Während dieser kalten und energieintensiven Tage die Klimawandelleugner (ähnlich "intelligent" wie Corona-Leugner) wieder Wetter mit Klima verwechseln, dürften im Umwelt- wie auch im Finanzministerium die Köpfe rauchen: Es gilt endlich, das EAG ("Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz") in Zahlen und Fakten zu gießen, welches in den nächsten Tagen/Wochen in den Ministerrat kommen soll und das Ökostrom-Gesetz ablösen soll. Unzählige Presseaussendung der Energie-Branchenvertreter sind ein weiterer Hinweis auf einen baldigen Gesetzesvorschlag.
Es gilt damit wirklich hoch angesetzte Ziele zu erreichen - so soll bis 2030 die Stromerzeugung in Österreich zu 100% (national bilanziell) aus Erneuerbaren Energien erfolgen und bis 2040 möchte man (so sagt das geduldige Papier) überhaupt klimaneutral sein.
Wiewohl Österreich diesbezüglich schon eine historisch ausgezeichnete Ausgangsbasis hat (viel Wasserkraft!), sind diese 100% nur äußerst schwer zu erreichen: Betrug der Anteil der Erneuerbaren in der Stromerzeugung 1990 noch 71 Prozent, so waren es 2019 rund 75%. Und das, obwohl 2019 schon 10% Windkraft, 4% Biomasse und rund 1-2% Photovoltaik zu den 75% grüner Energieerzeugung (60% Wasserkraft) beitrugen.
Der Anteil der Erneuerbaren stieg demnach trotz neuer Technologien in der Grünstromerzeugung nur kaum - ein klarer Hinweis darauf, dass man hier auch seitens Politik endlich Vollgas geben muss, möchte man nicht schon bald hohe (und sinnlose) Strafzahlungen leisten. Darüber hinaus ist im neuen Jahrtausend Österreich vom Stromexporteur zum Stromimporteur geworden - 10-15% waren in den letzten Jahren Stromimporte aus Ländern mit nicht wirklich sehr "grünem" Strommix (v.a. Deutschland, Tschechien).
Der schon alte (und sehr unverbindlich abgefasste) Entwurf des EAG sieht einen Ausbau der heimischen Stromerzeugung um 27 Terawattstunden bis 2030 vor, ganz wesentlich setzt man hier (zurecht) auf Photovoltaik und Windkraft.
Insbesondere bei der Photovoltaik sind die Ausbauziele riesengroß: Von derzeit rund 2 TWh Produktion möchte man bis 2020 auf 11 TWh kommen - und damit pro Jahr fast die Hälfte der aktuellen Gesamtfläche zubauen!
Dass dieser extreme Zubau nur mit staatlichen Förderungen funktioniert, liegt auf der Hand - wiewohl es eigentlich schon jetzt auch ohne Förderungen für viele Private und Firmen bzw. Körperschaften absolut sinnvoll wäre, dieses oder jenes Dach mit Photovoltaikmodulen vollzuräumen!
Photovoltaikanlagen sind nämlich (so Eigenverbrauch des produzierten Stroms gegeben ist) schon viele Jahre eine hervorragende -wiewohl natürlich langfristige- Anlage. Durch stark gesunkene Anschaffungskosten wären die meisten Anlagen auch ohne Förderung schon heute ein Geschäft, nachlesen kann man hier eine seriöse Kalkulation der Geldmarie unter Zahlt sich eine Fotovoltaikanlage aus?.
Nachdem zu erwarten ist, dass die Strompreise in den nächsten Jahren sich eher nach oben entwickeln, wäre es fast dümmlich, mögliche Flächen auf Dächern brachliegen zu lassen und das Geld zum Nullzins der Bank zu borgen...
Abgesehen von ökologischen und ökonomischen Gedanken macht der Ausbau der Photovoltaik auch in Sachen "Überschussstrom" Sinn: Während der Windstrom auch oft dann in Mengen vorhanden ist, wenn man ihn gerade nicht braucht, so scheint die Sonne genau dann (am Tag), wenn auch der Stromverbrauch besonders hoch ist. Leider im Winter halt deutlich seltener...
Trotzdem kann man mit Photovoltaik locker einen zweistelligen Prozentbeitrag zur Stromproduktion erreichen, was Deutschland seit dem Atomausstieg auch binnen weniger Jahre vorgezeigt hat: 10,5% der Stromproduktion waren dort 2020 der Photovoltaik zuzurechnen (lt. Fraunhofer ISE), sensationelle 27% der Windkraft. Da kann sich Österreich sicher ein Scherzerl abschneiden...
Fairerweise gilt es hier natürlich auch zu erwähnen, dass der massive Umbruch in der deutschen Stromerzeugung (2020 immerhin schon 50,6% Anteil der Erneuerbaren, 2005 waren es noch magere 11,3%...) auch zu deutlich höheren Strompreisen in Deutschland geführt hat. Nachdem Österreich hier ab durch die feine Basis der Wasserkraftwerke (Laufkraftwerke, Speicherkraftwerke, Pumpspeicherkraftwerke) deutlich weniger Ausbautroubles hat und die hoffentlich bald folgenden politischen Maßnahmen (EAG, höhere CO2-Bepreisung) auch Einnahmen bringen sollten sowie die wohl bald höheren Strompreise auch die Förderungen reduzieren, sollten sich die durchschnittlichen Mehrkosten für private Stromkunden weiterhin bei rund 100 bis 150 Euro (2021. ca. 111 Euro) belaufen.
Zum Glück zwingen darf in Sachen Photovoltaik ruhig im Neubau (was teilweise schon passiert) - hier könnte man die Mindestflächen auch ein wenig erhöhen. Sorgar bei Kreditfinanzierung bleibt den Häuslbauern dann auf Dauer noch ein Gewinn. Auch Behördendächer bzw. Schulen sollten sehr leicht mit Photovoltaik ausgestattet werden - so diese günstige Dachflächen aufweisen und auch keine "Verschandelung" von historischen Gebäuden passiert.
In Sachen "Verschandelung" muss man insbesodere bei Freiflächenanlagen aufpassen: Diese rentieren sich derzeit (ohne Eigenverbrauch) nur mit Förderungen - und sollten demnach auch nachrangig behandelt werden, so es sich um landwirtschaftliche Flächen handelt. Ein paar oberschlaue Investoren kaufen da und dort schon kräftig Agrarflächen - hier sollte man Förderungen wohl nur dann gewähren, wenn eine weitere (sinnvolle) agrarische Nutzung auch gewährleistet wird!
Gefährlich aber auch Tendenzen im Burgenland seitens Politik: Da möchte man gar mit neuen Abgaben an das Land mitkassieren und den Landesversorger verpflichtend ins Spiel bringen - was angesichts einer Bundesförderung ja ziemlicher Schwachsinn ist.
Auch etwaige Eigenstromsteuern für Erneuerbare sollten gänzlich österreichweit verboten bzw. abgeschafft werden, für Grünstrom-Gemeinschaftsprojekte wie eFriends oder OurPower gilt das sowieso, diese sollte man auch noch zusätzlich fördern, sodass der Ausbau bzw. der lokale Stromhandel auch im Privatbereich irgendwann den Durchbruch schafft.
Bei der Solarenergie erscheint mir ein massiver Ausbau in den nächsten Jahren besonders sinnvoll, aber auch andere Erneuerbare sind schon jetzt absolut wichtig für die heimische Stromproduktion.
In Deutschland war im Vorjahr der Strom aus Windkraft mit einem Anteil von 27% der Gesamterzeugung schon klare Nr. 1 - bei uns hat der Wind auch noch durchaus viel Luft nach oben.
Das liegt schon an der Tatsache, dass man für die neue Generation der Windkraftwerke eigentlich fast keine Förderung mehr benötigt, so effektiv sind diese "Riesenwindräder" dieser Tage schon. Nachteile: Strom wird halt nur dann produziert, wenn viel Wind geht - und nicht gleichmäßig. Nicht ideal für's Stromnetz (dessen Ausbau auch noch sehr viel Geld verschlingen wird müssen) - und Speichern (z.B. in Pumpspeicherkraftwerken) ist derzeit auch nur mit ziemlich hohen Verlusten verbunden, was sich wohl auch länger nicht ändern wird.
Da aber der Trend von fossilen Brennstoffen hin zu Strom weiter anhalten wird (z.B. Benzin/Diesel zu Elektroantrieb, Wärmepumpe statt Öl oder Gas), sind bezüglich Windkraft flexible Tarife (billiger Strom, wenn viel vorhanden) mit den schön langsam anrollenden Smart-Metern durchaus zu fördern. Auto aufladen bzw. Warmwasser aufbereiten dann, wenn viel bzw. günstiger Strom vorhanden ist. So ähnlich läuft das bei der Geldmarie schon jetzt in Sachen Geschirrspüler, E-Moped oder Waschmaschine - da wird dann der Strom verbraucht, wenn er im Überschuss (via eigener Photovoltaikanlage) vorhanden ist.
Gerade bei der Windkraft ist der Ausbau in den letzten Jahren ziemlich ins Stocken geraten. 2020 fiel sogar die installierte Leistung ein wenig - das aber auch nur, weil gerade viele Windräder umgebaut werden ("Repowering", wenige größere und modernere Anlagen ersetzen ältere und kleinere Kraftwerke). Auch politisch und bürokratisch kämpft hier die Branche massiv mit "Betonierern" und Florianiprinzipjüngern - die bis 2030 angestrebten 17,5 TWh Erzeugung (also mehr als eine Verdoppelung des Bestands) werden ob er mehrjährigen Vorlaufzeit von Projekten aber ziemlich schwierig...
Auch im Bereich der Wasserkraft gilt es noch Synergien zu heben: Die Verbauung heimischer Flüsse ist zwar schon ziemlich ausgereizt, hier bietet aber insbesondere der technische Fortschritt noch viele Möglichkeiten, die Produktion zu erhöhen. Da und dort vielleicht auch noch ein ganz neues Projekt und auch auf die wichtigen Speicherkraftwerke (+Pumpspeicher, die für den Ausgleich im Netz sehr wichtig sind) sollte man beim EAG nicht vergessen.
Während die Biomasse in Sachen Wärme (Heizen) in Österreich sehr wichtig ist und bleibt, geriet diese bezüglich Strom in den letzten Jahren ziemlich auf das Abstellgleis. In Deutschland lag der Anteil der Biomasse an der Stromerzeugung 2020 bei hohen 9,4% - bei uns werden dieser Tage gerade einmal ziemlich konstante 180 MW Leistung von 5.000 bis 10.000 MW (über den Tag verteilt) erzeugt.
Viele Pioniere der Biomasse-Stromerzeugung haben die Betriebe nach dem Auslaufen von Förderungen in den letzten Jahren zugesperrt. Biomasse ist vom Gestehungspreis noch besonders weit weg vom Marktpreis (über dessen Gerechtigkeit man natürlich auch streiten kann...) - aber insbesondere Biomassestrom aus minderwertigem Holz sollte man nicht aus den Augen verlieren und zukünftig wieder mehr fördern. Der Klimawandel bringt nämlich auch sehr viel Schadholz (Windbruch, Borkenkäfer) mit sich, welches sowohl in Sachen Wärme als auch in Sachen Strom seinen Sinn macht. Auch unterstützt man damit indirekt auch viele kleine landwirtschaftliche Betriebe, die die mühsame Waldarbeit weiterhin auf sich nehmen.
Da unsere Gesellschaft verstärkt zu automatischen und relativ wartungsfreien Heizungen tendiert, verliert Holz hier als Brennmaterial für den Privathaushalt wohl laufend an Bedeutung (auch die Pellets- statt Ölheizungen können hier nur den Trend lindern) - die Wertschöpfung in Österreich ist aber hier besonders gewichtig und Strom aus Biomasse hat auch den großen Vorteil, komplett konstant zur Verfügung zu stehen. Und das kann man nicht einmal vom (sehr verlässlichen, aber trotzdem Schwankungen unterliegenden) Wasser sagen...
So wir nicht unzählige neue Wasserkraftwerke (Laufkraftwerke, Speicher, Pumpspeicher) bauen und Zig-Milliarden in neue Leitungen bzw. Speichersysteme (die sich derzeit noch nicht rentieren) investieren, wird auch Erdgas die nächsten Jahrzehnte noch sehr wichtig sein. Putin, Halbdiktaturen, Fossil hin oder her...
Während man im Haushalts- bzw. Industriebereich dem Gas -langsam aber sicher- den Hahn etwas zudrehen sollte, bleibt die Stromerzeugung via Gas noch sehr sehr lange in Österreich relevant. Insbesondere an Tagen mit wenig Wasserführung bzw. Windstrom hilft Gas den heimischen Wasserspeichern bestens und rasch aus, das Stromnetz stabil zu halten.
Das wird sich auch in den nächsten Jahrzehnten nicht sehr rasch ändern und Strom aus Gas ist in Sachen Umweltschäden wohl deutlich besser zu bewerten als Strom aus Öl oder Kohle (Österreich ist bezüglich Strom seit 2020 kohlefrei). Ob grünes Gas hier Zukunft hat, wird sich wohl auch erst in den nächsten Jahrzehnten weisen (auch "Power-to-Gas" ist hier interessant aber noch nicht marktreif), aktuell hat Österreich aber eines der besten Gasnetze (plus riesige Gasspeicher) in Europa und muss sich vor dem Winter nur fragen, ob Russland & Co. eh Geld verdienen möchte...
Im Winter 2020/2021 stieg übrigens der Gasverbrauch in Österreich und Europa wieder massiv an (nach einem milden Winter davor) - auch die Verstromung von Gas (ob mehr -und schwankender- Erneuerbarer im Netz) trug hier stark zum Verbrauchsanstieg bei.
Die Wertschöpfung geht hier natürlich ins (bedenkliche) Ausland, Gas bringt man aber wohl nicht so rasch aus dem Lande...
Bezüglich Heizöl darf man aber gesetzlich und steuerlich ruhig noch ein wenig strenger werden, wobei Öl in der Stromerzeugung hierzulande sowieso keine Rolle spielt. Der Ausstieg aus Öl bringt aber Chancen für die heimische Forstwirtschaft mit sich, welche bei der Stromerzeugung derzeit keine allzu guten Aussichten hat.
Durchaus interessant wäre es wohl auch in Österreich, mehr Kapital (auch von Privaten, die z.B. in Sachen Eigenstromerzeugung wenig bis keine Möglichkeiten haben) in den zweifelsohne interessanten Grünstrommarkt zu bringen: Ein Nachhaltigkeitsfonds, welcher private und halbprivate (= Landesversorger) Grünstromprojekte mitfinanziert, sollte durchaus nette Kapitalflüsse lukrieren. Grüner Strom ist nämlich längst schon marktfähig - und wird es in den nächsten Jahren/Jahrzehnten sicherlich bleiben.
Ein wenig (realistischer) Pessimismus zum Abschluss: Ich fürchte, dass das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz nicht ausreichen wird, die (extrem hohen) Ziele bis 2030 oder 2040 zu erreichen - schlichtweg weil wir schon 2021 schreiben und da die wirtschaftliche Entwicklung aktuell und die nächsten Jahre ziemlich mies sein wird. Da bleiben halt dann doch deutlich zu wenige Milliarden für den Umbau des Energiesektors - und insbesondere die ÖVP wird hier (wie schon bei den letzten VP-Umweltministern zu sehen war) wieder bremsen und verzögern.
Mit Leonore Gewessler (Grüne) sitzt derzeit zwar die richtige Frau an der richtigen Stelle - vom Finanzministerium kann man dies aber wohl weniger behaupten.
Wenn in Österreich nur die Hälfte der Ausbauziele erreicht werden, würde mich das schon überraschen...
Ad hoc-Meldung - Februar 2021