Nachdem sich die EZB -nach langem Zögern- nun doch entschlossen hat, die Leitzinsen vom Nullpunkt weg per Anfang Juli um 0,25% zu erhöhen, kommt auch die Zinslandschaft bei Krediten auch schon deutlich in Bewegung. Auch die ersten Spareinlagen (mit Bindung) zeigen sich leicht erhöht.
Die Nullzins-Politik in der Eurozone scheint nun vorerst einmal Geschichte - primär zu "verdanken" ist natürlich auch der derzeit extrem hohen Inflation, welche wiederum primär seitens Energiekrise ausgelöst wurde.
Die höheren Zinssätze wirken sich naturgemäß einmal recht rasch bei den Kreditenzinsen aus: Nachdem diese sich überwiegend an Leitzinssätzen wie dem Euribor orientieren (z.B. Quartalsweise an diese angepasst werden), stehen in den nächsten Wochen und Monaten wohl durchaus einige Erhöhungen bestehender Kreditraten an.
Auch bei neuen Krediten werden natürlich schon die aktuellen Referenzzinssätze herangezogen - was angesichts der Entwicklung dieser durchaus schon ziemlich starke Folgen bezüglich Kreditrate haben kann.
So lag der 12-Monate-Euribor im Jänner 2022 noch bei -0,50% (=negativ) und notiert gegenwärtig bei +1,10%. Das entspricht einer Erhöhung um 1,60%...
Auch der sehr gerne für Kredite verwendete 3-Monate-Euroibor ist nach oben gedriftet: Von -0,60% auf aktuell 0,17% sind immerhin 0,43 Prozentpunkte, die sich bei langfristigen Krediten (z.B. Immobilienkrediten) in Sachen Gesamtrückzahlung durchaus heftig auswirken können.
Wer in den letzten Jahren einen Kredit mit niedrigen Fixzinsen (die da aber im Normalfall nur 1-3 Jahre angeboten werden) abgeschlossen hat, hat noch eine "Galgenfrist" und darf sich somit etwas freuen - für die Mehrheit der Kreditnehmer sowie die Neukreditnehmer sind aber deutlich höhere Kreditzinsen (bzw. Kreditraten) durchaus zu erwarten.
Das wird sich wohl schon 2022 auch in der Neukreditvergabe (wie auch in der Ausfallsquote von Krediten) negativ auswirken - insbesondere, da die FMA ab 1.8.2022 für Wohnkredite bzw. Immobilienkredite strengere Maßstäbe als bisher verlangt: So müssen Kreditnehmer mindestens 20% Eigenmittel beibringen, die Kreditrate darf maximal 40% des Haushalts-Nettoeinkommens ausmachen und die Kreditlaufzeit darf höchstens 35 Jahre betragen. Sanierungskredite bis 50.000 Euro sind hievon ausgenommen, den Banken bleibt hier aber (bezogen auf die gesamte Kreditvergabe) noch ein kleiner Spielraum...
Durchaus sinnvolle Sache übrigens mit der man auch diesen Immobilienpreiswahnsinn etwas einbremsen könnte. Die Blasenbildung mit Betongold ist nämlich schon ziemlich weit fortgeschritten - und das Eigenheim für normalsterbliche Nichterben schon ziemlich unerschwinglich geworden...
Nach langen Jahren des Niedergangs der Sparzinsen ist bei diesen nunmehr auch etwas Aufwind zu beobachten.
Während die Zinsen für kurzfristiges Geld noch unterirdisch sind (die Banken müssen für Einlagen bei der EZB ja immer noch Negativzinsen zahlen), sieht man bei Laufzeiten ab einem Jahr durchaus schon Bewegung in die Zinslandschaft kommen.
So hat die Santander gerade die Zinsen für 1 Jahr Laufzeit beim Festgeld von 0,45% auf 0,60% erhöht, bei 3 Jahren sind es nach 0,60% nunmehr gar 1,10%.
Nachdem die Zinsen schon jahrelang mit einem Nuller vor dem Komma herumtümpeln, ist hier nun einiges an Bewegung zu sehen - die Banken könnten also am nächsten Weltspartag sogar wieder "echte" Zinsen für (mittel- und längerfristige) Einlagen zahlen.
Dass Sparen bei Zinsen von einem Prozent p.a. abzüglich KESt. noch ein größeres Trauerspiel ist als in der Nullzinsphase, bleibt leider evident: Bei einer Inflation von 7-10% im Euroraum ist der Sparertrag nur ein Tropfen auf dem heißen Inflationsstein.
Während man sich bei Krediten durchaus auf Fixzinsen (so diese niedrig sind) einlassen kann, sollte man beim Sparbuch derzeit eher nur mittellange Laufzeit (z.B. 12 Monate) eingehen. Ähnliches gilt derzeit auch für Anleihen - hier lange Laufzeiten eher vermeiden und abwarten, wie hoch die Zinsen noch drehen!
Extrem hohe Zinsen sind angesichts der sehr vorsichtigen EZB-Politik aber auch a la longue für die Eurozone nicht zu erwarten - lässt man den Zinsen freien Lauf, sind nämlich hochverschuldete Länder (a la Italien, Spanien, Griechenland etc.) ruckzuck wieder in Pleitegefahr. Und ob Corona & Ukraine-Krieg benötigt man derzeit sicher keine Staatsschuldenkrisendiskussion...
Ad hoc-Meldung - Juni 2022