Dass die Gasspeicher in Österreich vor dem Winter 2021/2022 ziemlich dürftig gefüllt sind, geht wohl primär auf das politische Gezänk rund um die Genehmigung von der Seitens Gazprom gerade fertiggestellten Gasleitung Northstream II zurück. Auch wenn diese Gaspipeline für die heimische Versorgung nicht wirklich relevant ist, spielt Gazprom wohl auch in Österreich seine taktischen Spielchen...
Während die meisten Gaslagerstätten recht solide befüllt sind und RAG oder OMV auch beteuern, dass Gazprom seinen Lieferverpflichtungen im Frühling/Sommer vereinbarungsgemäß nachgekommen ist, ist der Speicher "GSA - UGS Haidach" fast komplett leer. Und genau dieser Speicher verfügt über einen Anteil von der Gesamteinspeicherrate Österreichs von immerhin 21,95% (Quelle: E-Control-Homepage).
Erst seit wenigen Tagen wird dort wieder seitens Gazprom eingespeist (wie auch in einigen deutschen Speichern) - vielleicht wollte man damit ja auch die deutsche Bundesnetzagentur in Sachen Northstream-II-Zertifizierungsverfahren ein wenig beeinflussen, was allerdings lt. jüngsten Meldungen vorerst einmal nicht gelungen ist... Northstream 2 darf demnach noch nicht ans Netz.
Man darf schon sehr gespannt sein, ob die seit 9.11.2021 laufenden Dotationen des besagten Gazprom-Speichers in Österreich nun wieder abnahmen oder versiegen - mit 3% Füllstand wäre jedenfalls noch viel Kapazität nach oben...
Die europäischen Füllstände der Gaslager lassen sich übrigens immer recht gut auf der Seite "AGSI - Aggregated Gas Storage Investory" beobachten - neben den einzelnen Lagerstätten gibt es auch die Füllstände nach Ländern sowie auch historische Daten einzusehen.
Österreich ist -schon historisch bedingt- ein durchaus relevanter Abnehmer von russischem Erdgas und die Lagerstätten wurden in den letzten Jahren und Jahrzehnten auch laufend vergrößert. Dadurch kann in normalen Jahren auch bei uns eingespeichertes Gas an andere Länder weitergegeben werden.
Während in den letzten Jahren die Füllstände vor Beginn der Heizsaison aber bei zumeist 80 bis 100% lagen, ging man heuer am 24.10.21 mit gerade einmal 57% in die Wintersaison...
Am 14.11.21 war mit 50,35 TWh noch 52,73% Füllstand vorhanden - der wirklich hohe Gasverbrauch beginnt aber erst zumeist ab Dezember und besonders kalt ist es bei uns auch im Jänner und im Februar.
Sieht man sich nun einmal den letzten Winter an, darf man dann sogar ein bisschen zittern: Waren im Herbst 2020 noch 87 TWh Gas eingelagert, blieben davon im April 2021 (bevor sich die Lager wieder etwas befüllten) gerade einmal 20 TWh übrig. Somit eine "Leerung" um 67 TWh - die könnten wir uns 2021/2022 nicht wirklich leisten.
Österreichs Gaslagerstätten können somit wohl im aktuellen Winter deutlich weniger Gas exportieren und es wäre wohl auch kein Fehler, noch weitere Lieferungen anzufordern (was im Winter ja auch -wenn auch geringer- geschieht). Auch wenn die Gaspreise derzeit elendig hoch sind...
Die Abhängigkeit Österreichs (und wohl fast aller Länder in Europa) von Gas und Öl ist und bleibt evident. Auch wenn man uns via COP26-Gipfel bzw. in der heimischen Politik Minierfolge in Sachen Klimaerwärmung als Riesending verkaufen will (da hat die "Klimagretl" schon recht: "Blah, blah, blah") - Öl und Gas werden uns noch sehr lange begleiten.
Und es ist auch kein Geheimnis, dass wir Gas und Erdöl gerade aus Staaten mit sehr bedenklichen Politikern bzw. politischen Systemen importieren - auch daran wird sich wohl nicht so rasch etwas ändern.
Die Milliarden, die wir in dubiose Demokratien bzw. Diktaturen senden, würde man dringend auch zum Umbau des aktuellen Energiesystems benötigen - und ein jahrzehntelang gewachsenes "Fossilsystem" ist auch nicht von heute auf morgen auszuwechseln. Gerade Erdgas ist in Österreich tief verankert (nicht nur gelagert): Von der Industrie über die Gasheizung und die Stromproduktion bis hin zum Kochen ist der Gasbedarf enorm.
Tendenziell ist aber zumindest beim Heizen schon eine Trendwende erkennbar: Seit 2015/2016 (als die Statistik Austria noch 927.589 Gasheizungen als primäres Heizsystem zählte) ist die Anzahl der Gasheizungen leicht fallend, 2019/2020 (letzte Daten) wurden nur noch 910.736 Stück gezählt. Damit ist Erdgas Nr. 2 bei den Heizsystemen (Platz 1 hat die weiter wachsende Fernwärme mit rund 1,2 Mio. Einheiten).
Der Niedergang der Gasheizung wird sich aber noch länger ziehen als bei den Ölheizungen: Heizöl war 2003/2004 mit 910.812 noch Nr. 1 bei den Heizsystemen, 2019/2020 hat die Statistik Austria nur noch 508.861 Stück gezählt und täglich verschwinden weitere Ölheizungen aus Österreichs berüchigten Kellern. Apropos Keller: Die musikalische Klimaschutz-Kampagne "Holt die Leichen aus dem Keller" ist durchaus gelungen!
Während im Altbau bzw. in älteren Mietwohnungen Gas wohl weiterhin Thema bleiben wird (da fällt auch der Wechsel nicht leicht bzw. ist Mietern nicht möglich), ist im Neubau ganz eindeutig die Wärmepumpe auf dem Vormarsch.
Aber sowohl Wärmepumpen als auch E-Cars erhöhen Jahr für Jahr den Strombedarf - und hier darf man nicht vergessen, dass gerade in der kalten Jahreszeit in Österreich Strom sehr häufig -zu nicht unbeträchtlichen Anteilen- aus Gas hergestellt wird! Und solange man Überschussstrom aus Erneuerbaren nur sehr beschränkt speichern kann und Erneuerbare wie Photovoltaik oder Wind auch nur sehr bedingt für die Grundlast eingesetzt werden können, ist Gas hier eines der geringsten Übel...
Und das wohl noch das eine oder andere Jahrzehnt - die Alternativvariante "grünes Gas" kann das klassische Erdgas auch nur in kleinen Teilen ersetzen und für den oft gehypten Wasserstoff gibt es derzeit kaum auch nur halbwegs rentable Anwendungen.
Auch wenn es in Sachen Energie erste grüne Pflänzchen gibt - ein Baum braucht viele Jahre um wirklich groß zu werden. Und muss auch anfangs gut gegossen bzw. positioniert werden um gegen den umliegenden Wildwuchs anzukommen.
So ist es in der Stromerzeugung mit Förderungen schon gelungen, Photovoltaik und Windstrom marktreif zu machen - im Mobilitätssektor sind hier ebenfalls erste grüne Triebe zu erkennen.
Die aktuell sehr hohen Preise für Fossile und kommende CO2-Steuern könnten hier schon in den nächsten Jahren nennenswerte Anteile von den Fossilen zu den Erneuerbaren verschieben. So richtig die Post geht aber bei den Erneuerbaren erst ab, wenn für Firmen und Private hier deutliche Vorteile erkennbar sind. Erst dann wechselt man relativ rasch sein Heizsystem oder auch sein Auto.
Während Heizöl schon längere Zeit und zumeist für fast alle Wohnungen bzw. Häuser das teuerste Heizsystem war, war und ist die Gasheizung nach wie vor recht günstig.
Nachdem die Großhandelspreise für Gas aber auch dieser Tage extrem teuer sind, wird sich wohl schon Anfang 2022 eine Flut von Gaspreiserhöhungen über die Haushalte ergießen und so manchen Wechsel auf modernere Heizungssysteme beschleunigen.
Weiterhin negative Schlagzeilen über die Gasversorgung können sich Putin & Co. nicht wirklich leisten - sonst versickert die Einnahmequelle Europa für die Gazprom schneller als gedacht.
Darum ist die Wahrscheinlichkeit, dass uns im Winter 2021/2022 das Gas ausgeht auch weiterhin ziemlich gering bis nicht vorhanden.
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - November 2021