Dieser Tage verteilt unsere Regierung ja wieder einmal Geschenke, die wir (und insbesondere unsere Nachkommen) uns selbst bezahlen dürfen - man nehme hier nur beispielsweise die 500 Euro "Klimabonus", welche man über Arm und Reich verteilt...
Dass viele Menschen ob der hohen Inflation (getrieben durch die Fossilen) diese Gelder durchaus benötigen, sei an dieser Stelle unbestritten - wenn man aber die gesamte Bevölkerung Österreichs mit dem Gießkannenprinzip profitieren lässt, ist die Bezeichnung "Klimabonus" schon so etwas zynisch...
Denn in Sachen Energiewende sind höhere Preise für Fossile natürlich kein Nachteil - werden diese durch staatliche Geschenke aber (zumindest teilweise) kompensiert, verpufft jede "grüne" CO2-Steuer...(die übrigens sowieso auf 1.10.2022 verschoben wurde), ist ein Lenkungseffekt gleich null.
Sieht man ja übrigens auch auf den heimischen Straßen, die trotz 2-Euro-Sprit voller sind, denn je...
Während man sich in Österreich bzw. Europa in Sachen Sprit/Öl auch in Hinkunft keine Sorgen machen muss (hier ist die Lieferanten zwar fast ausschließlich schwer dubiose Länder, es gibt aber deutlich mehr Quellen/Einkaufsmöglichkeiten als bei Gas), sieht das bei Gas schon anders aus. Insbesodere in Österreich, wie wir mittlerweile klar und deutlich bzw. schmerzhaft wissen: Da kommen rund 80% aus Russland.
Wie das NEOS-Lab erst kürzlich errechnete, zahlte Österreich im März 2021 noch 181 Mio. Euro für Gas aus Russland, im März 2022 waren es schon 633 Mio. Euro. Gar 87% des Gases kamen im März 2022 via Russland-Pipelines nach Österreich.
Rund 5 Milliarden Euro flossen in 12 Monaten via Österreich für Gas an die russische Gazprom - ob der zuletzt stark gestiegenen Gaspreise, der leeren Gastanks im März 22 (ob Fehlspekulation der Händler im Jahr 2021) sowie der beschlossenen staatlichen Gasreserve wird die Einkaufsmenge 2022 wohl deutlich über dem Vorjahr liegen - das können dann schon um die 10 Milliarden oder mehr werden. Und ja, wir finanzieren damit natürlich laufend das russische Militär und dessen schändlichen Krieg.
So sehr ich Umweltministerin Gewessler schätze (die erste Umweltministerin, die diesen Posten auch verdient) - die Absichtserklärungen in Sachen Gas sind zwar vorhanden, aber leider ziemlich lächerlich:
Schon die Reduktion des Russland-Gas-Anteils von 80% auf 70% im heurigen Jahr ist eine -ob der benötigten Mengen und der weltweit hohen Nachfrage nach Gas- für ein kleines Binnenland kaum zu schaffende Übung.
Schon bis 2027 möchten Gewessler & Co. gänzlich aus russischem Gas ausgestiegen sein - das ist dann noch deutlich unrealistischer.
Woher das Gas für rund 900.000 mit Gas heizende Haushalte, für die extrem gasabhängige Industrie (Hauptverbraucher!) sowie für die Stromerzeugung (besonders im Winter ist Gas ein Eckpfeiler der Stromerzeugung, auch Erzeugungsschwankungen der Erneuerbaren werden laufend damit kompensiert) kommen soll, bleibt ein Rätsel...
Jede Wette dagegen - das geht sich (leider) nie und nimmer aus...
Darüber hinaus gilt es festzuhalten, dass die OMV mit der Gazprom einen Liefervertrag bis 2040 hat - so Russland weiterhin ein Verbrecherstaat bleibt, wird sich dieser Vertrag aber wohl eher relativieren und via EU-Sanktionen leicht vor Gericht zerfetzen lassen.
Auch wenn die Geldmarie kein Fan von Gas ist - realistisch gesehen wäre (und ist) Gas nach wie vor ein relevanter Bestandteil im Energiemix in Richtung Energiewende. Gas ist jedenfalls (in Normaljahren) günstiger als Atomstrom und auch deutlich weniger umweltschädlich wie Öl oder Kohle.
Solange es nicht ausreichend günstige bzw. große Speicher für Überschussstromerzeugung aus Ökostrom gibt (z.B. Pumpspeicher, Batterien, Wasserstoff) bzw. es nicht ausreichen Ökostromerzeugung gibt, wäre Gas durchaus ein notwendiges Übel.
Entsteht nun an den östlichen Grenzen Europas ein neuer und langjähriger kalter Krieg (und danach sieht es leider wirklich aus), muss man natürlich sehr wohl REALISTISCHE Pläne für einen laufenden Gasausstieg entwickeln - und gerade Österreich (und insbesondere Wien!) ist hier sehr gefordert.
Durchaus sinnvoll ist schon die Absicht (schein wohl fix), den Einbau von Gas im Neubau ab 2023 zu verbieten. Kommen keine neuen Gasheizungen mehr dazu, fällt die Anzahl im Laufe der Zeit (siehe Ölheizungen) natürlich laufend.
Auch die hohen Gaspreise (die zumindest 2023 schon fix scheien, siehe weiter unten) tragen natürlich zum Umstieg auf alternative (und a la longue günstigere) Heizformen bei - hier weiter den Umstieg mit Förderungen zu unterstützen, ist Pflicht.
Zu unterstützen gilt es aber auch jene, die sich entweder den Umstieg finanziell nicht leisten können (z.B. mit Null-Prozent-Krediten) oder welche auf den Hausbesitzer (Privat oder Gemeinde, Genossenschaft etc.) angewiesen sind. Einige Alternativen: Luft-Wärme-Pumpen, Pellets, Holz, Hackschnitzl etc.
Auch Förderungen bezüglich Sanierung von Wohnungen/Häusern sind zwecks Reduktion des Energieverbrauches absolut sinnvoll.
Man merkt vielleicht schon: Bei Förderungen, welche die Ursache bekämpfen (und nicht die Symptome), tut sich die Geldmarie etwas leichter ;-)
In der Stromerzeugung sollte man den Einsatz von Gas sowieso massiv reduzieren (so ich die aktuellen Zahlen der APG richtig interpretiere, tut man dies derzeit ohnehin - derzeit ist aber auch viel Ökostrom vorhanden) - und natürlich deutlich mehr Windkraft, Photovoltaik, Wasserkraft (auf neue Pumpspeicherkraftwerke plus Leitungsbau bitte nicht vergessen) ins Land bringen. Auch die Erdwärme wird hoffentlich bald ein lauteres Thema im Lande.
Auch wenn die Fernwärme dieser Tage ob starker (aber logischer!) Preiserhöhungen da und dort in Verruf geraten ist - erhöht man hier den Anteil nichtfossiler Energieträger (Unmengen an Schadholz fallen jährlich in heimischen Wäldern an), hat Fernwärme durchaus Zukunft und könnte die Gasheizung schon mittelfristig sehr häufig ablösen.
Die Industrie ist sowieso selbst gefordert, in die Zukunft zu denken: In den letzten Jahrzehnten hat man sich eher an den vermeintlich süßen russischen Bären geschmiegt und das Lobbyistentelefon im Energieministerium angerufen. Nun sind die Herrschaften aufgewacht und sollten -anstatt der Ministerin auf die Socken zu gehen- selbst zeigen, dass sie flexibler und rascher als die Politik sind...
Es ist ja fast "entzückend", wie klar hier Industrievertreter sich plötzlich in Sachen Erneuerbare aussprechen. Gilt übrigens auch für Gewerkschafter und AK-Freunde...
So dieser Artikel von Umweltpolitikern gelesen wird, noch eine zusätzliche Anregung: Vor einigen Jahren hat man sich in Sachen Stromerzeugung ziemlich von der Biomasse verabschiedet - Förderungen für viele Biomassekraftwerke wurden ob damals zu hohem Förderbedarf nicht verlängert, die Kraftwerke sperrten zu. In Deutschland werden aktuell rund 8% der Stromerzeugung via Biomasse erzeugt - da haben wir (wie auch bei Sonne und Wind) noch viel Aufholpotenzial. Man muss ja nicht den "Weizen heizen" - aber wie schon erwähnt: Holz haben wir in Österreich zum Glück sehr viel, die Wertschöpfung sollte da auch im Lande bleiben...
Zwischenzeitlich eine gute Nachricht: Die heimischen Gaslagerstätten füllen sich (bis auf das der Gazprom gehörende Lager in Haidach) sehr hurtig.
Am 14.6.22 werden es schon rund 40% Füllstand sein - am 14.6.21 waren hingegen gerade einmal 26% der heimischen Gaslager befüllt. Ähnliches zeigt sich auch in Deutschland, wo vor einem Jahr ein Füllstand von 36% gegeben war, dieser Tage sind es schon 56%. Das liegt (neben der Angst, dass Putin den Hahn zudreht) auch daran, dass man 2021 seitens der Betreiber darauf spekulierte, dass man in der 2. Jahreshälfte 2021 günstiger einkaufen hätte können...ein schwerer Fehler, den wir jetzt teuer bezahlen...
Wie nervös man derzeit in Sachen Gas ist, zeigt schon die heutige Preissteigerung an der CEGH (Gasbörse): Plus 15% - wohl darum, weil die Gazprom angekündigt hat, 40% weniger Gas via North Stream zu liefern, da Siemens keine fehlenden Serviceteile liefert...wohl wieder ein Puzzlestück im großen/grauslichen Putin-Pokerspiel. Denn Putin mag hohe Gaspreise.
Ob der aktuellen Füllgeschwindigkeit (Europa liegt übrigens laut AGSI bei einem Füllstand von 53%) kann man aber davon ausgehen, dass die Gazprom bzw. Russland weiter an Gaseinnahmen aus Europa interessiert ist und Gas im Winter 2022/2023 ausreichend zur Verfügung steht.
Teuer wird Gas aber jedenfalls auch 2023 bleiben: Sieht man sich die Futures (=Käufe für zukünftige Liefertermine) für den Winter 22/23 bzw. für 2023 an, so werden dafür ähnlich hohe Preise erzielt wie es aktuell der Fall ist. Das ist schon ein ziemlich klarer Hinweis darauf, dass Heizung, Industrie und Energiewirtschaft auch 2023 kein Inflationssenker sein werden...eher gegenteilig.
Die ganz schlechte Nachricht zum Schluß: So Sie sich schon dieser Tage über eine hohe Gas-, Strom- oder Fernwärmerechnung aufgeregt haben - es kommt noch dicker! Derartige Tarife sind in der Regel indexgebunden und spiegeln erst zur nächsten Indexanpassung (oftmalig per 1.1.2023) den aktuellen Marktpreis von Energie wider. Die Extrempreise Anfang bzw. Mitte 2022 werden demnach oft erst Ende 2022 bzw. gar erst 2023 schlagend.
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Juni 2022