Keine Frage: Gute Laune war zuletzt (insbesondere in Österreich) zuletzt eher rar. Aber schon am Wochenende konnte der US-Wahl-Ausgang die meisten Österreicher (bzw. Europäer) durchaus erfreuen und der sich abzeichnende Abgang von Trump ließ auch die Börsen in Europa im Vormittagshandel durchaus im stark grünen Bereich laufen.
Mit der Mitteilung der Pharmafirmen Biontech und Pfizer, gemeinsam ein durchaus hoffnungsvolles Vakazin (mit mehr als 90% Erfolgsrate in der Studie) entwickelt zu haben, dessen Zulassung noch heuer (zuerst wohl in den USA, dann wohl auch in Europa etc.) folgen dürfte, zogen die Börsen in Europa gewaltig in die Höhe und auch der Dow Jones eröffnete am Nachmittag gleich einmal mit 5 Prozent Plus.
Der DAX war da schon längere Zeit 5 bis 6% im Plus und der coronageprügelte ATX schoss gar 8% nach oben.
Ja, keine Frage: Eine wirksame Impfung ist gerade in der zweiten Welle (die aktuell besonders grauslich insbesondere über die Nordhalbkugel rollt und wohl noch längere Zeit dort nicht verebben wird) eine tatsächlich gute Nachricht.
Insbesondere von den Covid-19-Folgen besonders stark geprügelte Aktien zogen heute in Wien gewaltig an: Do & Co. (Flugzeugcatering) lag gar 30 bis 40 Prozent höher als noch am Freitag, die RBI (Bank) legte über 15% zu, die Erste Bank Group 12% und auch die Ölwerte OMV (+13%) oder Schoeller-Bleckmann (+13%) lagen ganz stark im Plus. Auch der Flughafen Wien war 15% höher und das Technologieunternehmen Andritz zeigte sich auch zweistellig fester.
Dass damit aber der große Aufschwung (an den Börsen) eingeleitet ist, sollte man durchaus noch bezweifeln: An Börsen reagieren nämlich auf gute sowie schlechte Nachrichten, die einen Aufschwung/Abschwung in der Zukunft betreffen, deutlich stärker als es dann tatsächlich kommt.
Auch wenn es wohl realistisch ist, dass diverse Impfstoffe (auch von anderen Unternehmen) bald zugelassen werden und auch wirksam sind - Covid-19 bzw. Corona bleibt uns wohl noch lange auch im Jahr 2021 erhalten:
Zuerst werden wohl auch besonders gefährdete/relevante Menschen (Ältere, Pflege- und Krankenhauspersonal etc.) geimpft, dann erst der große Rest. Und darunter sind mit Sicherheit viele Menschen, die sich (aus diversen Gründen) nicht impfen lassen werden. Somit bleibt Corona wohl auch noch 2021 lange ein Thema und könnte sogar 2022 ein solches sein...
Jedenfalls ein Thema wird schon 2021 die Wirtschaftslage sein: Sobald man viele schon jetzt massiv angeschlagene Unternehmen vom "staatlichen Tropf" entfernt, wird eine gewaltige Pleite- und Arbeitslosenwelle über's Land (bzw. auch weltweit) rollen. Es ist noch nicht einmal als fix anzusehen, dass das BIP 2021 überhaupt wieder (wie vielfach prognostiziert) steigen wird: Denn immerhin gab es 2020 noch 2 "normale" Monate und einen halbwegs normalen Sommer - 2021 ist dies noch keinesfalls garantiert.
Das wird wohl weiterhin die klassischen Krisenbranchen (Tourismus, Verkehr, Hotels, Gastronomie, Freizeit, Kultur etc.) treffen und auch an Banken und Co. nicht spurlos vorübergehen.
Irgendwie kommt mir vor, dies ist -trotz der aktuell guten Nachrichten- noch nicht wirklich in den Aktienkursen eingepreist - zu glauben, dass es jetzt schnurstracks aufwärts geht, ist fast ein wenig naiv.
Wiewohl es bezüglich ATX zu sagen gilt: Die Wiener Börse hat es durch die hohe Indexlastigkeit von Aktien wie OMV, Erste oder RBI schon im März gewaltig erwischt - während andere Börsen (z.B. DAX, vor allem der Dow Jones!) den März-Absturz schon fast bzw. gänzlich wieder aufgeholt haben.
Wer jetzt Aktien kauft, braucht aber wohl noch längere Zeit gute Nerven - und vielleicht auch gutes "Sitzfleisch".
Ad hoc-Meldung - November 2020