Viele Jahrzehnte lang war Gas im Haushalt und in der Industrie der günstigste fossile Energieträger - seit Putins Überfall auf die Ukraine hat sich dies ins Gegenteil verkehrt. Nunmehr ist der Gasanteil im Energiemix DER Preistreiber und diesbezüglich wird sich wohl auch 2023 nicht viel ändern.
Die Abhängigkeit von Fossilen bleibt auch in den nächsten Jahren evident - so schnell kann Europa (und schon gar nicht das sehr abhängige Österreich) gar nicht aus Gas aussteigen. Ohne Russlands Wahnsinn wäre das auch gar nicht so dringend notwendig geworden, immerhin ist Gas (im Vergleich zu Kohle oder Öl) noch eine relativ umweltverträgliche (wiewohl natürlich schädliche) Energieform.
Ziehen wir den Ausstieg aus russischem Gas durch (wofür ich bin, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen), so sollte man sich aber jedenfalls ein Schlupfloch offen lassen - vielleicht ist ja der russische Bär nicht ewig aggressiv und dann wäre russisches Pipelinegas sicher die günstigere und umweltfreundlichere Alternative zu Schiffstransporten von Liquid Gas aus aller Welt.
Aktuell sieht es mit den Gaslagerstätten in Europa ja durchaus erfreulich aus: Laut AGSI sind die österreichischen Speicher aktuell zu 93% voll, in Europa sind es deren 92% und in (strom- und handelstechnisch für uns sehr wichtigen) Deutschland sind es nette 98%.
Diese Zahlen sollten aber nicht täuschen: Während die heimischen Füllstände ungefähr einen ganzen Jahresverbrauch Österreichs bedeuten, gehört das Gas nur zu etwas mehr als der Hälfte auch Österreich. Noch schwieriger ist es in Deutschland, wo die aktuellen Füllstände nur etwa 26% eines Jahresverbrauchs darstellen.
Ein wirklich starker Winter könnte also durchaus noch Probleme bereiten - und wie sich die Füllstände dann ab Frühling 2023 entwickeln, bleibt auch noch abzuwarten.
Fix ist jedenfalls, dass die Gaspreise auch 2023 ziemlich hoch bleiben werden: Immerhin hat man 2022 die Lager sauteuer gefüllt und die Preisindikationen für 2023 sind mit aktuellen 140 Euro pro MWh (lt. Gasbörse CEGH) auch keine Diskontpreise...
Für die aktuelle Wintersaison ist jedenfalls anzunehmen, dass an den Börsen noch ziemliche Unruhe herrschen könnte. Ein warmer Oktober und ein auch überdurchschnittlich warmer November haben uns jedenfalls einmal einen Vorsprung beschert (kurz gingen die Gaspreise ob voller Lager sogar deutlich runter), seit Mitte November wird aber den Gaslagern deutlich mehr entnommen als nachkommt und gegenwärtig gibt es ob kühler Witterung deutlich mehr Entnahmen und keine Dotationen.
Das resultiert aber nicht aus einem russischen Gasstop - vielmehr wird dieser Tage in Österreich nur durchgeleitet (in andere Länder) und nicht eingespeist. Europäische Kommunikation in Sachen Gaslager ist wohl diesen Winter so wichtig wie nie zuvor...
In den letzten Monaten wurden auch die Gaslieferungen aus Russland deutlich reduziert: Waren es im Februar noch 79% des Gases für Österreichs Speicher, so waren es im Oktober nur noch 23 Prozent. Daraus sollte man aber keinesfalls ableiten, dass wir von russischem Gas schon fast unabhängig wären - im Oktober waren die Gaslager einfach schon sehr gut befüllt sodass man diversifizieren konnte.
Ein weiterhin milder Winter ist demnach 2022/2023 ausgesprochen vorteilhaft, auch weil die Gasjahresabrechnungen im nächsten Jahr wohl für ziemliche Schockmomente sorgen werden. So mancher Privatkonkurs droht, hat man sich nicht rechtzeitig auf die neuen Umstände eingestellt und auch entsprechende Reserven gebildet. Trotz einigermaßen brauchbarem Winterverlauf ist Energiesparen absolut notwendig.
Auch wenn man seitens Finanzministerium derzeit noch abwinkt: Die deutsche Gaspreisbremse (ab 2023) bringt auch die heimische Politik kräftig unter Druck - rund 900.000 Haushalte in Österreich verwenden Gas noch immer als primäres Heizsystem.
Und insbesondere die Industrie (mit sehr hohem Gasverbrauch) sowie viele Unternehmen möchten sich entstehende Konkurrenznachteile mit dem wichtigen Handelspartner natürlich nicht gefallen lassen und macht schon kräftig Druck.
Da wird sich die schwache österreichische Regierung wohl dauerhaft wohl kaum wehren können und wird dann wohl wieder eine kaum durchdachte "Gießkannenlösung" rauslassen...
Die Folge: Bezieher von Fernwärme, Holzheizer und Ölheizungsinhaber werden sich auch melden...
Vielleicht wäre es ja (abseits der sinnvollen, wiewohl gießkannenhaften Strompreisbremse) sinnvoll, derartige Nothilfen künftig wirklich nur an Geringverdiener bzw. mittelmäßig verdienenden Menschen auszuzahlen und abgestufte Förderbeiträge heranzuziehen. Das ist zwar mit ein wenig Aufwand verbunden, kommt aber den nächsten Generationen (denen wir ohnehin schon einen fetten Schuldenrucksack und viele ungelöste Probleme hinterlassen) zugute.
Der Gaspreis bzw. die Gaslager werden uns aber jedenfalls leider auch 2023 Sorgen machen.
Geldmarie-Linktipp:
Ad hoc-Meldung - Dezember 2022