Die Börsenwelt ist schon verrückt: Die vielleicht größte Wirtschaftskrise (gegen die die Finanzkrise noch ein "Bemmerl") steht ante portas (die Nachwehen von Covid-19 sind noch lange nicht bekannt) - und die wichtigen Börsenplätze der Welt (Dow Jones, DAX, S&P 500, Nasdaq 100) beenden das Seuchenjahr 2020 fast durchwegs in der Gewinnzone - der Technologieindex Nasdaq 100 hat sich seit März 2020 fast verdoppelt!
In Wien hingegen hat der durchschnittlich im ATX investierte Anleger 2020 fast 13% verloren: Von 3.186,94 Punkten zum Jahresende 2019 begab sich der Leitindex ATX nunmehr auf 2.780,44 Punkte. Gewann dieser 2019 noch 16,07 Prozent, ist für 2020 ein Verlust von 12,77% zu verzeichnen.
Notierte der ATX im Jänner und Februar 2020 noch zwischen 3.100 und 3.200 Punkten, so knallte die Wiener Börse ab Ausbreitung von Covid19 im März dann auf 1.630 Punkte. Wer da dann fleißig Aktien einkaufte, beendet 2020 in Wien dann doch mit netten Gewinnen.
Bis Juni ging es nämlich schon wieder auf rund 2.500 Punkte hoch um dann bis Anfang November 2020 zumeist zwischen 2.000 und 2.300 Indexpunkten dahinzuwelken. Mit Bekanntwerden der Impfung zogen alle Börsen (auch Wien) dann gewaltig hoch und nunmehr sind sich doch noch fast 2.800 Punkte ausgegangen.
Das 2020er-Minus in Wien ist primär dem Umstand geschuldet, dass mit der Erste Group Bank und Raiffeisen Bank International 2 Banken auch Indexschwergewichte sind - bei Banken ist man auch international sehr vorsichtig und erwartet (wohl nicht zu Unrecht) seitens Börsianern in den nächsten Jahren noch Troubles. Auch das Indexschwergewicht OMV zählte ob (im März) massiv gefallener Ölpreise zu den Verlierern des Jahres 2020.
Apropos Verlierer, die da 2020 im ATX20 die Mehrheit bildeten: Den höchsten Jahresverlust (zumindest was die Aktienkurse anbelangt) setzte es für den Ölfeldausrüster Schoeller-Bleckmann mit -39,79 Prozent. Dann folgte schon Ölkonzern OMV mit -34,23% und schließlich die Uniqa mit 29,05%.
Starke Kursverluste zwischen 25 und 29 Prozent auch bei Immofunding, Raiffeisen Bank International, Erste Group Bank und Do&Co.
Es gab aber 2020 auch "Sieger": Der Verbund legte als "sicherer Versorger" gar um 49,78% zu, Mayr-Melnhof profitiert vom Boom bei den Kartonagen und zog um 38,50% höher und Technikkonzern AT&S konnte sich um schöne 28,57% verbessern.
Auch wenn 2021 sich Corona im Laufe des Jahres (wohl nur langsam) verflüchtigen sollte: Die Bilanzen der meisten Unternehmen werden für 2019 wohl oft schwer negativ bzw. ernüchternd aussehen. Auch für das erste Quartal 2021 sieht dies wohl ähnlich aus.
Die langsame Rückkehr zur "alten Normalität" und auch die für 2021 und 2022 zu erwartende Pleitewellen sollten aber den Optimismus zügeln - die meisten Börsen haben dies sowieso schon vorweggenommen, beim ATX bleiben die Finanztitel das große Fragezeichen.
Interessant finde ich derzeit an der Wiener Börse folgende Aktien: Post, Telekom Austria, EVN, OMV und Uniqa. Die ersten 3 als "konservative Versorgeraktien", letztere als Überraschungskandidaten.
Ad hoc-Meldung - Dezember 2020