Dieser Tage mehren sich die Sichtungen von E-Cars (leicht erkennbar an den zumeist schon grünen Kennzeichen) auf den heimischen Straßen massiv: Mit 17.337 Stück Neuzulassungen von Elektroautos (das sind immerhin 11,2% der Gesamt-PKW-Neuzulassungen) in den ersten sieben Monaten scheint ein zweistelliger Anteil bei den PKW-Neuzulassungen im Jahr 2021 durchaus in Reichweite.
Von den 154.298 von Jänner bis Juli 2021 neu zugelassenen PKW (ein Plus von 12,2% gegenüber dem katastrophalen Vorjahr) bewegen sich aber immer noch 40,3% mit Benzinantrieb, mit 25,4% am Neuzulassungskuchen verliert der Dieselmotor weiterhin deutlich Terrain und Hybridmotoren holen mit 23% weiter stark auf.
Ein weiterer starker Trend am Neuwagenmarkt: Neuzulassungen von LKW der Klasse N1 (kleine LKW, meist Transportfahrzeuge) explodieren geradezu - 35.047 Stück sind ein Plus von 69,2% zum Vorjahr, ausschlaggebend dürfte hier wohl der von Corona forcierte Trend zur Onlinebestellung sein. Leider sind hier wohl die meisten Klein-LKW mit Diesel unterwegs...
Bei den Elektrofahrzeugen ist heuer VW mit 3.541 Stück vorne - ID.3 bzw. ID.4 haben hier durchaus nette Verkaufzahlen zu verzeichnen. Es folgt Tesla mit 2.629 neuen Autos (davon 2.610 Stück Tesla Model 3) und auch Renault kommt mit 1.314 Stück noch aufs "Elektrostockerl".
Was bei Elektroautos auffällt: Rund 80-90% der Neuzulassungen entfallen auf Firmen und Institutionen! Hier werden Steuervorteile und Förderungen genutzt - und gewerbliche Vielnutzer von Elektroautos erreichen auch viel rascher den finanziellen "Break-even". Darüber hinaus sind bei Unternehmen oft auch Ladestellen vorhanden bzw. das (deutlich günstigere) Laden zu Hause bzw. im Betrieb ist somit deutlich unkomplizierter.
Die vielen Schlagzeilen und Berichte in allen Medien rund um das Elektroauto suggerieren derzeit fast einen baldigen Umbruch im heimischen PKW-Bestand. Sieht man sich aber die Bestandszahlen einmal genauer an, weiß man, dass Benzin und Diesel noch lange nicht ausgedient haben:
Ende 2019 gab es in Österreich 5,04 Mio. zugelassene PKW, trotz Covid-19 waren es deren Ende 2020 schon 5,09 Mio. Stück. Zum 30.6.2021 zählte die Statistik Austria schon 5,13 Mio. PKW - auch wenn es im 2. Halbjahr traditionell weniger Neuzulassungen gibt, kann man schon fix damit rechnen, dass die PKW-Flotte auch 2021 wachsen wird. Selbiges gilt übrigens auch für die LKW-Flotte.
So erfreulich die Entwicklung bei den Neuzulassungen von reinen Elektroautos und den (deutlich sparsameren) Hybrid- und Plug-In-Varianten auch ist - bezüglich Gesamtbestand von PKW´s sieht das noch sehr mager aus.
Rund 110.000 Hybridfahrzeuge per 30.6.2021 ergeben einen Anteil von 2,1% vom Gesamt-PKW-Bestand, aktuell zugelassene 59.289 Elektroautos ergeben bescheidene 1,2% Anteil. Mit 2.746 Mio. PKW-Dieselfahrzeugen (entspricht 53,5% - also mehr als die Hälfte der zugelassenen PKW) liegt der Diesel wohl noch ein paar Jahre vor dem Benziner, welcher zuletzt auf 2,207 Mio. Stück (43,0% Anteil) kam.
Während Benziner nur ganz leicht Marktanteile verlieren (Ende 2019 waren es noch 43,2%) knickt der lange dominante Diesel etwas mehr ein: Von 55% Ende 2019 ging es auf besagte 53,5% runter.
Vielleicht schon 2022 verliert der Dieselmotor in Personenkraftwagen aber seine "absolute Mehrheit" in Österreich, bis in etwa 2025 oder 2026 könnte dann schon der Benziner wieder vorne sein. Bis Hybridfahrzeuge bzw. Elektroautos den Gesamtbestand dominieren bzw. eine wirklich relevante Größenordnung erreichen, vergeht aber wohl noch das eine oder andere Jahrzehnt - sehr abhängig ist dies natürlich von politischen Vorgaben für Autobauer bzw. Spritpreisen, Steuern, Verboten, Förderungen etc. seitens europäischer bzw. österreichischer Politik.
Rechnet man die gewerblichen Anmeldungen von Elektroautos raus, bleiben dann doch eher nur ziemlich bescheidene Zahlen übrig.
Für Privatkäufer sind Elektroautos noch immer deutlich zu teuer (für einen vergleichbaren Mittelklasse-PKW muss man da schon zumeist 20.000-25.000 Euro mehr hinblättern) - einzig Kleinstwägen (primär für die Stadt) sind ob der Förderung für Vielfahrer schon durchaus interessant geworden.
Auch der Mangel an privaten Lademöglichkeiten (die öffentlichen Ladeplätze sind oft noch ziemlich schwierig zu überblicken - hier sollten auch die Tarifbestimmungen geordnet werden) ist vielfach ein Problem - tankt man nur öffentlich, sind schon Umwege zu machen, ist Zeitverlust gegenüber dem Sprittanken vorhanden und die Preise an den Ladestationen sind da und dort ziemlich saftig. Oft fährt man (als "Fremdlader") sogar mit Benzin oder Diesel günstiger...
Erst bei Preisen für Mittelklassewägen von 25.000 bis 35.000 Euro, welche dann auch verlässlich mindestens 500 Kilometer schaffen (auch im Winter und bei 120 km/h auf der Autobahn) wird es wohl auch für den privaten Mittelstand interessant, sich dem Elektroauto zu nähern - da sind wir aber wohl noch ein paar Jahre weit entfernt. Solange Strecken wie z.B. Wien-Graz-Wien oder Wien-Linz-Wien bzw. die Adriaküste nicht ohne Ladepause möglich sind, wird`s wohl auch weiterhin schwer sein, Privaten teure Elektroautos zu verkaufen. Auch wenn längere Strecken zumeist nur selten gefahren werden...
Der aktuell von Firmen/Gemeinden getriebene Boom wird wohl auch bald etwas abflachen - dann gilt es, auch die Privaten vermehrt ins E-Car zu holen. Idealerweise nicht nur mit Verboten - eine stärkere CO2-Bepreisung (wir sind aktuell fast die Diskonttankstelle Mitteleuropas) wäre aber wohl alsbald angebracht.
Für rund 30% der CO2-Belastung in Österreich ist der Straßenverkehr verantwortlich. Eine moderate Erhöhung der Mineralölsteuer würde den Tanktourismus in Österreich verringern und unsere Klimaziele deutlich erreichbarer machen - auch das Tempolimit auf der Autobahn (130 km/h) sollte eine mutige Regierung ins Gespräch bringen. Bei 130 fährt die linke Fahrspur sowieso 145, geht man auf 110 km/h runter, wären (straffreie) 125 km/h wohl auch noch mehr als genug.
Idelerweise sollte man in Sachen fairer und sozial verträglicher CO2-Steuern seitens Politik sehr bald reagieren (nicht im Vorfeld von Wahlen) - vor der "heiligen Kuh" Auto fürchtet sich natürlich jeder populistische Politiker. Und davon gibt es genug...
Ob die Elektroautos in Sachen Straßenverkehr dereinst die "Lösung" der CO2-Problematik sind, kann wohl aus heutiger Sicht noch niemand wirklich beurteilen. Auch ein Elektroauto birgt in der Herstellung (Stichwort "Lithiumabbau" etc.) und im Betrieb (Stichwort "sauberer Strom") viele negative Effekte. Aber -und da darf man den vielen seriösen Berechnungen schon trauen- es ist jedenfalls heute schon fast immer deutlich "grüner" als ein Verbrennungsmotor.
Je grüner der Strom, den das E-Car verwendet, desto besser auch die Umweltbilanz. Und nachdem wir in Österreich die grüne Stromerzeugung ohnehin massiv ankurbeln wollen, sei hier nur erwähnt, dass das halbe Ausbauziel bis 2030 reichen würde, um in Österreich alle PKW auf Stromer umzustellen. Elektroautos mit moderner Technik lassen sich übrigens schon heute als Stromspeicher für Überschussstrom (Photovoltaik am Dach!) verwenden - hier gibt es durchaus viele sinnvolle Möglichkeiten (z.B. billigen Nachtstrom speichern)...
Vor dem oft kolportierten "Aus für neue Verbrennungsmotoren ab 2030 oder 2035" muss man sich aber nicht wirklich fürchten - insbesondere, wenn es der Autoindustrie bis dahin gelingt, wirklich preiswerte Mittelklasse-E-Cars an den Start zu bringen. Diesbezüglich bin ich durchaus optimistisch.
Viele Skeptiker werden dann 2029 oder 2034 (oder eben dann, wenn das Verbot ante portas steht - so überhaupt eines kommt) noch ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor kaufen - und Gebrauchtwagen mit Stinkermotor werden dann wohl noch 10 bis 20 Jahre unterwegs sein.
Für die nächsten 2-3 Jahre ist aber realistischerweise (aus oben genannten Gründen) noch keine "Elektromotorenrevolution" zu erwarten!
Ad hoc-Meldung - August 2021