Während wir uns dieser Tage über so manche Covid-19-Lockerung freuen und langsam wieder der "Normalbetrieb" (den man natürlich auch hinterfragen sollte) vorherrscht, zeigen sich die Börsen national wie auch international -erwartungsgemäß- noch ziemlich launisch. Einen Tag geht es ein paar Prozente runter, den nächsten Tag wieder rauf.
Während die meisten Anleger 2020 wohl mit einem kräftigen Minus abschließen werden, hat so mancher Opportunist die Gunst der Stunde genutzt und wagemutig genau dann eingekauft, als im März die Börsen im freien Fall waren.
Erstaunlicherweise hielt dieser "freie Fall" 2020 nur einige Wochen an und Mitte März war dann das bisherige "Tal der Tränen" erreicht. Seitdem geht es tendenziell mit Aktien wieder deutlich nach oben, wie auch ein Blick auf die Wiener Börse (die natürlich den internationalen Leitbörsen folgt) zeigt:
So erreichte der ATX Mitte März 2020 mit 1.630 Punkten seinen Tiefststand - im Februar 2020 notierte der Index noch bei ca. 3.200 Punkten. Aktuell notiert der heimische Leitindex aber schon wieder bei 2.380 Punkten - wer inmitten der Börsenpanik in Wien zugeschlagen hat, liegt derzeit im Schnitt mit 46 Prozent im Plus!
Auch beim DAX sieht das ähnlich aus: Der deutsche Leitindex ratterte in der europäischen "Corona-Hochzeit" von 13.700 Punkten auf 8.900 Punkte runter und hat sich schon wieder auf 12.300 Punkte erholt. Da fehlt gar nicht mehr so viel zu den Höchstständen...
Ein Blick in die USA: Von 29.500 Punkten fiel der Dow Jones auf 18.600 Punkte um am Montag schon wieder mit 25.763 Punkten aus dem Markt zu gehen...
Prinzipiell scheint also das Vertrauen der Anleger trotz einer nach wie vor grassierenden Pandemie schon wieder ziemlich zurückgekehrt zu sein - wer dieser Tage noch immer auf steigende Kurse hofft, sollte aber sehr vorsichtig sein: Zumindest die nächsten 2 Jahre werden nämlich für die meisten Unternehmen ziemlich zäh!
Die Quartalsberichte für das 1. Quartal 2020 spiegeln nämlich nur äußerst marginal die Auswirkungen von Covid-19 dar: In Europa ging der "Shutdown" erst so richtig im März 2020 los, die ersten 2 Monate im Jahr 2020 sind noch relativ normal verlaufen...
Die Quartalszahlen für Qu.2/2020 werden hingegen da und dort schlichtweg ein unternehmerisches Desaster sein und für die Quartale 3 und 4 im Jahr 2020 sieht es im Vergleich zum Vorjahr mit Sicherheit auch zumeist sehr schlecht aus. Kaum eine Branche konnte nämlich von Corona wirklich profitieren - sogar die als "sicherer Hafen" geltenden Versorger wie Post oder Stromunternehmen werden 2020 Einbußen und Abschreibungen hinnehmen müssen.
Auch eine 2. Corona-Welle ist natürlich nach wie vor nicht auszuschließen und könnte dann sogar der Todesstoß für viele Unternehmen sein. 2021 werden sich (so die 2. Welle nicht kommt oder harmlos bleibt) die Zahlen im Vergleich zu 2020 dann wohl verbessern - Gewinne bzw. Zahlen wie 2019 sind dann aber wohl noch immer lange nicht in Reichweite und viele Unternehmen müssen sich erst von 2020 erholen bzw. bilden dann auch Reserven für weitere schwierige Jahre...
Schon bei den nächsten Quartalszahlen im Juli bzw. August 2020 wird sich da oder dort ein Riesenverlust auftun - wobei es dabei dann genau zu beobachten gilt, wieweit hier Abschreibungen etc. schon berücksichtigt werden bzw. ob diese auch noch hinausgezögert werden.
Aktuell scheinen mit die Börsen fast zu optimistisch zu sein und ich rechne durchaus noch mit Korrekturen nach unten. Jubeljahre sind derzeit nicht in Sicht - und man sollte sich dieser Tage genau ansehen, was man da so im Portfolio hat.
Bei wohl mehr als 90% aller Unternehmen werden die nächsten 4 Quartale jedenfalls traurig bis schlimm ausfallen - der Anlagehorizont mit Aktien abseits des "Zockens" sollte somit auch unbedingt langfristig sein dürfen...
Ad hoc-Meldung - Juni 2020