Für viele ATX-Unternehmen wird 2020 wohl in den roten bzw. tiefroten Zahlen enden - beim heimischen Energieversorger Verbund lebt aber die Hoffnung auch nach dem 1. Quartal 2020, dass es 2020 nicht so schlimm kommt. In Krisen greifen Anleger ja sehr gerne zu Versorgertiteln (Energie, Post etc.) - auch in der Coronakrise dürfte dies ein durchaus häufiges Rezept sein, welches durchaus zu begründen ist.
Die Zahlen des Verbund für das erste Quartal 2020 zeigen jedenfalls, dass man als Netzbetreiber und Stromlieferant auch in einem sehr negativen Marktumfeld in der Gewinnzone bleiben kann. Hier die aktuellen Zahlen des Verbund für die ersten 3 Monate 2020:
Der Umsatz zog gar um 4% auf 1,257 Mrd. Euro an, das EBITA sank um 4,9% auf 331 Mio. Euro und das operative Ergebnis sank um 8,5% auf 236,2 Mio. Euro. Daraus resultiert immerhin ein Konzernergebnis für die ersten 3 Monate von 156,5 Mio. Euro (Plus!), was nur einem Rückgang von 12,1% gegenüber dem Auftaktquartal 2019 entspricht.
Auch am Strommarkt hat die Corona-Krise massiv eingewirkt: Die Preise von CO2-Zertifikaten sind stark gefallen, die noch immer sehr relevanten Rohstoffpreise für Gas, Kohle und Erdöl sind ebenso stark zurückgegangen, der Winter war relativ harmlos und im Stromnetz herrscht spätestens seit Corona deutlich geringere Nachfrage (-5 bis minus 15%) da ja die Industrie bzw. die Geschäfte ob teilweisem Stillstand deutlich weniger Strom benötigen, als in normalen Zeiten. Deutlich mehr Strom wird hingegen derzeit in den Haushalten verbraucht, wo der Verbund auch schon kräftig an den noch nicht weitergegebenen niedrigen Großhandelspreisen bzw. Spotmarktpreisen mitnaschen kann.
Mit 9% über dem Durchschnitt war die Wasserführung (=Stromerzeugung durch Laufkraftwerke) im 1. Quartal 2020 sehr gut, blieb aber 12% hinter dem wasserreichen 1. Quartal 2019. Im 2. Quartal 2020 wird es hier höchstwahrscheinlich deutliche Rückschläge geben...
Glücklicherweise hat sich der Verbund schon 2019 brauchbare Preise am Terminmarkt für 2020 gesichert, leicht höhere Ergebnisbeiträge lieferten auch die Segmente Erneuerbare und Absatz. Positiv auch das abermalige Absenken des Nettoverschuldungsgrades von 38,1% auf nunmehr 30,7% - das sind sehr überschaubare Schulden...
Im Ausblick für 2020 geht man nunmehr von einem Gewinn zwischen 470-560 Mio. Euro aus - angesichts der traurigen Wirtschaftslage, der extrem niedrigen Großhandelspreise und der schwachen Wasserführung durchaus optimistische Zahlen. 2019 wurde noch ein Gewinn von 555 Mio. Euro erzielt.
Die Aktie des Verbund erreichte im Februar noch 50 Euro um dann im ersten Corona-Schock auf 29 Euro runterzukrachen. Dieser Tage hat man sich schon wieder auf 43-45 Euro hochgearbeitet und bestätigt damit ihren Status als "Krisenwertpapier".
Auf dem aktuellen Niveau ist mir der Verbund fast schon wieder zu teuer: Für 2020 sind hier eigentlich eher nur negative Nachrichten zu erwarten, Luft nach oben sehe ich derzeit eher nicht.
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Mai 2020