Die schlechte Nachricht zuerst: Wohl das Gesamtjahr 2023 bleiben die Strompreise in Österreich (wie wohl auch in Europa) sehr hoch. Nachdem die Stromanbieter bzw. auch die Stromproduzenten ihre Stromkäufe und Stromverkäufe zu größten Teilen schon das eine oder andere Jahr im Voraus tätigen, gilt es zumindest 2023 noch die Extrempreise aus 2022 zu kompensieren - was wir dann natürlich spätestens bei der Jahresabrechnung schmerzlich merken.
Vergleicht man die aktuellen Strompreise mit den Preisen zu Jahresbeginn 2022, zeigt sich in fast allen Bundesländern Österreichs eine Verdoppelung der Preise. Aktuell sorgen auch höhere Netzgebühren für zusätzliche Belastung in vielen Bundesländern.
Ein Wechsel des Stromanbieters ist aktuell zumeist weder sinnvoll noch möglich: Die günstigen Angebote privater Stromanbieter gehören spätestens nach Russlands Überfall auf die Ukraine der Vergangenheit an und die -derzeit zumeist günstigsten- Landesversorger lehnen Neukunden außerhalb ihres eigentlichen Versorgungsgebietes ab. In den meisten Fällen ist es demnach sinnvoll, beim aktuellen Versorger zu bleiben.
Ein aktueller Preischeck in allen 9 Bundesländern Österreichs zeigt dies klar auf. Nur in Kärnten, Oberösterreich und in Tirol gibt es noch günstige Preise für Bestandskunden bzw. Ansässige - von 1.022 Euro bis 1.400 Euro ist hier die Preisspanne bei einem Jahresverbrauch von 5.000 kWh. Sehr wahrscheinlich, dass sich dies aber schon bald ändert und auch hier massiv erhöht wird.
In den restlichen Bundesländern muss man hingegen schon mit 2.042 bis 2.400 Euro pro Jahr für die gleiche Strommenge zahlen. Für Entlastung sorgen hier lokale Beihilfen und -vor allem- die Strompreisbremse, die bei derart teuren Tarifen so richtig greift und wohl (grob berechnet) für rund 800-900 Euro Entlastung sorgen wird.
Diese senkt den Strompreis ab 1.12.2022 (voraussichtlich bis 30.6.2024) für die ersten 2.900 kWh Jahresverbrauch auf 10 Cent (ohne Steuern) - dies allerdings um maximal 30 Cent pro kWh. Für den Verbrauch über 2.900 kWh (hat man bei einer Wärmepumpe als Heizung sehr leicht) kommt dann der Normaltarif des Stromanbieters zur Anwendung. Die Anfragen bei den Stromversorgern anlässlich der Abrechnungen/Jahresabrechnungen werden wohl massiv zunehmen - schon die "normale" Stromrechnung zu verstehen, ist eine kleine Diplomarbeit...
Besonders teuer ist es derzeit, wenn man einen neuen Stromanbietervertrag benötigt (z.B. bei Umzug, Neubau). Da sich die Strompreise in den letzten Wochen aber deutlich beruhigt haben, ist es dieser Tage vielleicht gar kein Fehler, sich schön langsam wieder zu überlegen, ob man nicht das Risiko eines Floatertarifs auf sich nehmen sollte. Bei diesen passt sich der Preis nämlich rasch an den zugrundeliegenden Strompreisindex an - geht dieser weiter nach unten, hat man gewonnen. Finanziell schwach aufgestellte Menschen sollten dieses Risiko derzeit aber noch meiden.
Zum Jahresstart 2023 darf man auch einmal optimistisch sein: Die milde Witterung in Europa und der damit geringe Bedarf an teuren Fossilen hat den (kurzfristigen) Strompreis an den Börsen schon deutlich gedrückt. Über die Feiertage gab es teilweise sogar Stunden, an denen man für Stromabnahme bezahlt wurde - für das Befüllen unserer Pumpspeicherkraftwerke fast ein paradisischer Zustand.
Das hing primär mit dem starken Windstromaufkommen (bei geringem Bedarf durch Industrieurlaube) in Deutschland zusammen. Laufend zu beobachten: Produzieren die (vielen) deutschen Windräder viel Strom und kommt sogar noch Sonnenstrom (im Winter weniger) hinzu, so sinkt der Strompreis - auch in Österreich.
Die Abhängigkeit von Stromimporten dürfte in Österreich aber leider auch 2022 wieder gestiegen sein - rund 11,5% des Gesamtstrombedarfs beträgt hier der negative Saldo. Hauptgründe dafür: Weniger Strom aus Wasserkraft, Wind unter Durchschnitt und schweres Politikversagen bei den Erneuerbaren in den letzten 2 Jahrzehnten...
Auch wenn seitens Politik zum Stromsparen aufgerufen wird (wer das nicht ohnehin macht, ist entweder reich und sorglos oder ziemlich verblödet) - die Hoffnung auf einen sinkenden Strombedarf ist wohl gering:
Durch den Ausstieg aus fossilen Energien wird sich nämlich der Strombedarf in den nächsten Jahren noch deutlich steigern!
So werden Gasheizungen (manchmal auch Ölheizungen) derzeit verstärkt durch Wärmepumpen ersetzt, welche im Neubau ohnehin seit ein paar Jahren fast überall eingebaut werden. Eine sehr intelligente Heizform, die den Strombedarf allerdings deutlich erhöht.
Und auch wenn der Ausbau der Elektromobilität nur sehr langsam vom Fleck kommt (derzeit wohl ca. 2% Elektro-PKW-Anteil in Österreich) und zukünftig Möglichkeiten bietet (z.B. Stromversorgung des Hauses bzw. Laden, wenn Überschussstrom zur Verfügung steht und dieser billig ist) - auch das E-Auto sorgt Jahr für Jahr für eine Erhöhung des Stromverbrauchs in Österreich.
Auch sonstige Stromverbraucher im Haushalt werden (auch wenn neue Geräte sparsamer sind) nicht wirklich weniger...
Bis 2030 möchte man in Österreich (rechnerisch) 100% Grünstrom erzeugen und folgend zum Stromexporteur werden. Trotz grüner Energieministerin scheint dieses Vorhaben derzeit aber eher unrealistisch. Wenn die Politik weiterhin auf der Kriechspur agiert, bleiben wir dann sogar weiterhin Stromimporteur.
Zwar lief 2022 der Ausbau der Photovoltaik ziemlich großartig (ca. 1 bis 1,4 GWh soll hier an Spitzenleistung 2022 errichtet worden sein - ein Rekord) und auch 2023 werden sehr viele neue Photovoltaikanlagen hinzukommen, die gesetzten Ausbauziele bis 2030 werden aber (insbesondere bei Wind- und Wasserkraft) wohl deutlich verfehlt.
Die Abhängigkeit vom Gaspreis (insbesondere in der kalten Jahreszeit bzw. in Zeiten schwacher Wasserführung) bleibt also noch lange evident.
Um mit einer positiven Nachricht zu schließen: Die Gaspreise im kurzfristigen Handel haben sich ob der Wärmeperiode in Europa (und der damit verbundenen geringen Nachfrage) deutlich reduziert und liegen derzeit bei der Gasbörse CEGH bei rund 72 Euro die Megawattstunde.
Zu diesen Preisen werden aber nur kleinere Mengen gehandelt - die Gaslager Europas wurden 2022 teils mit Preisen von über 200 Euro pro MWh gefüllt. Nachdem aber die Gaslager in Europa (und auch in Ö und D) Anfang Jänner 2023 prächtig gefüllt sind und derzeit ein kalter Winter nicht absehbar ist, könnte die Gaseinlagerung 2023 (für 23/24) deutlich entspannter (=günstiger) ablaufen.
Das würde sich sowohl auf die Gaspreise als auch auf die Strompreise dämpfend auswirken. Seriöser lässt sich dies aber wohl erst frühestens im April 23 beurteilen. Es riecht aber derzeit danach, als wäre der Höhepunkt der Energiekrise überschritten.
Geldmarie-Linktipps:
Ad hoc-Meldung - Jänner 2023