegs rechnen.
Wir haben recherchiert und eine österreichische Band mit durchaus guten Verkaufszahlen und feinem Bekanntheitsgrad einmal die Abrechnungen durchrechnen lassen - und die Ergebnisse sind durchaus ernüchternd:
Nachdem Spotify in Europa klare Nummer 1 der Streamingportale ist (in den USA dürfte gerade iTunes vorziehen), haben wir erfragt, was dem Künstler/der Künstlerin pro Stream (ein Song) gutgeschrieben wird. Die Zahlen verstehen sich ohne die "mechanischen Rechte" (das ist die Tantiemenwertschöpfung aus den Urheberrechten am Werk selbst) und sind Durchschnittwerte von mehreren Alben.
Die 2 unterschiedlichen Werte resultieren daraus, dass es bei Spotify den "normalen" Stream (niedriger Wert) und den "Premium-Stream" (=Bezahlversion, höherer Wert) gibt.
1 Stream: 0,032 Cent (normal) - 0,085 Cent (Premium)
100 Streams: 3,2 Cent (normal) - 8,5 Cent (Premium)
1000 Streams: 32 Cent (normal) - 85 Cent (Premium)
10.000 Streams: 3,20 Euro (normal) - 8,50 Euro (Premium)
Auch vom Amazon-Streaming dieser Band haben wir Werte erhalten, diese liegen etwas höher: 15 Cent für 100 Streams bzw. 15 Euro für 10.000 Streams.
"Katastrophe" ist man geneigt zu sagen - "Realität bzw. Zukunftsmusik" ist aber wohl angebracht:
Die wegbrechenden CD-Verkäufe kosten halbwegs erfolgreichen Bands, Musikerinnen und Musikern zwar zum Albumrelease viel Geld, da der Fan/Käufer den Tonträger nun nicht mehr physisch erwirbt/besitzt (richtige Fans kaufen natürlich auch noch die CD bzw. die LP!;-), qualitaiv hochwertige Musik, die länger gehört wird, bringt den Künstlern aber auch in den Folgejahren (im Idealfall lebenslang) Einnahmen. Quasi Folgeprovisionen...
Aber keine Frage: Verkauft man eine CD am Konzert bleiben da schon einmal 5-10 Euro Reingewinn - dafür müsste der Fan grobe 10.000 Streams machen. Und wer spielt eine CD mit 10 Titeln schon 1.000 mal...
Harte Zeiten (insbesondere für die vielen unbekannten, jedoch hochtalentierten) MusikerInnen - auf längere Sicht betrachtet, bleibt jedenfalls die Hoffnung bzw. das Verlangen, dass man auch politisch den zukünftigen Streaming-Platzhirschen bezüglich Ausschüttungen kräftig auf die Füße steigt.
Gegenwärtig sind die Preise für die Streaming-Abos (teilweise gibt es ja auch noch Gratis-Streaming) noch viel zu billig - der Markt befindet sich noch immer in der Entwicklungsphase und mit Billigpreisen wird natürlich heftig um Marktanteile gekämpft. Hat sich der Markt dann einmal entwickelt (was wohl noch einige Jahre dauern wird), werden wohl auch Preiserhöhungen folgen. Wichtig, dass die Künstlervertreter dann auch ihren Teil vom Kuchen einfordern und tatsächlich auch bekommen.
Und in den nächsten Jahren wird sich die Geldmarie die Frage stellen: Was tun mit den rund tausend eigenen CD's?;-)
Ad hoc-Meldung - September 2019