Keine Frage: In Sachen Strommix gehört Deutschland europaweit auch 2019 noch zu den "Schweinderln" - aber nicht mehr ganz zu den "Schweinen": Seit 2011 nämlich die Atomkraftwerkskatastrophe in Fukushima passierte, gab es in Deutschland in Sachen Stromerzeugung einen großen Umbruch.
Dieser Umbruch geschah nicht nur mit dem Atomkraftausstieg bis Ende 2022 (aktuell nur noch 7 AKW's aktiv, am 31.12. schließt das KKW Phillipsberg 2) sondern aktuell wird auch schön langsam der früher extrem hohe Kohleanteil in der Stromerzeugung reduziert. Wie sehr sich die Stromerzeugung in Deutschland in den letzten Jahren geändert hat, sei hier mit ein paar Zahlen von ISE Fraunhofer dokumentiert:
Vor Fukushima setzte man in Deutschland in Sachen Stromerzeugung noch massiv auf Atomkraft - und auch auf besonders umweltfeindlich Kohle.
2010 betrug der Anteil der Erneuerbaren gerade einmal 19,2% an der gesamten Stromerzeugung von 536,13 TWh - nicht erneuerbar waren demnach unglaubliche 80,8 Prozent. Damit gehörte Deutschland eindeutig zu den größten Stromstinkern Europas.
24,7% der Stromproduktion entfielen 2010 auf Atomstrom, Strom aus Braunkohle kam auf 24,2%, Steinkohle auf 18,5% und Gas war für 11,8% der Stromerzeugung verantwortlich.
Windkraft kam 2010 gerade einmal auf 7,2%, Biomasse auf 5,8%, Wasserkraft auf 4% und Solaranlagen bzw. Photovoltaik auf 2%.
Nachdem 2011 gleich 8 Atomkraftwerke vom Netz genommen wurden, wurde der fehlende Strom anfangs auch noch sehr häuftig mittels Kohlekraftwerk produziert.
2015 wurden in Deutschland 548,66 TWh Strom produziert, davon waren noch immer 66,7% nicht erneuerbar, die erneuerbare Stromproduktion zog aber schon kräftig an und kam auf 33,3% (also ca. ein Drittel).
Mit 25,3% lag da nun die Braunkohle vorne und die Steinkohle folgte mit 19,3% auf Platz 2 - beide noch mit leichten Zuwächsen. Stark gewachsen ist inzwischen die Flotte an Windkraftwerken in Deutschland - 14,7% reichten 2015 immerhin schon für Platz 3.
Atomkraft sank auf 15,8% ab, Biomasse legte auf 8,1% zu, Photovoltaik kam schon auf nette 7,1% und Gas war 2015 mit nur 5,5% ziemlicher Verlierer. Schwache 3,5% entfielen auf die Wasserkraft, die mangels vieler Berge und stark strömender Flüsse bzw. Speicherkraftwerken in Deutschland eher traurig aussieht.
Für die deutschen Stromkunden blieb der teure und schnelle Ausbau der Erneuerbaren natürlich nicht ohne Folgen: Rund 21% des Strompreises gehen derzeit in die EEG-Umlage, womit primär die Förderungen von Photovoltaik, Wind und Biomasse bezahlt werden. Kostete die Kilowattstunde 2010 in Deutschland noch durchschnittlich 23 Cent, waren es 2015 schon 29 Cent und 2019 sind es rund 30 Cent. In Österreich kostet die Kilowattstunde derzeit immer noch rund 20 Cent...
Für große Jubelmeldungen ist es zwar angesichts eines aktuellen Anteils der Erneuerbaren von 45,8% (=54,2% nicht erneuerbare Energieträger) im Jahre 2019 noch immer zu früh, der Trend in Deutschland hin zu den Erneuerbaren ist aber nach wie vor sichtbar. 2018 waren es noch 40,6% Erneuerbare - ein Anstieg von 5% im Jahr 2019 ist durchaus beachtlich, wird sich aber ob der aktuellen Ausbaureduktion wohl nicht derart rasch fortsetzen...
Sehr erfreulich aber, dass aktuell (Stand 10.12.2019, da werden sich wohl nur noch Nachkommastellen ändern) die Windkraft in Deutschland zur neuen Nummer 1 geworden ist: Starke 23,9% der deutschen Stromproduktion entfielen bisweilen auf Windkraftwerke - die Windkraft wird damit wohl auch in den nächsten Jahren der Hauptstromproduzent Deutschlands sein und Germany darf sich weiter insbesondere um Speicherlösungen für Überschussstrom kümmern, der ab und an auch bei der Photovoltaik anfällt.
Mit 19,9% liegt die Braunkohle mit sinkender Tendenz auf Platz 2, der Atomstromanteil hat sich von 2015 auf 2019 von 15,8% auf 13,7% reduziert.
Neu auf Platz 4 -und zwar mit stark steigenden Anteilen- liegt die Verstromung von Gas: 10,6% waren es bisweilen 2019, quasi eine Verdoppelung zum Jahr 2015. Nachdem Gas in Sachen Stromerzeugng sehr flexibel einsetzbar ist und damit auch Kohlestromerzeugung ersetzen kann, darf man annehmen, dass sich der Gasstromanteil auch in Deutschland in den nächsten Jahren noch erhöhen wird.
Stark verloren hat in Deutschland die Stromproduktion mittels Steinkohle, welche 2019 auf bisweilen 9,6% kommt und sich seit 2015 somit halbiert hat. Einerseits ist Steinkohle besonders umweltfeindlich, andererseits hat Deutschland mittlerweile auch das letzte Steinkohlekraftwerk geschlossen womit man hier auf Importe angewiesen ist.
Schon knapp hinter der Steinkohle liegt die Photovoltaik, die derzeit bei 9,4% Anteil hält (und wohl ca. bei 9% landen wird - im Dezember ist die Sonne auch in Deutschland besonders faul) - und wohl 2020 schon die Steinkohle von Platz 5 verdrängen wird.
Biomasse kommt 2019 auf 8,6% - hier ist zu den Vorjahren fast keine Steigerung mehr vorhanden. Bezüglich Biomasse hat man nun auch in Deutschland bemerkt, dass diese besonders hohe Förderungen benötigt und hat hier deutlich reduziert sodass kaum mehr Neuanlagen ans Netz gehen. Die Wasserkraft kommt 2019 auf 3,8% Anteil an der gesamten Stromerzeugung Deutschlands.
Mit rund 72% Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung (2018) liegt Österreich nach wie vor im europäischen Spitzenfeld. Die angestrebten 100% per 2030 sind aber derzeit reine Illusion - denn seit vielen Jahren herrscht hier (insbesondere bei der Wasserkraft, aber auch bei Photovoltaik und Windstrom wird nur gekleckert, nicht geklotzt) politische Untätigkeit. Wäre ja schwer peinlich (und in Sachen Verfehlen der Klimaziele auch teuer), wenn uns die Deutschen (mit deutlich schlechterer Ausgangsbasis) schon in ein paar Jahren überholen...
However: Windkraft ist Nummer 1 der Stromproduktion in Deutschland. Respekt! Weitermachen.
Ad hoc-Meldung - Dezember 2019Geldmarie-Linktipp: