Respekt, Respekt! In Sachen Strommix hat Deutschland in den letzten Jahren einiges vorgezeigt. Hat schon im Vorjahr die Windkraft die Braunkohle als Stromerzeugungsquelle Nr. 1 abgelöst, dürften es die Deutschen 2020 erstmals schaffen, mehr als die Hälfte der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu produzieren!
Wiewohl man damit natürlich noch lange kein Umweltmusterland ist, nähert man sich damit langsam (aber sicher) den Bestwerten bei der ökologischen Stromerzeugung in Europa. Hier ist Österreich stets weit vorne zu finden (2018: 73% Erneuerbare, 2019: 76%) - bewegt sich aber nur sehr langsam in Richtung angepeilter 100%.
Während Österreich (2019: 60,2% der Stromproduktion aus Wasserkraft, 15,8% aus anderen Erneuerbaren wie Wind und Solar) in Sachen Strommix ob der vielen (schon älteren) Wasserkraftwerke schon lange eine solide Grünstrombasis hat, muss Deutschland hier einen deutlich anderen (und auch teureren) Weg gehen, der aber weiter sehr erfolgreich beschritten wird:
Per 1.12.2020 (alle Daten von Fraunhofer ISE) wurden in Deutschland 445,6 TWh Strom produziert. Davon entfallen mit 229,21 TWh sensationelle 51,4% auf Erneuerbare Energieträger, 216,38 TWh (48,6%) wurden aus konventionellen Energieträgern produziert.
So nicht der Wind im letzten Monat des Jahres komplett auslässt, wird es somit erstmals eine mehrheitliche Nettostromerzeugung der Erneuerbaren geben.
Nachtrag Jänner 2021: 50,5% Erneuerbare sind es in der Nettostromproduktion geworden, 27% davon entfielen auf die Windkraft!
Im Gesamtjahr 2019 wurden in Deutschland 516,6 TWh erzeugt, die Konventionellen hatten da mit 278,67 TWh (53,9%) noch die Mehrheit, 237,95 TWh entfielen auf die Erneuerbaren.
Dass der Stromverbrauch 2020 ob Corona wohl deutlich unter dem Vorjahreswerten bleibt, begünstigt hier auch die Erneuerbaren etwas - der Trend zu Grünstrom scheint aber trotz Einschnitten bei den Förderungen nach wie vor aufrecht zu sein.
Um zu verdeutlichen, was Deutschland hier in wenigen Jahren geschafft hat: 2005 betrug der Anteil der Erneuerbaren noch 11,3%, 2010 dann 19,1% und 2015 waren es noch 33,3%.
Sieht man sich die Energieträger im Detail an, ist die Windkraft der klare Treiber der deutschen Energiewende: Mit 26,9% Anteil an der Gesamtproduktion resultiert schon mehr als ein Viertel der deutschen Stromerzeugung seitens Windkraft. Damit ist die Windkraft auch klare Nr. 1 bei den Stromquellen.
Auf Platz 2 landet in Germany 2020 wiederum die Braunkohle, die aber Jahr für Jahr Anteile verliert: Waren es 2010 noch 24,3% und im Vorjahr noch 19,7%, fiel der Anteil der Stromproduktion aus Braunkohle 2020 bisweilen auf 16,5%.
Auch der Atomausstieg der Deutschen schreitet zügig voran: 2010 produzierte Kernenergie noch 24,8% des Stroms, 2019 waren es noch 13,7% und 2020 liegt man bei 12,4%. Atomstrom in Deutschland hat auch schon länger ein Ablaufdatum.
So seltsam es auch klingen mag: Ein Gewinner der Energiewende ist aktuell das Erdgas. 11,8% des deutschen Stroms wurden 2020 bisweilen aus Erdgaskraftwerken geliefert - mit Erdgas lassen sich nämlich Netzschwankungen (die vor allem bei Wind und Photovoltaik häufig auftreten) schnell kompensieren. 10,2% waren es noch 2019 - und nachdem Erdgas mit Sicherheit weniger Umweltschäden anrichtet als Braun- oder Steinkohle, ist dieser Zuwachs gar nicht so negativ zu sehen, wie es vielleicht auf den ersten Blick erscheinen mag.
Auf Platz 5 der Energieträger landet 2020 die Solarenergie: Derzeit steht man bei 11,2% (2019: 9,2%) - wird aber ob der schwachen Dezembererträge wohl irgendwo bei netten 10,5% landen. Tendenz: Weiter steigend.
Auch Biomasse legt in Deutschland noch zu. Von 8,5% im Vorjahr kletterte man heuer auf 9,4% der Gesamtstromerzeugung - damit ist man (im Gegensatz zu Österreich, wo die teure Biomasse ziemlich vernachlässigt wird) durchaus auch eine relevante Größe in der Stromerzeugung. Der Vorteil von Biomasse im Vergleich mit anderen Erneuerbaren: Die konstante Verfügbarkeit sorgt für mehr Planbarkeit.
Der lange Abschied der Steinkohle geht weiter: Von 9,6% anno 2019 sank man 2020 bisweilen auf 7% Anteil.
Während bei uns die Wasserkraft mit Abstand die wichtigste Stromerzeugungsquelle darstellt, sind die 3,9% Anteil (ziemlich unverändert zu 2019) in Deutschland nicht wirklich sehr relevant.
Respekt also vor den soliden Zahlen aus Deutschland - die Steigerungen werden in den nächsten Jahren aber (auch ob der unsicheren Verfügbarkeit von Wind bzw. der nur temporären Verfügbarbeit von Sonne) wohl etwas geringer ausfallen, die 100% sind noch weit weg. Der bisher beschrittene Weg ist aber jedenfalls eindrucksvoll.
In Österreich kann man sich über den steigenden Grünstromanteil in Deutschland auch freuen - immerhin ist Deutschland ein wichtiger Stromexporteur geworden, welcher auch fast täglich Überschüsse nach Österreich (leider Stromimporteur geworden) liefert. Zu sehr sollte man sich aber nicht auf die Wasserkraft verlassen - möge 2021 in Sachen Klimapaket endlich Tacheles gesprochen werden!
Ad hoc-Meldung - Dezember 2020Geldmarie-Linktipp: