Lange war Heizen mit Gas eine ausgesprochen günstige Lösung für Haushalte. Insbesondere in Mietwohnungen war daher Erdgas häufig das (vom Vermieter) gewählte Heizsystem - und viele Haushalte kochen auch dieser Tage noch mit Erdgas. Nach der Preiserhöhung für Strom war es nun ob der extrem gestiegenen Preise für Erdgas nur eine Frage der Zeit (bzw. der Klauseln in den Verträgen), bis es zu einer kräftigen Erhöhung der Gaspreise kommt.
Viele Landesversorger sowie Privatanbieter (die momentan nicht wirklich eine Alternative sind) haben schon an der Preisschraube von Erdgas gedreht, nun zieht auch die Energie Allianz die Preise per 1.2.2022 kräftig nach oben.
Das bedeutet für Kunden der EVN, der Energie Burgenland bzw. der Wien Energie per 1.2.2022 deutliche Mehrkosten - bei einem Verbrauch von jährlich 15.000 kWh entspricht die Preiserhöhung Zusatzkosten von rund 250 Euro. Alleine in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland gibt es rund 670.000 Haushalte, die primär mit Gas heizen - das ist der Löwenanteil der rund 900.000 Gasheizungen in Gesamtösterreich.
Nan darf der Energie Allianz (sowie weiteren Landesversorgern) aber gar nicht böse sein: Immerhin liegt der ÖGPI (= heimischer Gaspreisindex) 7x höher als noch vor einem Jahr! Da ist die Erhöhung ja fast noch "sozial" - und im Vergleich zu privaten Anbietern sind die Landesversorger derzeit fast überall die Anbieter mit den günstigsten Tarifen!
Wer glaubt, das war es schon, könnte per 1.1.2023 die nächste böse Überraschung erleben: Spinnt der Gasmarkt weiter bzw. kommen heuer noch weitere politische Spannungen hinzu, wird/muss die nächstjährige Erhöhung noch viel kräftiger ausfallen. Schließlich gilt es im Frühjahr und im Sommer wieder die äußerst leeren Gaslagerstätten zu füllen - und da sind dann aktuelle Preise zu bezahlen (die aktuell ziemlich geistesgestört sind). Von CO2-Steuern ist hier noch gar nicht die Rede - die sind (verglichen mit den aktuellen Preisen auf den Terminmärkten) ja fast vernachlässigbar.
Gas wird jedenfalls 2022 die Energiearmut deutlich erhöhen - und auch die Inflation kräftig antreiben.
Nicht nur die Preiserhöhungen beim Gas machen derzeit Sorgen: Auch der Füllstand der heimischen Gaslagerstätten ist ausgesprochen bedenklich.
Per 10.1.2022 waren die Gaslager nur noch mit 31,33 TWh gefüllt, das entspricht einem Füllstand von 32,81%. Nachdem man im Vorjahr nur sehr wenig Gas bestellt hat (wohl in der Hoffnung auf fallende Gaspreise), waren die Lager schon zu Beginn der wirklich kalten Jahreszeit sehr dürftig gefüllt: Am 14.11 mit 50,35 TWh zu 53% und am 24.12.21 waren ob ein paar kalten Wochen plötzlich nur noch 32,39 TWh (33,3%) in den Lagern.
Dann kam aber zum Glück das traditionelle Weihnachttauwetter und auch das neue Jahr war ausgesprochen warm - der Gasverbrauch reduzierte sich stark und es flossen sogar wieder Nachdotationen in die Gaslager. Neben weniger Heizbedarf wurde auch Strom vermehrt durch Wasserkraft (gute Wasserstände) sowie Windkraft erzeugt und der Speicherstand konnte sich bis 3.1.22 sogar wieder auf 35,05 TWh bzw. 35% erhöhen.
So es im Februar bzw. der ersten Märzhälfte nicht allzu kalt wird, kommt man demnach 2021/2022 noch mit einem blauen Auge davon - die leeren Speicher zu füllen wird aber wohl deutlich teurer als noch 2021 oder in den Jahren davor. Und es bleibt auch zu hoffen, dass bis März/April auch noch einiges an Gas geliefert wird - sonst wird es nämlich wirklich knapp.
Auch wenn Österreich im Verhältnis zum Eigenverbrauch sehr hohe Speicherkapazitäten hat, sollte man hinkünftig nicht so knapp einlagern und die europäische Vernetzung vorantreiben. In Deutschland wird dieser Tage auch viel über leere Gasspeicher geraunzt - hier zeigt die Statistik aber immerhin noch einen Füllstand von 51% (wiewohl dort die Lagerkapazitäten im Verhältnis zu Österreich kleiner sind).
Selbst wenn Putin Gas derzeit auch als politisches Instrument einsetzt (die Gazprom hat aber angeblich alle Liefervereinbarungen eingehalten - das wird auch seitens Politik nicht bestritten) und Europa damit auch in Sachen North Stram 2-Genehmigung unter Druck setzen will - Gas werden wir wohl leider noch viele Jahrzehnte in großen Mengen benötigen.
Der Ausstieg aus den Gasheizungen sollte aber weiter vorangetrieben werden - da hilft die aktuelle Preisentwicklung sicher mehr als jede Pressekonferenz oder Demo von Klimaschützern. Nachdem sich das Energiesystem immer mehr in Richtung Strom entwickelt, gilt es diesbezüglich mehr Investitionen in grundlastfähige Energieformen zu tätigen. Laufwasserkraftwerke, Speicher-KW oder Pumpspeicher-KW sind in der Alpenrepublik sicher noch ausbaufähig und auch der Wind (der besonders gerne im energieintensiven Winter weht) sowie die Biomasse (in Österreich noch immer ziemlich auf dem Abstellgleis) sind hier massiv auszubauen bzw. auch zu fördern. Atomstrom will in Österreich sowieso niemand - denn der ist (selbst ohne Atomkraftwerksexplosionen) viel zu teuer.
3 Prognosen zum Schluss: Das Gas wird uns diesen Winter (hoffentlich) nicht ausgehen - beim Anblick der Gasrechnung anno 2022 und 2023 wird einem aber zumindest die Luft wegbleiben. Günstige Gasanbieter (außerhalb der Landesversorger) werden 2022 leider rar bleiben.
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Jänner 2022