Keine Frage: Covid-19 hat das Leben 2020 bei fast allen Menschen ziemlich dominiert. Wiewohl dieser Tage schon eine Impfung (bzw. mehrere Impfungen) in Sicht sind - auch 2021 wird uns das Virus noch sehr lange begleiten. Und die Folgeschäden aus den Corona-Jahren 2020 und 2021 ebenso.
Mit der Aussicht auf eine wirksame Impfung versus Covid-19 kann man schön langsam auch den Scherbenhaufen einschätzen, den Corona in Österreich (und natürlich auch weltweit) anrichtet.
Das BIP wird 2020 wohl um rund 10% einbrechen, der Bruttoschuldenstand der Republik wird sich um 35-40 Milliarden Euro erhöhen und das Budgetdefizit wird damit wohl ebenso 2020 bei rund 10% des BIP liegen. Der Staatsschuldenstand wird sich im "Corona-Hauptjahr" von 70,5% des BIP auf rund 85% erhöhen.
Auch 2021 wird das Budgetdefizit hoch ausfallen: Derzeit wird dieses vom Fiskalrat auf 6,4% des BIP geschätzt (rund 22 Mrd. Euro Neuverschuldung in Sicht), das entspricht einem Schuldenstand von rund 87% des BIP. Dies unter der Annahme, dass das BIP sich im nächsten Jahr um rund 4-5% gegenüber dem Seuchenjahr 2020 erhöht.
Diese Annahme impliziert aber auch, dass Covid-19 spätestens in der zweiten Jahreshälfte 2021 in Österreich halbwegs im Griff ist.
Eine Prognose, die -trotz Impfung ab Jänner 2021- durchaus optimistisch erscheint - hoffentlich nicht zu optimistisch:
Im ersten Quartal 2021 wird die Wirtschaft nämlich im Vergleich zum 1. Quartal 2020 (da begann Covid-19 erst im März so richtig zu wüten) noch schrumpfen - und auch dann wird die Erholung wohl nur sehr bescheiden ausfallen und deutlich unter den Wirtschaftswerten von 2019 liegen.
Da in Österreich die Covid-Fallzahlen aktuell noch immer sehr hoch sind (da hat man im Herbst eindeutig zu lange zugewartet) und der letzte Lockdown wohl zu kurz war, kann man durchaus erwarten, dass uns auch im 1. Quartal 2021 ein dritter Lockdown droht und die Fallzahlen spätestens im Jänner 2021 wieder kräftig anziehen werden.
Gut, wenn dann rund 800.000 Personen schon im 1. Quartal impfen gehen können - von einer brauchbaren Durchimpfungsrate bzw. einer Herdenimmunität ist man dann damit aber auch im 2. Quartal 2021 noch weit entfernt. Sehr wahrscheinlich, dass auch dann von "Normalbetrieb" noch lange keine Rede sein kann.
So die Impfungen im 2. Quartal 2021 von der Bevölkerung halbwegs angenommen werden (was wohl viel Aufklärungsarbeit notwendig macht - viele stehen der Impfung noch skeptisch bis negativ gegenüber), könnte (könnte!) im 3. Quartal die Wirtschaft in Österreich wieder halbwegs in Schwung kommen. Coronainfektionen werden uns aber noch länger begleiten, als man momentan vielleich kolportiert - auch im 2. Halbjahr 2020 wird es noch viele Infektionen geben!
Ich sehe die aktuellen Massentests in ganz Österreich zwar leicht positiv, viel gescheiter wäre aber wohl (ein guter Vorschlag von der SPÖ-Vorsitzenden Rendi-Wagner, auch das ist möglich!;-), den Östereichern alle 2 Wochen einen Covid-Schnelltext zuzuschicken. Das würde wohl viele Infektionen erkennen lassen (denn wer lässt das Testset dann schon liegen, sogar verbohrte Aluhutträger und sonstige Verschwörungstheoretiker würden es wissen wollen...) und einen dritten oder gar vierten Lockdown (den ich auch nicht ausschließe) ziemlich sicher vermeiden.
Ein richtiger Boom ist aber 2021 so oder so absolut nicht zu erwarten: 2020 hat man in Österreich extrem viele Betriebe "durchgefüttert", die ohnehin Pleitekandidat wären (die Insolvenzen gingen 2020 massiv zurück), 2021 wird dies wohl nur noch einige Monate der Fall sein - dann kommt für viele die Stunde der Wahrheit...
Die Folge: 2021 (sobald die Unterstützungen auslaufen) und 2022 wird es Rekordinsolvenzzahlen geben, ab Einstellung der Kurzarbeit wird die Arbeitslosigkeit explodieren und viele ArbeitnehmerInnen der geburtenstarken 1960er-Jahrgänge werden in die Arbeitslosigkeit gedrängt, welche vielfach in der Frühpension endet.
Von Covid-19 massiv betroffene Branchen wie die Tourismusbranche (Hotels, Gastro, Taxi, Fluglinien, Freizeitangebote etc.) werden sich auch 2021 sehr schwer tun (insbesondere in der ersten Jahreshälfte, aber auch später), auch Kulturbetriebe etc. müssen einen langen Atem haben.
Die aktuelle Wintersaison 2020/2021 kann der Tourismus wohl ziemlich abschreiben - und auch im Sommer 2021 ist mit deutlich weniger Gästen aus dem Ausland zu rechnen, also noch 2019.
Der Staat ist demnach wohl auch im 2. Halbjahr 2021 gefragt - ob der Budgetvoranschlag hält, ist schwer zu bezweifeln.
Während sich Kreditnehmer (so sie den Kredit überhaupt bekommen bzw. bedienen können) über niedrige Zinsen freuen dürfen (diese bleiben wohl noch eine kleine Ewigkeit so niedrig - schließlich müssen ja auch die Staaten die Verschuldung verkraften können), bleibt es für konservative Anleger weiter traurig. Ohne Risiko bleibt es ziemlich unmöglich, einen Realwertverlust zu vermeiden.
Etwas absurd ist die Tatsache, dass viele Börsenplätze (siehe z.B. DAX oder Dow Jones bzw. Nasdaq) aktuell auf Rekordniveau notieren - als hätte es kein Corona gegeben und als hätte die Pandemie keine langfristigen Folgen. In Wien ist Covid-19 zumindest bei den (indexstarken) Bankwerten schon einigermaßen eingepreist, gerade bei den Banken wird es wohl 2021 (und auch noch länger) noch viele Kreditabschreibungen geben.
Für mich waren die Börsianer 2020 eindeutig zu optimistisch - die Auswirkungen der Pandemie werden wohl erst 2021, 2022 oder sogar später noch sichtbar: Firmenpleiten, Kreditausfälle, Massenarbeitslosigkeit etc. werden ziemlich sicher in den nächsten Jahren zu Korrekturen nach unten führen - wer aktuell mit ab 2021 sich stetig erholender Wirtschaft rechnet, hat schon wieder vergessen, dass auch nach der Finanzkrise 2007/2008 das eine oder andere Folgejahr schwer negativ war.
Bankenkrisen, Immobilienblasen, extreme Staatsverschuldung - Eurokrise etc. - alles möglich.
Ein guter Boden wohl für Gold - vielleicht aber auch für "sichere Aktien" wie "Versorger". So hat die Geldmarie vor ein paar Wochen ein kleines "Stromversorgerportfolio" (u.a. mit EVN und E.ON) angelegt - mit solchen Papieren lässt es sich in den nächsten Jahren wohl besser schlafen.
An einen Aufwärtstrend an den Börsen glaube ich (auch ob der vielen Negativbilanzen, die schon Anfang 2021 massiv eintrudeln werden) jedenfalls derzeit nicht - im Gegenteil, eine Korrektur nach unten scheint mir ziemlich wahrscheinlich. Ich irre mich diesbezüglich aber sehr gerne!;-)
Bis wir das Vorkrisenniveau (2019) wieder erreichen, wird es wohl noch einige Jahre dauern.
Ad hoc-Meldung - Dezember 2020